Ex-Daimler-Manager plant veganen Börsengang
Von Stefan Paravicini, Berlin
Als Jan Bredack vor ziemlich genau zehn Jahren mit der Idee einer Supermarktkette für vegane Lebensmittel in Deutschland startete, hatte er bereits eine Karriere im Daimler-Konzern hinter sich. Geboren 1972 in der DDR, hatte er zunächst KfZ-Mechaniker gelernt und war nach der Wende bei dem Stuttgarter Autokonzern ein- und dann schnell aufgestiegen. Es folgte Mitte 30 ein Burn-out und mit der Veränderung des Lebensstils auch eine Umstellung der Ernährung. Noch für dieses Jahr plant der ehemalige Daimler-Manager mit der von ihm gegründeten Veganz das erste rein pflanzlich basierte IPO in Deutschland. Mit dem Bruttoerlös von 35 Mill. Euro will das Unternehmen nahe Berlin einen weiteren Standort für die Produktion von veganen Lebensmitteln hochziehen, die Veganz heute über große Einzelhandelsketten, Online-Plattformen und Lieferdienste vertreibt.
Wechselndes Geschäftsmodell
Die Gründungsidee für Veganz war 2011 eigentlich eine andere. „Ich wollte ganz Europa zupflastern“, erinnerte sich Bredack Anfang des vergangenen Jahres im „Flopcast“ von Detektor FM an die Pläne für eine vegane Supermarktkette. Das Unternehmen expandierte schnell und hatte auch schon einen Standort in London im Visier, als große Handelsketten wie Edeka auf Veganz aufmerksam wurden und den Vorschlag machten, für ihre Supermärkte vegane Lebensmittel einzukaufen. Bredack stieg ein und vervielfachte den Umsatz des Unternehmens, grub den eigenen Filialen aber das Wasser ab. „Je mehr ich im Großhandel auf die Tube gedrückt habe, desto schwieriger wurde es für meine eigenen Filialen“, sagte er Detektor FM. 2016 verbrannte Veganz in den Filialen eine halbe Million Euro pro Monat, während der Großhandel florierte.
Bredack zog die Reißleine und schickte die Filialen außerhalb Berlins in eine Insolvenz in Eigenverwaltung. „Unternehmerisch war das richtig, es wurde aber gerade in Deutschland als Scheitern verstanden“, erinnerte sich der Firmengründer später. Die Schließung von Supermärkten nahmen nicht alle veganen Stakeholder hin: „Wir haben schon manchen Shitstorm überstanden, brennendes Auto und Buttersäureangriff inklusive“, sagte Bredack 2017 dem „Manager Magazin“. Mittlerweile hat Veganz das Geschäftsmodell ein drittes Mal umgestellt. Der Fokus liegt jetzt auf dem Vertrieb von Eigenmarken, die zunehmend aus eigener Produktion stammen sollen. Vom eigenen Online-Store hat sich Bredack ebenso getrennt wie von Restaurants, Catering und anderen Randaktivitäten.
Ende 2018 war er kurz davor, das Unternehmen zu verkaufen, wie Bredack im „Flopcast“ schilderte. Im Jahr darauf kletterten die Umsätze um ein Drittel auf knapp 27 Mill. Euro und 2020 noch einmal um knapp 13%. Im Frühjahr 2021 sprach Bredack öffentlich über Pläne für einen Börsengang, damals noch an der Börse München. Wenig später besetzte der Veganz-Aufsichtsrat den Posten an der Spitze des Finanzressorts mit Alexandra Vázquez Bea neu, nachdem Mario Knape das Amt Ende September 2020 niedergelegt hatte. Die Finanzchefin bringt nicht nur Erfahrung aus ihrer Tätigkeit im Bereich Corporate Finance der Nord/LB und als Restrukturierungsberaterin für FTI Andersch mit, sondern kennt sich als Mitgründerin des Lebkuchen-Start-up Lenchen mit jungen Lebensmittelfirmen aus. Die Juristin ist als Mentorin in der Gründerszene aktiv, unter anderem beim Agritech-Inkubator Rootcamp und beim Accelerator Venture Villa.
Nutzfahrzeuge für Russland
Bredack büffelte nach dem Einstieg bei Daimler berufsbegleitend und karrierefördernd an der Universität St. Gallen, eine renommierte Schweizer Kaderschmiede für den Managernachwuchs. Mit Anfang 30 war er bei dem Autokonzern Leiter Vertrieb und Service für Nutzfahrzeuge in Deutschland und verantwortete das komplette Aftersales-Geschäft für den deutschen Markt. Anschließend wechselte er als Technischer Direktor in die Geschäftsführung der Mercedes-Benz Trucks Vostok Gesellschaft, ein Joint Venture zwischen der Daimler AG und dem russischen Lkw-Produzenten Kamaz. Hier war Bredack verantwortlich für den Bau des ersten Produktionswerkes für Mercedes-Lkw in Russland sowie für den Aufbau der Vertriebsorganisation vor Ort.