Streit über Kapitalvorgaben

Finanzministerin Keller-Sutter boxt gegen die UBS

Die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter hat aus der Credit-Suisse-Krise eine andere Lehre gezogen als die Großbank UBS. Jetzt kämpft sie für strengere Kapitalvorgaben.

Finanzministerin Keller-Sutter boxt gegen die UBS

Schweizer Finanzministerin boxt gegen UBS

Von Dani Zulauf, Zürich

Das sportliche Vorbild der Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter ist Boxlegende Muhammad Ali. Gegen die UBS zeigt sie sich kämpferisch.

„Wir sind ernsthaft besorgt über einige der Diskussionen im Zusammenhang mit zusätzlichen Kapitalanforderungen“, offenbarte UBS-Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher am vergangenen Mittwoch seinen Aktionärinnen und Aktionären auf der Generalsversammlung. Die Aussage zielte unmissverständlich auf die Schweizer Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Sie hatte dem Management der Großbank zehn Tage zuvor einen Schrecken eingejagt, als sie den Schweizer Medien die möglichen Konsequenzen ihres 22-Punkte-Plans zur Stärkung der Bankenstabilität konkreter darlegte.

Die Folgen einer vollständigen oder teilweisen Abschaffung eines Rabattes, den Schweizer Großbanken in der Eigenmittelunterlegung ihrer ausländischen Tochtergesellschaften seit 2019 genießen, ergäben für die UBS eine „spürbare, signifikante Summe“, die sie an zusätzlichem Kapital ansparen müsste, sagte die Ministerin im ersten Interview unmittelbar nach Veröffentlichung des mehr als 300 Seiten starken Stabilitätsberichtes. In den von den Finanzanalysten eiligst angestellten Rechnungen ist von Beträgen zwischen 10 Mrd. Dollar und 25 Mrd. Dollar die Rede. Auf Nachfrage der Medien bezeichnete Karin Keller-Sutter die Zahlen als „plausibel“.

Ein anderer Blick auf die Credit-Suisse-Pleite

Der UBS-Präsident hatte sich die Zusammenarbeit mit der Politikerin aus der wirtschaftsliberalen FDP offenbar anders vorgestellt. Doch die 63-jährige Politikerin hat aus dem Untergang der Credit Suisse eine andere Lehre gezogen als die UBS. „Mit einer ausreichenden Kapitalisierung hätte die Credit Suisse beispielsweise die hochdefizitäre Investmentbank in den USA frühzeitig schließen oder verkaufen können, ohne sich deswegen Eigenkapital-Probleme im Stammhaus einzuhandeln. So konnte sie es aber nicht – und das war ein entscheidendes Problem“, sagte sie im Interview.

Das Narrativ der UBS, wie es Kelleher seinen Aktionären darbringt, lautet: „Es waren nicht zu niedrige Kapitalanforderungen“, sondern „ein fehlerhaftes Geschäftsmodell“, das die Credit Suisse in eine „historische Rettung“ trieb. Dafür gebe es „keine regulatorische Lösung“.

Wie der Konflikt ausgeht, bleibt offen. Im Frühjahr 2025 will die Schweizer Regierung die Verordnung zum Eigenkapital in die Anhörung geben. Klar ist aber, dass die Ministerin das Kräftemessen mit der Großbank und ihrem Wall-Street-Veteranen Kelleher nicht scheut. Eine kämpferische Haltung in der Politik signalisiert sie auch ihren Besuchern: In ihrem Büro hängt ein Bild der Boxlegende Muhammad Ali. Es gibt noch viel zu verhandeln. Zum Beispiel, wer den Schaden bezahlt, wenn sich die vormaligen Credit-Suisse-Gläubiger mit ihrer Klage gegen die Finanzmarktaufsicht und damit indirekt gegen die Eidgenossenschaft durchsetzen sollten. Bei der damaligen Rettung der Credit Suisse wurden nachrangige AT1-Anleihen abgeschrieben – eine Entscheidung, die umstritten ist.

„Fly like a butterfly, sting like a bee“

Keller-Sutter, die nach der Credit-Suisse-Krise von der „Financial Times“ in den Kreis der 25 mächtigsten Frauen aufgenommen wurde, scheint gewillt zu sein, der UBS und der Schweizer Öffentlichkeit zu beweisen, dass ihr diese Ehre nicht für willfähriges Handeln gegenüber der Finanzindustrie zugefallen ist. Alis legendäres Motto „float like a butterfly, sting like a bee“ scheint der Ministerin auch im politischen Geschäft als Anleitung zu dienen. Good luck, Mr. Kelleher!

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