Betrugsprozess

Ex-Partnerin Ellison belastet FTX-Gründer Bankman-Fried schwer

Caroline Ellison ist zur Schlüsselfigur im Betrugsprozess um FTX-Gründer Sam Bankman-Fried geworden. Bei ihrer Aussage vor Gericht belastet die einstige CEO der Trading-Firma Alameda ihren ehemaligen Chef und Ex-Freund am Dienstag schwer.

Ex-Partnerin Ellison belastet FTX-Gründer Bankman-Fried schwer

Ex-Partnerin belastet FTX-Gründer Bankman-Fried schwer

xaw New York

Eine ehemalige Vertraute hat FTX-Gründer Sam Bankman-Fried im Betrugsprozess um den Kollaps der Digital-Assets-Börse schwer belastet. Caroline Ellison, ehemals Chefin von Bankman-Frieds Trading-Firma Alameda Research, sagte am Dienstag aus, der Krypto-Unternehmer habe sie beim Missbrauch von Kundengeldern angewiesen. Die angeblich unter Anleitung des heute 31-Jährigen verübten Verbrechen hätten zur Implosion von FTX geführt. Insgesamt habe Alameda 14 Mrd. Dollar von der Plattform abgezweigt, um Venture-Investments zu finanzieren und Kreditrückzahlungen leisten zu können. Die Mittel habe das Trading-Haus nur in Teilen erstatten können.

Fehlende Milliarden

FTX geriet im November 2022 in Liquiditätsnöte, nachdem Berichte über Solvenzprobleme bei Alameda die Runde machten. Zunächst kündigte die nun selbst mit massiven rechtlichen Problemen konfrontierte Konkurrentin Binance eine Übernahme der Kryptobörse an – nahm davon aber Abstand, nachdem sie bei ihrer Due Diligence auf ein Milliarden-Bilanzloch stieß. Kurz darauf beantragte FTX in den USA Insolvenz.

Bankman-Fried wurde im Dezember 2022 auf den Bahamas verhaftet. Er muss sich während des Prozesses in New York, der in der vergangenen Woche begann, zunächst gegen sieben Anklagepunkte verteidigen – darunter Wertpapierbetrug und Verschwörung. Der einstige Kryptomilliardär plädiert auf "nicht schuldig". Er habe Management-Fehler begangen, aber nicht vorsätzlich kriminell gehandelt. Bei einer Verurteilung droht Bankman-Fried eine Haftstrafe von mehr als 100 Jahren.

Sam Bankman-Fried Ende Juli vor einem Gerichtsgebäude in Manhattan: Seit August muss der FTX-Gründer in einem Untersuchungsgefängnis ausharren. Foto: Louis Lanzano /UPI Photo via Newscom picture alliance

Persönliche Beziehung

Ellison ist in dem Verfahren zur Schlüsselfigur geworden. Die heute 28-Jährige war zeitweise auch persönlich mit Bankman-Fried liiert. Im vergangenen Dezember erklärte sie sich des Betruges und der Verschwörung schuldig. Wie zwei weitere ehemalige FTX-Spitzenmanager, Entwicklungschef Nishad Singh und Technologie-Leiter Gary Wang, kooperiert sie mit den Behörden. Mit Ryan Salame hat sich zudem der ehemalige Co-CEO einer auf den Bahamas ansässigen Tochtergesellschaft der Kryptobörse schuldig bekannt, Gelder von Alameda-Konten für ungesetzliche politische Spenden abgezweigt zu haben. Er kooperiert allerdings nicht mit der Staatsanwaltschaft.

Für Bankman-Fried ist die Belastung seiner ehemaligen Vertrauten, insbesondere Ellisons, zu einem wichtigen Teil seiner Prozessstrategie geworden. Die Ex-Alameda-Chefin habe seine Anweisungen ignoriert und Fehler begangen, die zum Niedergang von FTX beigetragen hätten, argumentiert der Firmengründer.

