ZF Friedrichshafen

Mächtiger Wellengang am Bodensee

Der mehrfach umgebaute Vorstand von ZF Friedrichshafen plant bis 2028 den Abbau von bis zu 14.000 Stellen in Deutschland. Betriebsrat kündigt Widerstand an.

Mächtiger Wellengang am Bodensee

Mächtiger Wellengang am Bodensee

Von Sebastian Schmid, Frankfurt

Die Nachricht schlug am Freitag mehr als nur ein paar Wellen am Bodensee. Der hoch verschuldete Zulieferer ZF aus Friedrichshafen will bis Ende 2028 bis zu 14.000 Stellen in Deutschland streichen. Würde das voll ausgeschöpft träfe es gut jeden vierten Beschäftigten hierzulande. Der Druck auf das Management um CEO Holger Klein dürfte mit diesem Schritt noch weiter zunehmen. Auch weil neben operativen Ineffizienzen und Marktveränderungen die Übernahmen des Autozulieferers TRW und des Bremsenspezialisten Wabco die Verschuldung und damit die Zinsbelastung getrieben hat. Die Nettoverschuldung des Unternehmens aus Friedrichshafen beträgt rund 10 Mrd. Euro. Jährlich müssen hunderte Millionen an Zinsen aufgewandt werden. Betriebsratschef Achim Dietrich kündigte bereits an, man werde um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen.

Teilverkäufe und IPOs erwogen

Dass Sparzwang besteht, ist indes seit längerem bekannt. Vorstandschef Klein und Finanzvorstand Michael Frick nutzen die ganze Klaviatur der Möglichkeiten, um die Schulden zu reduzieren und die drastisch eingebrochene Marge wieder hochzufahren. So werden Abspaltungen und Teilverkäufe erwogen. Im März wurde die „passive Sicherheitstechnik“ in ZF Lifetec umgetauft, um eine Ausgliederung vorzubereiten. Von Verkauf bis IPO sollten alle Optionen geprüft werden hieß es. Der Börsengang dürfte allerdings die unwahrscheinlichere Variante sein, betrachtet man den verständlichen Wunsch zur Preismaximierung und die traurige Kursentwicklung vieler Börsenneulinge hierzulande in den vergangenen Jahren.

Da sich das Vorhaben mit Lifetec wohl nicht ganz einfach gestaltet, zog Klein Anfang Juli das nächste Kaninchen aus dem Hut. Für die stark wachsende Nutzfahrzeugsparte würden ebenfalls alle Optionen geprüft. Auch hier wird ein Going Public ins Spiel gebracht.

Stellenabbau übertrifft Befürchtungen

Wie erfolgversprechend die Vorhaben sind, lässt sich kaum abschätzen. Unabhängig davon hat Klein nun das gigantische Sparprogramm verkündet. Die 14.000 Stellen übertreffen nun sogar die Gerüchte des Frühjahrs, als die Befürchtung des Abbaus von 12.000 Stellen durch das Unternehmen geisterte. Klein sagte damals, die Zahl verursache eine große Nervosität. Er wies aber auch darauf hin, dass ZF derzeit in Deutschland so viele Mitarbeiter beschäftige wie nie zuvor. Bis Ende des Jahrzehnts würden es sicher weniger sein.

Personalkarussel im Vorstand dreht sich munter

Im Vorstand des Unternehmens dreht sich das Personalkarussell derweil schon länger kräftig. Jüngster Abschied ist Stephan von Schuckmann, der im Vorstand Materialwirtschaft, Elektrifizierte Antriebstechnologien und die Region Asien-Pazifik verantwortete. Er wird das Unternehmen Ende des laufenden Monats verlassen. In der Mitteilung werden familiäre Gründe angeführt. Seine Verantwortungsbereiche werden zunächst aufgeteilt. Klein übernimmt die Region Asien-Pazifik und die Antriebssparte. Produktionsvorstand Peter Laier erhält auch noch die Materialwirtschaft.

Mit von Schuckmann verlässt der nach Klein dienstälteste Vorstand das nun noch fünfköpfige Gremium. Er zählte seit Anfang 2021 zur obersten Konzernebene. Finanzvorstand Frick kam im Dezember 2022 von Wettbewerber Mahle zum Unternehmen. Personalchefin Lea Corzilius wechselte löste im August 2023 Sabine Jaskula im Vorstand ab. Und der für Qualität und Chassis Solutions zuständige Peter Holdmann wurde sogar erst im Mai in den Vorstand bestellt. Wie lange das von dem seit Anfang 2022 amtierenden Aufsichtsratsvorsitzenden Heinrich Hiesinger zusammengestellte Führungsteam in dieser Konstellation weitermachen kann, bleibt abzuwarten. Eines ist aber schon jetzt sicher: Leicht werden die kommenden Jahre nicht. Der Bodensee dürfte ungewohnt unruhig bleiben.

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