Nachruf

Hilmar Kopper †

Hilmar Kopper, ehemaliger Vorstandssprecher der Deutschen Bank, ist im Alter von 86 Jahren verstorben.

Hilmar Kopper †

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

„Mit Hilmar Kopper verliert die Deutsche Bank eine ihrer prägendsten Persönlichkeiten“, hat Aufsichtsratschef Paul Achleitner am Freitag erklärt – und damit hat er ganz ohne Zweifel recht. Bis heute gilt Kopper als einer, der den Kurs von Deutschlands größtem Geldhaus am entscheidendsten beeinflusst und maßgebliche Weichen gestellt hat.

Der in der Nähe von Danzig geborene Absolvent der Höheren Handelsschule startete 1954 eine Lehre bei der Rheinisch-Westfälischen Bank, einem der Vorgängerhäuser der drei Jahre später wiedervereinigten Deutschen Bank. Und er blieb für das Institut sage und schreibe 48 Jahre tätig – also fast ein Drittel der Zeit, in der es die heute 151 Jahre alte Deutsche Bank gibt. Nicht zuletzt deshalb wurde Kopper in der Börsen-Zeitung in einer Personalie im vergangenen Jahr als „personifizierte Bankgeschichte“ bezeichnet.

Kopper arbeitete für die Deutsche in New York, aber auch als Filialleiter in Leverkusen – und natürlich viele Jahre in der Zentrale in Frankfurt. Er selbst kannte die beiden Hochhaustürme im Detail, schließlich verantwortete er den Neubau der Zen­trale. 1977 stieg er in den Vorstand auf – und machte schnell die Erfahrung, dass diese Position nicht vergnügungssteuerpflichtig ist. In einer besonders schwierigen Zeit, nämlich nach der Ermordung Alfred Herrhausens, übernahm Kopper dessen Amt als Vorstandssprecher – ein Amt, das er acht Jahre lang ausübte. Anschließend wechselte er in den Aufsichtsrat und wurde dessen Vorsitzender.

Schritt ins Investment Banking

Schon als Vorstandsmitglied war er maßgeblich daran beteiligt, die Deutsche Bank ins Investment Banking zu führen. So war er federführend an der Übernahme von Morgan Grenfell beteiligt. Am 30. November 1989 sicherte sich die Deutsche Bank die Anteile der Banque Indosuez, ein entscheidender Schritt zur Mehrheitsposition, die sie wenig später innehatte. Insofern hatte Kopper – ob gewollt oder nicht – Anteil daran, dass sich in London ein zweites Machtzentrum in der Deutschen Bank bildete. In seine Zeit als Aufsichtsratschef der Bank fällt der Kauf von Bankers Trust und damit die offensive Expansion auf dem US-Markt. Schließlich trug Kopper auch wesentlich zur breiteren Präsenz der Bank in Europa bei, vor allem auch im Süden und Osten.

In einem Rückblick nach seinem Abschied aus dem Amt des Chefkon­trolleurs 2002 unterstrich Kopper, dass das Bankgeschäft „schneller“ geworden sei. „Man hat nicht mehr so viel Geduld“, sagte er damals. Aber manchmal brauche man Zeit, und dann müsse „man Kritik eben auch durchstehen“.

Es gibt wohl niemanden, der Kopper dieses Durchhaltevermögen abspricht – und ebenso wenig (und das gilt auch für Koppers Rolle als langjähriger Daimler-Aufsichtsratschef) die Freude an der offenen Kon­troverse. Denn der Banker wirkte auch in kritischen Momenten gelassen. Zudem scheute er sich nicht davor, Dinge auf den Punkt zu bringen, von denen er überzeugt war. Etwa, wenn er über manche Produkte, beispielsweise Zertifikate, als „Zeug“ spottete, das kein Anleger brauche – in der Deutschen Bank dürften solche Sprüche keine Freude ausgelöst haben. Oder wenn er mit der deutschen Mitbestimmung haderte („halte ich nicht für einen Exportartikel“), was auf der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat sicher kritisch beäugt wurde.

Und natürlich ist da auch noch die Bemerkung, die ihn in weiten Teilen der Bevölkerung berühmt-berüchtigt gemacht hat. Als er offene Handwerkerrechnungen im Volumen von 50 Mill. D-Mark ins Verhältnis zu milliardenschweren Bankschulden des Baulöwen Jürgen Schneider setzte, sie als „Peanuts“ bezeichnete – und damit eine riesige Welle der Entrüstung auslöste. Dass sich Kopper einige Jahre danach inmitten großer Waggonlieferungen von Erdnüssen für eine Werbekampagne der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ablichten ließ, dokumentiert seine spätere Entspanntheit im Umgang mit dem Thema – und seinen Sinn für Humor und Ironie.

Kopper gehörte zeit seines Lebens zu denen, die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, weil sie einen Saal füllen, wenn sie ihn betreten. Das hat gewiss mit seiner physischen Statur zu tun, aber auch mit seinen griffigen, geschliffenen Sprüchen. Meinungsstark schimpfte er über Vorgaben, die dazu führten, dass die deutsche Kreditwirtschaft eine „völlig verregulierte Branche“ sei. Mit Blick auf den Wettbewerb auf dem deutschen Retail-Banking-Markt spottete er darüber, dass sich das Geschäft mit privaten Kunden hierzulande „nahe am Mäzenatentum“ bewege.

Dabei war sich Kopper der Be­schränkungen für das Management bei der Steuerung bewusst. Im Jahr 1995 formulierte er: „Wir machen die Erfahrung, die auch unsere Nachfolger machen werden. Es ist die Erfahrung des Seefahrers. Der Horizont ist kein Ziel, dem wir je auch nur nahe kommen. Erfahren werden wir den Horizont nie.“

Hilmar Kopper ist am Donnerstag nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 86 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben.

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