Britische Post

Neuer Ärger im Post-Office-Skandal

Rücktrittsdrohungen, "Bullying"-Vorwürfe und weiterhin keine Entschädigung für viele Betroffene: Der Skandal um Post Office Limited sorgt für immer neuen Ärger.

Neuer Ärger im Post-Office-Skandal

Neuer Ärger im Post-Office-Skandal

hip London

Henry Staunton

Die parlamentarische Aufarbeitung des Skandals um die staatseigene Post Office Limited hat in den vergangenen Tagen Erstaunliches zutage gefördert. Der ehemalige Chairman Henry Staunton (75), der sich für das Opfer einer von der Wirtschaftsministerin Kemi Badenoch geführten "Schmutzkampagne" hält, sagte vor dem Wirtschaftsausschuss, dass es eine interne Untersuchung gegen CEO Nick Read gebe. Zudem habe Read mit Rücktritt gedroht, weil er mit seiner Vergütung unzufrieden gewesen sei. Badenoch hatte zuvor von einer Untersuchung gegen Staunton wegen "Bullying"-Vorwürfen berichtet.

Entschädigungen hinausgezögert?

Sie hatte Staunton Ende Januar entlassen. Er behauptet, eine Beamtin des Wirtschaftsministeriums habe ihn angewiesen, die Entschädigungszahlungen an die Opfer des Skandals hinauszuzögern. Es geht um Poststellenleiter, denen das Unternehmen zu Unrecht Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen hatte. Fehlerhafte Abrechnungssoftware von Fujitsu hatte dafür gesorgt, dass es so aussah, als ob sie das Unternehmen bestohlen hätten.

Beamtin widerspricht Staunton

Sarah Munby, zu diesem Zeitpunkt die ranghöchste Beamtin im Wirtschaftsministerium, sah sich genötigt, der Darstellung Stauntons schriftlich entgegenzutreten. Die ehemalige McKinsey-Beraterin hatte das Gespräch mit ihm geführt. Nun ist die Frage, ob eine Seite die Unwahrheit sagt oder ob jeder das im Gedächtnis blieb, was sie hören wollte. Munby fungiert mittlerweile als Permanent Secretary im Ministerium für Wissenschaft, Innovationen und Technologie.

PR-Berater hinzugezogen

Rund 3.500 Menschen wurde von Post Office Limited unterstellt, Geld unterschlagen zu haben. Mehr als 700 wurden strafrechtlich verfolgt und verurteilt, manche erhielten Haftstrafen. Viele Existenzen wurden dadurch zerstört. Nur ein kleiner Teil der Urteile wurde inzwischen annulliert. Ein TV-Vierteiler hatte zum Jahreswechsel in der Öffentlichkeit Interesse am Schicksal der Betroffenen geweckt. Das Unternehmen bezahlte den strategischen Kommunikationsberatern von TB Cardew 15.000 Pfund monatlich, um diese Krise zu bewältigen, wie der "Telegraph" berichtet. Read hatte vergangenen Monat vor dem Wirtschaftsausschuss behauptet, keine PR-Berater eingestellt zu haben, um mit dem Fallout der Fernsehserie umzugehen.

Fass ohne Boden

Das Unternehmen bestätigte mittlerweile, dass es nach einer Beschwerde gegen Read und andere Mitarbeiter eine Untersuchung gegen den CEO gebe. Unterdessen warten die Betroffenen des Skandals weiter auf Entschädigung. Der Poststellenleiter Alan Bates, der gemeinsam mit anderen Betroffenen vor den High Court zog, forderte vor dem Wirtschaftsausschuss, Post Office Limited die Zuständigkeit für die Entschädigungen zu entziehen. Für die Steuerzahler sei das Unternehmen auf Jahre hinaus ein Fass ohne Boden. "Man sollte es für ein Pfund an jemanden wie Amazon verkaufen, gute Verträge für die Poststellenleiter aushandeln und hätte innerhalb von ein paar Jahren eins der besten Netze", sagte Bates.

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