Liam Condon kehrt Bayer den Rücken
Von Annette Becker, Köln
Halb zog es ihn, halb wurde er gestoßen. So lässt sich wohl zusammenfassen, was Liam Condon, den seit Ende 2012 an der Spitze des Pflanzenschutzgeschäfts von Bayer stehenden Manager, bewogen hat, sich nach einem neuen Job umzusehen. Der 53-Jährige habe den Aufsichtsrat gebeten, seinen bis Ende 2023 laufenden Vertrag zum Ende dieses Jahres aufzuheben, um andere Karrieremöglichkeiten außerhalb von Bayer zu verfolgen, teilte der Konzern mit.
Wohin es Condon verschlägt, ist nicht bekannt. Dass er nicht ganz aus freien Stücken geht, lässt sich erahnen. Denn bei allem Selbstbewusstsein, das ein Topmanager an den Tag legen muss, war Condon, dessen Hauptaufgabe die Integration von Monsanto war, angezählt. Als dann auch noch das „Manager Magazin“ im September berichtete, intern liefen bereits Wetten, wie lange sich der gebürtige Ire noch halten könne, dürfte das Maß voll gewesen sein.
Zwar hatte sich nach der größten Akquisition der Bayer-Firmengeschichte schnell abgezeichnet, dass die Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto für stolze 63 Mrd. Dollar alles andere als ein brillanter Schachzug war. Die Verantwortung dafür wurde allerdings nicht nur bei Condon gesehen, zumal dieser mit der Bewältigung der zahlreichen Rechtsrisiken auch gar nicht betraut war. Erst als sich die vollmundigen Ankündigungen hinsichtlich der operativen Entwicklung der Pflanzenschutzsparte nicht einstellten, schien der Rückhalt zu bröckeln.
Bayer-Chef Werner Baumann, der selbst unter Performance-Druck steht, war hörbar ergriffen: „Ich danke Liam sehr herzlich für unsere langjährige und vertrauensvolle Zusammenarbeit“, sagte er und versprach, Condon nach dessen mehr als 30 Jahren Firmenzugehörigkeit angemessen zu verabschieden.
Condon war 2006 im Wege der Schering-Übernahme zu Bayer gestoßen. Der studierte Betriebswirt mit Vertriebs- und Marketingtalent war für den Berliner Pharmakonzern lange Zeit im asiatischen Raum unterwegs. Von 2010 an machte er sich um die deutsche Vertriebsgesellschaft der Bayer-Gesundheitssparte verdient. Sein ausgesprochenes Verkaufstalent blieb auch dem Konzernvorstand in Leverkusen nicht verborgen. Als Baumann-Vorgänger Marijn Dekkers nach einem Nachfolger für Sandra Peterson an der Spitze der Agrarchemie Ausschau hielt, fiel die Wahl auf Condon, der für die Position nicht nur den nötigen Biss mitbrachte, sondern zugleich mit seiner umgänglichen Art bestach.
Zum Nachfolger an der Spitze von Cropscience wurde Rodrigo Santos erkoren, der seit Juni dieses Jahres als Chief Operating Officer von Bayer Cropscience die globale kaufmännische Leitung innehat. Zum 1. Januar steigt der 48-jährige Brasilianer in den Konzernvorstand auf. Santos bringt nach den Angaben mehr als 25 Jahre internationale Erfahrung in der Agrarbranche mit. „Santos zeichnet sich durch seine Kundenorientierung, Durchsetzungsstärke sowie Innovationskraft aus“, verteilte Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann Vorschusslorbeer, verbunden mit der Aufforderung, das im Pflanzenschutzgeschäft von Bayer schlummernde „riesige Wertsteigerungspotenzial voll auszuschöpfen“.