Tagebuch veröffentlicht

Der für den Strafprozess zuständige Bundesbezirksrichter Lewis A. Kaplan wirft Bankman-Fried unterdessen vor, er habe Ellisons privates Tagebuch an die "New York Times" weitergegeben, um seine ehemalige Vertraute in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen und einzuschüchtern. Deshalb hob Kaplan im August die 250 Mill. Dollar schwere Kaution für den 31-Jährigen auf, der seither in einem Untersuchungsgefängnis in Brooklyn einsitzt.

In einem ihrer Tagebucheinträge schreibt Ellison nach einem zwischenzeitlichen Ende der Beziehung mit Bankman-Fried, sie fühle sich "verletzt" und "zurückgewiesen". Sie habe den Kontakt zum FTX-Gründer abgebrochen, um ein "Gefühl der Macht zurückzugewinnen". Zudem äußert die Ex-Managerin darin Zweifel an ihrer Eignung zur Alameda-Chefin. Bankman-Fried dürfte sich laut Beobachtern erhofft haben, die Tagebucheinträge würden seine eigene Darstellung stützen, Ellison habe sich seinen Anweisungen widersetzt.

Skizze aus Gerichtssaal: Caroline Ellison bei ihrer Aussage gegen Sam Bankman-Fried. Foto: Elizabeth Williams via AP

Der FTX-Gründer und seine ehemalige Partnerin lernten sich bei der für quantitative Strategien bekannten Handelsfirma Jane Street kennen. Nachdem Bankman-Fried das Haus verließ, rekrutierte er Ellison 2018 als Traderin für Alameda. Sie habe ein Jahresgehalt von 200.000 Dollar und 2021 einen Bonus von 20 Mill. Dollar erhalten, sagte die heute 28-Jährige am Dienstag vor Gericht aus. Schon kurz nach ihrem Start bei der FTX-Schwester stellte Ellison nach eigener Aussage allerdings fest, dass die Firma sich in "viel schlechterem Zustand" befunden habe als von Bankman-Fried dargestellt. Vor zwei Jahren habe Alameda einen Net Asset Value von minus 2,7 Mrd. Dollar aufgewiesen.

Ellison hinterfragte die Nutzung von Kundengeldern für Investments und Kreditrückzahlungen nach eigener Darstellung mehrfach. Bankman-Fried habe sie beschwichtigt. Die Vermischung der privaten und beruflichen Beziehung zwischen Ellison und dem Unternehmer habe wiederholt für Spannungen gesorgt.

Ellison sagte zudem aus, dass sie bereits damals über den FTX-Token FTT beunruhigt gewesen sei. Bankman-Frieds Firmen nutzten die digitale Wertmarke als Sicherheit für Kredite. Der Unternehmer ordnete gemäß Ellisons Aussage an, FTT in der Bilanz von Alameda auszuweisen. Dies habe die Assets des Trading-Hauses aufgebläht, dabei habe sich der Wert des Token hauptsächlich aus den Handelsaktivitäten von Alameda selbst ergeben. Als FTX kollabierte, brach auch FTT ein, Investoren und Gläubiger der Kryptobörse erlitten in der Folge hohe Verluste. In dem Fall sind mehrere Zivilklagen anhängig.

Neue Verhandlung voraus

Doch auch strafrechtlich ist für Bankman-Fried mit einem Abschluss der aktuellen Verhandlungen wohl nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Ab dem kommenden Jahr sollen in New York fünf weitere Anklagepunkte verhandelt werden, darunter Bankbetrug. Unterdessen besteht noch die Möglichkeit, dass der FTX-Gründer im laufenden Verfahren auf "schuldig" plädiert. Dies gilt allerdings als unwahrscheinlich. Denn zu diesem späten Zeitpunkt dürfte die Staatsanwaltschaft Bankman-Fried anders als seinen ehemaligen Vertrauten keinen attraktiven Deal mehr anbieten.

Von Alex Wehnert, New York
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