Großbritannien

Liz Truss meldet sich zurück

Auf den britischen Premierminister kommen harte innerparteiliche Auseinandersetzungen zu. Anders als David Cameron will sich Rishi Sunaks Vorgängerin Liz Truss nicht in den Schmollwinkel zurückziehen.

Liz Truss meldet sich zurück

Von Andreas Hippin, London

Drei Monate nach ihrem Rücktritt als Premierministerin hat sich Liz Truss (47) auf der politischen Bühne zurückgemeldet. Anders als David Cameron, der sich in den Schmollwinkel zurückzog, nachdem die Wette gegen den Brexit nicht aufgegangen war, will sie in der britischen Politik weiter mitreden. Zunächst stellte sie in einem langen Gastbeitrag für den „Sunday Telegraph“ ihre Sicht der Ereignisse dar, die sie das Amt kosteten. Dann ließ sie sich für den Videokanal des „Spectator“ interviewen. Dort stellte sie klar, dass sie es zwar nicht bereut habe, sich um das Amt als Premierministerin bemüht zu haben. Sie wolle es aber auch nicht noch einmal werden. Sie wolle für eine wachstumsfreundliche Agenda werben, sagte Truss. Sie sehe sowohl die Zukunft Großbritanniens als auch die ihrer Partei optimistisch. Es sei an der Zeit, „eine starke intellektuelle Basis“ aufzubauen. Die Befürworter freier Märkte und eines schlanken Staats seien vielerorts ins Hintertreffen geraten. Sie wäre froh, wenn andere Leute sich dafür einsetzen würden. Aber es gebe zu wenige Unterstützer. Truss gehört zu den Verfassern von „Britannia Unchained“, einer Kampfansage an den „aufgeblähten Staatsapparat, hohe Steuern und exzessive Regulierung“.

In Whitehall wurde ihr der Spitzname „die menschliche Handgranate“ verpasst – angeblich von Boris Johnsons ehemaligem Chefstrategen Dominic Cummings. Man darf davon ausgehen, dass sie Kontra geben wird, wenn Schatzkanzler Jeremy Hunt an seinen Steuererhöhungsplänen festhalten will. Themen gäbe es genug. Die Oxford-Absolventin wollte auch die grünen Abgaben aussetzen, die Benzin, Gas und Strom verteuern. Ihrem Nachfolger Rishi Sunak wird es nicht leichtfallen, die gespaltene Partei zu einen. Zwei Belastungsproben stehen unmittelbar ins Haus: die von ihm angestrebte Einigung mit der EU im Streit um das Nordirland-Protokoll und das neue Zuwanderungsgesetz, das der illegalen Einreise über den Ärmelkanal ein Ende bereiten soll.

Sie habe vom „Pulverfass“ LDI (Liability-Driven Strategies) nichts gewusst. Die unter diesem Kürzel bekannten Derivatgeschäfte brachten nach Vorstellung ihres Wachstumsplans durch ihren Schatzkanzler viele Pensionsfonds in Bedrängnis, was die Bank of England zur Intervention am Staatsanleihenmarkt zwang. Sonst hätte sie mit dem „Mini-Budget“ vielleicht noch ein bisschen gewartet. Für eine Anhängerin von Margaret Thatcher war sie allerdings nur allzu bereit, die Deckelung der Energierechnungen der privaten Haushalte und Unternehmen zu verteidigen. Dabei handelt es sich dabei doch um „Big Government“, wie es im Buche steht. Und was sie dazu bewegte, Hunt zum Schatzkanzler zu machen, hat sie bis heute nicht offengelegt.