Früherer Bundesbankpräsident Schlesinger im Alter von 100 Jahren gestorben
Kaum jemand hat die Deutsche Bundesbank so repräsentiert und geprägt wie Helmut Schlesinger. Über vier Jahrzehnte arbeitete der Oberbayer für die Notenbank. Nun ist der ehemalige Bundesbankpräsident im Alter von 100 Jahren gestorben, wie die Notenbank am Freitag mitteilte. „In seinen mehr als 41 Jahren bei der Bundesbank hat er einen großen Beitrag dazu geleistet, dass die D-Mark eine der stabilsten Währungen der Welt war und auch zu dem Stabilitätsanker im späteren Europäischen Währungssystem wurde
“, würdigte Bundesbankpräsident Joachim Nagel seinen Vorgänger im Amt.
Schlesinger begann seine steile Karriere 1952 als Referent für die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung in der Hauptabteilung Volkswirtschaft und Statistik der damaligen Bank deutscher Länder, der Vorgängerin der Bundesbank. Ab 1964 leitete er diese Abteilung. 1972 zog er in das Direktorium der Bundesbank ein und machte sich als Chefvolkswirt der Institution einen Namen – auch, wenn es diese Position offiziell so noch nicht gab.
Stabilitätsanker der Bundesbank
In dieser Zeit mussten sich Schlesinger und die Bundesbank mit einigen Umbrüchen auseinandersetzen. Das Währungssystem von Bretton Woods brach 1973 auseinander. Die Folge waren neue Wechselkurse. Zudem führte die Ölkrise global zu einer Phase mit hoher Inflation und stagnierender Wirtschaft. In dieser Zeit führte die Bundesbank als erste Notenbank weltweit die Geldmengensteuerung ein. Schlesinger war als Chefvolkswirt hauptverantwortlich dafür, die geldpolitische Strategie dazu zu entwerfen.
Von Weggefährten wurde Schlesinger vor allem für seine Prinzipientreue und gradlinige Kommunikation geschätzt. 1980 wurde er Vizepräsident der Bundesbank und galt als dessen „Stabilitätsgewissen“. Rund 10 Jahre später übernahm er die Präsidentschaft. Die Geldwertstabilität galt Schlesinger stets als hohes Gut. Die Inflation in Schach zu halten, war für den passionierten Bergsteiger jedoch nie eine alleinige Aufgabe der Bundesbank und später der EZB. „Stabiles Geld braucht nicht nur eine stabilitätsorientierte Politik von Regierung und Notenbank. Sie braucht auch ein entsprechendes Verhalten der Wirtschaft, der Tarifpartner und der Konsumenten – gewissermaßen eine Stabilitätskultur“, sagte Schlesinger.
Diese Stabilitätskultur gehört für Bundesbankpräsident Joachim Nagel zum Erbe Schlesingers. „Sie ist auch allen seinen Nachfolgern im Amt des Bundesbankpräsidenten Verpflichtung“, schrieb er anlässlich des 100. Geburtstags von Schlesinger in einem Gastbeitrag für die Börsen-Zeitung.