Parteikrise

Machtkampf bei Labour

Bei der britischen Labour Party ist nach der verheerenden Niederlage bei den Kommunal- und Regionalwahlen ein heftiger Machtkampf entbrannt. Oppositionsführer Keir Starmer (58) sagte zwar, dass er die volle Verantwortung für das Debakel übernehme,...

Machtkampf bei Labour

hip

Bei der britischen Labour Party ist nach der verheerenden Niederlage bei den Kommunal- und Regionalwahlen ein heftiger Machtkampf entbrannt. Oppositionsführer Keir Starmer (58) sagte zwar, dass er die volle Verantwortung für das Debakel übernehme, bei dem sich Labour vielerorts den seit elf Jahren in Westminster regierenden Tories geschlagen geben musste. Statt sein Amt niederzulegen, entließ er jedoch die Parteivorsitzende Angela Rayner (41). Die Arbeitertochter aus dem englischen Norden, die mit 16 von der Schule abging, weil sie schwanger geworden war, und danach als Pflegerin arbeitete, war als Sündenbock denkbar ungeeignet.

Die Parteilinke verstand den Schritt als Kampfansage des ehemaligen Menschenrechtsanwalts, der bereits Jeremy Corbyns Nachwuchshoffnung Rebecca Long-Bailey aus der Führungsriege gedrängt hatte. Der gerade mit großem Erfolg als Bürgermeister von Greater Manchester wiedergewählte Andy Burnham wurde als möglicher Kandidat für die Nachfolge Starmers ins Gespräch gebracht. Dem Sender Sky News sagte Burnham, die Partei solle sich bei ihm melden, wenn sie einmal das Gefühl habe, dass sie ihn brauche. Auch sein Londoner Amtskollege Sadiq Khan wäre vermutlich nicht abgeneigt, die Führung zu übernehmen, allerdings fuhr er auch gegen einen schwachen Gegenkandidaten der Tories kein starkes Ergebnis ein. Der ehemalige Premierminister Gordon Brown stellte sich erwartungsgemäß hinter Starmer.

Natürlich gibt es keine Pressemitteilung dazu, wer sich durchsetzen konnte. Aber Rayner erhielt ein neues Amt, in dem sie aus Sicht vieler über mehr Macht verfügt als je zuvor. Und die Finanzexpertin Anneliese Dodds (43), von der sich Starmer Medienberichten zufolge auch trennen wollte, bekam das Amt der Parteivorsitzenden übertragen. Das spricht dafür, dass Starmer, der nach dem Labour-Politiker Keir Hardie benannt wurde, nachgeben musste. Er wird auch seine Wahlniederlage besser analysieren müssen. Brexit, Covid-19 und Corbyn reichen nicht aus, um sie zu erklären.