Gerber im Streit mit der Lufthansa
Ziemlich beste Freunde
im Dauer-Zwist
lis Frankfurt
Von Lisa Schmelzer, Frankfurt
Die Konstellation ist schon pikant: Der ehemalige Lufthansa-Manager Peter Gerber ist als neuer Chef der Fluglinie Condor in einen Streit mit seinem ehemaligen Arbeitgeber verwickelt. Der Streit begann zwar lange vor Gerbers Amtsantritt im Februar 2024, hat aber in den vergangenen Wochen deutlich an Fahrt aufgenommen. Und das, obwohl Gerber zumindest öffentlich diplomatischer unterwegs ist als sein Vorgänger Ralph Teckentrup - übrigens auch ein ehemaliger Lufthansa-Manager.
Bei Gerber hört sich das grade so an: „Der Standort braucht eine starke Lufthansa, aber auch einer starken Lufthansa schadet ein bisschen Wettbewerb nicht.“ So auf Kuschelkurs ist den Lufthanseaten schon lange kein Condor-Chef mehr gekommen. Zwischen Gerbers Vorgänger Teckentrup und Lufthansa-Chef Carsten Spohr liefen die Gespräche vielmehr zeitweise nur noch über Anwälte. Weil aber die Luftfahrtbranche so überschaubar ist in Deutschland, kam es zuweilen zu seltsamen Konstellationen. Da keilte Teckentrup gegen Ende seiner Amtszeit zwar öffentlich noch mal kräftig gegen Spohr, aber der hielt dann wenige Wochen später bei der Abschiedsfeier für den Condor-Chef die Laudatio und erinnerte an viele gemeinsame Erlebnisse. Auch, weil Teckentrup einst bei der Lufthansa mal Spohrs Chef war - „wer was werden will, musste zu Teckentrup“, erinnerte sich der Lufthansa-CEO, was ja in seinem Fall geklappt hat.
Vereinbarungen und Sonderkonditionen
Und darum geht es bei dem Streit: Jahrelang gab es zwischen der Lufthansa und Condor Vereinbarungen für Zubringerflüge zu Sonderkonditionen. Aus dem sogenannten Special Pro-Rate Agreements (SPA) wollte der deutsche Marktführer schon seit 2020 raus, der Streit um die Verträge beschäftigt seit damals die Gerichte. Ende vergangenen Jahres kündigte die Lufthansa das Abkommen, nachdem man sich nicht auf veränderte Konditionen einigen konnte.
Nachdem nun kürzlich die EU-Kommission das Thema aufgegriffen hatte und sich kritisch hinsichtlich des Wettbewerbs auf der Strecke zwischen Frankfurt und New York äußerte, hat man bei Condor wieder Oberwasser. „Wir freuen uns, dass die oberste europäische Wettbewerbsbehörde unsere Ansichten offensichtlich teilt“, so Gerber bei einem kurzfristig anberaumten Pressegespräch. Die EU hatte Besorgnis geäußert, dass womöglich ein Lufthansa-Konkurrent (Condor) aus dem Markt gehen könnte und damit der Wettbewerb abnehme. Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass Condor das Angebot zwischen Frankfurt und Nordamerika deutlich ausdünnen würde. Stattdessen wird beispielsweise wieder nach Panama geflogen und an das Netz des dortigen Partners Copa angeknüpft, wie Gerber erläuterte. Um gleich hinterher zu schieben: „Als damaliger Netzplaner der Lufthansa hatte ich das Geschäft dorthin vor vielen Jahren ausgebaut, so dass sich die Condor zurückziehen musste.“ Die Luftfahrt-Welt ist eben ein Dorf.
Joint Venture ist enorm wichtig
Wohin nun die Reise für Lufthansa und Condor in ihrem Streit geht, steht noch in den Sternen. Das Joint Venture über den Nordatlantik, das Lufthansa mit United und Air Canada unterhält und an dem die EU-Kommission sich nun stört, hat für den deutschen Konzern immense wirtschaftliche Bedeutung. Da dürfte man bereit sein, die Kröte SPA mit Condor zu schlucken. Apropos schlucken: Immer wieder hatte es in der Vergangenheit Spekulationen gegeben, dass Lufthansa sich irgendwann die ehemalige Tochter Condor wieder einverleiben könnte. Die Wahrscheinlichkeit ist geringer geworden, da Lufthansa aus eigenen Kräften ein touristisches Segment aufgebaut und Condor einen anderen Investor gefunden hat. Sollte sich auf einer der beiden Seiten die Ansicht dazu dennoch ändern, ist sicher kurzfristig ein Gespräch möglich. „Die Gesprächsatmosphäre zwischen Lufthansa und Condor hat sich verbessert, seit ich im Amt bin“, sagt der Condor-Chef.