Kohlefaserspezialist

Klatten verlässt SGL-Aufsichtsrat

Die Quandt-Erbin Susanne Klatten kündigt ihren Abschied aus dem Kontrollgremium des Kohlefaserspezialisten SGL Carbon an, will aber an ihrem Aktieninvestment festhalten.

Klatten verlässt SGL-Aufsichtsrat

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Der Kohlefaserspezialist SGL Carbon muss sich einen neuen Aufsichtsratschef suchen. Die derzeitige Vorsitzende Susanne Klatten kündigt an, die Leitung des Kontrollgremiums im Mai 2023 abzugeben. Dafür führt sie persönliche Gründe an: Auch künftig wolle sie neue Schritte gehen und bestehende Unternehmungen ausbauen. Diese Ziele kollidierten mit der zeitintensiven Aufgabe bei SGL.

Die Milliardärin, die als reichste Frau Deutschlands gilt, hält über ihre Beteiligungsgesellschaft Skion 28,5% an dem Wiesbadener Unternehmen. An diesem Investment will sie erklärtermaßen festhalten. Die Beteiligung von Skion an SGL sei von ihrem Abschied aus dem Aufsichtsrat nicht betroffen, wird in der Mitteilung versichert.

Die 60-jährige Quandt-Erbin sitzt seit 2009 im SGL-Aufsichtsrat. Seit Ende April 2013 leitet sie das Gremium. Die Amtsniederlegung erfolge zur Hauptversammlung am 9. Mai. Eigentlich läuft ihr Mandat noch bis 2025. Als Stellvertreter fungiert Georg Denoke, Geschäftsführer und CEO der Beteiligungsgesellschaft Aton, die der Familie Helmig gehört, und früheres Linde-Vorstandsmitglied.

„In den vergangenen Jahren haben sich meine unternehmerischen und gesellschaftlichen Engagements vervielfältigt“, wird Klatten zitiert. Die Unternehmerin sitzt auch in den Aufsichtsräten des Chemiekonzerns Altana, wo sie stellvertretende Vorsitzende ist, und von BMW. Zudem unterstützt sie Firmengründer bei ihren Projekten. Klatten brachte 2002 die gemeinnützige UnternehmerTUM in Garching bei München auf den Weg und engagiert sich bei SprinD in Leipzig, die Brücken zwischen Forschergeist und Unternehmertum bauen will.

Klattens Einstieg bei SGL hängt mit den großen Hoffnungen zusammen, die sie und der Autokonzern BMW, an dem Klatten ebenfalls maßgeblich beteiligt ist, in die Werkstoffe von SGL für ultraleichte Karosserien von Elektroautos setzten. Seinerzeit baute SGL die Carbonfaser-Wertschöpfungskette und -Kapazität auf, um BMW zu beliefern. Die Außenkarosserie des i3 wurde aus Carbonfaser-Composites gefertigt. Inzwischen hat BMW die i3-Produktion eingestellt, so dass dieser Liefervertrag im vergangenen Sommer auslief. BMW gilt aber weiterhin als wichtiger Kunde und ist darüber hinaus als großer Aktionär mit einem Anteil von 18,4% an Bord. Auch der Konkurrent Volkswagen besitzt übrigens SGL-Aktien, nämlich 7,4% des Kapitals.

Den Zeitpunkt für ihr Ausscheiden hält Klatten für passend, weil SGL das Transformationsprogramm Ende 2022 abgeschlossen habe. Trotz Pandemie und Energiekrise seien Ergebnis und Profitabilität in den vergangenen beiden Jahren deutlich gesteigert worden. Mit ihren Carbon- und Grafikprodukten, die in Windkraft, Solarenergie und E-Mobilität bedeutsam seien, bediene SGL wachstumsstarke Märkte.

In Klattens Amtszeit fallen aber auch diverse Rückschläge wie gravierende Verluste, schmerzhafte Restrukturierungen und Controllingfehler. Nicht umsonst hat SGL den Ruf einer Dauerbaustelle. Spartenverkäufe, Wandelanleihe-, Bond- und Aktienemissionen – es wurden viele Hebel in Bewegung gesetzt, um den Konzern wieder auf die Schiene zu setzen. Die Großaktionäre zogen mit, allen voran Klatten.

Derzeit geht es auswärts bei dem krisengeprüften Kohlefaserspezialisten, und der seit Juni 2020 amtierende Vorstandschef Torsten Derr hofft, dass die Restrukturierung diesmal weiter trägt als frühere Programme.

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