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In Paris geht es nicht nur ums Verhandlungsklima

Von Stefan Paravicini, Frankfurt Börsen-Zeitung, 31.10.2015 Die Dame hat keinen einfachen Job: Karen Christiana Figueres Olsen (59) ist seit 2010 Generalsekretärin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) mit Sitz...

In Paris geht es nicht nur ums Verhandlungsklima

Von Stefan Paravicini, FrankfurtDie Dame hat keinen einfachen Job: Karen Christiana Figueres Olsen (59) ist seit 2010 Generalsekretärin des Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) mit Sitz in Bonn und damit so etwas wie die oberste Lobbyistin des Weltklimas. In genau einem Monat, ab dem 30. November, ist sie deshalb auch Zeremonienmeisterin auf der 21. Weltklimakonferenz, die in diesem Jahr in Paris stattfindet. Doch es ist nicht irgendeine Klimakonferenz, und auch für Figueres, deren zweite Amtszeit als UNFCCC-Chefin im Sommer nächsten Jahres ausläuft, geht es um mehr als um das Verhandlungsklima. Gesucht wird ein Kompromiss, dem die 195 Signatarstaaten der Klimarahmenkonvention zustimmen können und der als Nachfolger des 1997 in Kyoto beschlossenen Zusatzprotokolls zur Klimarahmenkonvention taugt, um den Klimawandel und dessen Folgen eindämmen zu können. Geringe ErwartungenDabei steht schon jetzt fest, dass die Klimaschutzziele, die in Paris in einen internationalen Vertrag gegossen werden sollen, die gefährlichen Folgen des Klimawandels erst einmal nicht verhindern werden können. Denn selbst wenn alle Länder ihre im Vorfeld des UN-Klimagipfels angekündigten Ziele vollständig umsetzen sollten, würde die Erdtemperatur immer noch um 2,7 Grad Celsius steigen, wie Figueres bei der Vorstellung eines Berichts zur Klimakonferenz am Freitag im Bundesumweltministerium in Berlin sagte. Damit würde das Ziel, die Erwärmung bis zum Jahr 2100 unter der kritischen Marke von zwei Grad zu halten, verfehlt. Zudem habe etwa ein Viertel der 146 Staaten, die bisher nationale Klimaschutzpläne angekündigt haben, diese von finanzieller oder technischer Unterstützung durch die Industrienationen abhängig gemacht, sagte Figueres.Sie sei dennoch überzeugt, “dass wir auf dem richtigen Weg sind”, betonte die UN-Klimachefin. Denn die Chancen stünden gut, dass die Gipfel-Teilnehmer diesmal im Gegensatz zu dem 1997 beschlossenen Kyoto-Protokoll keinen “statischen Vertrag” verabschieden wollten, sondern eine “dynamische Vereinbarung über fortlaufende Verbesserungen”. Dann müssten die Klimaschutzmaßnahmen der einzelnen Staaten regelmäßig neu betrachtet werden – zum Beispiel alle fünf Jahre.Experten schätzen, dass die Temperatur – wenn so weitergewirtschaftet werden sollte wie bisher – bis zum Jahr 2100 um vier bis fünf Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter ansteigen werden. In einigen Regionen wäre Arbeit im Freien dann nicht mehr möglich. Mehrere Inselstaaten würden ganz im Meer versinken.Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) glaubt nicht, dass die bisher vorgelegten nationalen Klimaziele im Kampf gegen die Erderwärmung ausreichen werden. Dennoch sei das Ziel, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, zu halten, sagte die Ministerin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. “Wir müssen es auch schaffen, um den Klimawandel noch einigermaßen beherrschbar zu halten.” Nach einem vor einigen Tagen erarbeiteten Abkommensentwurf soll in der französischen Hauptstadt eine Vereinbarung zur Begrenzung der Erderwärmung auf weniger als zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erzielt werden. Dafür sollen weniger Treibhausgase ausgestoßen werden.”Ich rechne allerdings nicht damit, dass die nationalen Klimaschutzbeiträge, die in Paris zusammengetragen werden, alleine schon ausreichen werden, um die Begrenzung auf zwei Grad hinzukriegen”, sagte Hendricks. Entscheidend sei, dass sich die Parteien an der Klimakonferenz auf einen Mechanismus einigen, mit dem die Staaten später nachbessern können. Dies könnte alle fünf Jahre geschehen, sagte Hendricks. Sie sei “optimistisch”, dass dieser Mechanismus in Paris bindend festgeschrieben werden könne. Mehr Klimaschutz könne etwa durch technische Weiterentwicklungen gelingen. “Es ist zu schaffen”, sagte Hendricks zum Zwei-Grad-Ziel. Erinnerung an KopenhagenZu Beginn des Klimagipfels werden mehr als 80 Staats- und Regierungschefs in Paris erwartet. Mit einem Scheitern der Verhandlungen wie 2009 in Kopenhagen sei nicht zu rechnen, sagte der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth, bei der Vorstellung des UN-Berichts in Berlin.An der Klimakonferenz in der dänischen Hauptstadt vor sechs Jahren, an der noch der Niederländer Yvo de Boer als UNFCCC-Generalsekretär Regie führte, war es ebenfalls um ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll gegangen. Doch das Treffen scheiterte grandios – nicht zuletzt an den hohen Erwartungen -, und nicht nur die aus Costa Rica stammende Diplomatin Figueres hat seither bei den Vorbereitungen für den nächsten großen Wurf mit Flügen zu den Klimagipfeln in Cancún (2010), Durban (2011), Doha (2012), Warschau (2013) und Lima (2014) viele Meilen gesammelt.