Teamviewer

Nach Kursdebakel: Finanzchef geht, Vorstandschef bleibt

Nach dem Kursabsturz aufgrund einer drastischen Prognosekürzung zieht der Aufsichtsrat von Teamviewer Konsequenzen. Finanzvorstand Stefan Gaiser verlässt das Unternehmen. Der Vertrag von Vorstandschef Oliver Steil wird verlängert.

Nach Kursdebakel: Finanzchef geht, Vorstandschef bleibt

Das Kursbeben nach dem extrem schwachen dritten Quartal und der damit verbundene Prognosesenkung bleibt bei Teamviewer nicht ohne Folgen. Finanzvorstand Stefan Gaiser wird das Unternehmen mit Ablauf seines Vertrags im kommenden Jahr verlassen. Die Trennung erfolge in beiderseitigem einvernehmen, teilte Teamviewer mit. Damit übernimmt Gaiser offenbar die Verantwortung dafür, dass nach den am 5 Oktober mitgeteilten vorläufigen Zahlen sämtliche Ziele für das laufende Jahr und auch die Mittelfristambition, im Jahr 2023 jährliche Billings im Volumen von 1 Mrd. Euro zu erreichen, abgeräumt werden mussten. Zudem sah sich CEO Oliver Steil genötigt, zu versprechen, dass das Management genau prüfen werde, wo zu viel investiert worden sei. Anders als dem Finanzvorstand schenkt der Aufsichtsrat Steil weiter das Vertrauen. Sein Vertrag wurde bis 2024 verlängert.

Aufsichtsrat erarbeitet Maßnahmenpaket

„Wir freuen uns sehr, dass Oliver auch in der nächsten Phase der Wachstumsgeschichte von Teamviewer an der Spitze des Unternehmens stehen wird“, erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Abraham Peled in einer Pressemitteilung. Er sei der Richtige, „um die laufende Transformation von Teamviewer erfolgreich zu gestalten.“ Während der turbulenten Phase der Corona-Pandemie habe Teamviewer das Produktangebot im wichtigen Großkundensegment deutlich ausgebaut und den Geschäftsbereich erweitert. Zudem sei durch einige strategische Akquisitionen eine führende Position im immer wichtiger werdenden Bereich der Digitalisierung von Industrien erworben worden. Allerdings kommt das Vertrauen in den Vorstandsvorsitzenden mit einem Disclaimer.

„Die jüngsten Entwicklungen, die dazu geführt haben, dass das Management den Ausblick anpassen musste, sind dagegen ohne Frage sehr enttäuschend“, stellte Peled fest. Für die nächsten Schritte wurde dem Vorstandsvorsitzenden ein klarer Fahrplan mit auf den Weg gegeben. Aufsichtsrat und Management hätten „ein Maßnahmenpaket für Oliver und das gesamte Führungsteam erarbeitet. Dieses legt einen klaren Fokus auf die wichtigsten strategischen Initiativen, die Anpassung der Kostenstruktur sowie die konsequente Umsetzung der Strategie.“ Eine der Top-Prioritäten des Führungsteams werde es sein, das Vertrauen des Kapitalmarkts zurückzugewinnen.

Dem scheidenden Finanzchef dankte der Aufsichtsratsvorsitzende „für seinen großen Einsatz, seine harte Arbeit und sein Commitment in den vergangenen Jahren.“ Der Aufsichtsrat wisse es zudem sehr zu schätzen, dass Gaiser eine reibungslose Übergabe an einen Nachfolger unterstützt. Auch Steil danke seinem Vorstandskollegen für die stets sehr gute Zusammenarbeit und bescheinigte ihm einen großen Anteil daran, dass Teamviewer eine der führenden Konnektivitätsplattformen sei. Die Suche nach einem Nachfolger hat Teamviewer bereits begonnen. Zudem soll der bislang zweiköpfige Vorstand um einen Vertriebschef erweitert werden, der ebenfalls noch gesucht werden muss. Steil bedankte sich für das Vertrauen und den Rückhalt des Aufsichtsrats. Nun müssten die Kostenstrukturen und einige Wachstumsinitiativen neu ausgerichtet werden, um wieder zurück in die Erfolgsspur zu kommen.

Extrem hohe Zuflüsse

Da Teamviewer nach dem IPO ziemlich lange auf der Erfolgsspur war, muss sich Gaiser, der in der Mitteilung des Unternehmens nicht zu Wort kommt, für seinen nächsten Job zumindest nicht primär aus finanziellen Gesichtspunkten entscheiden. Dank einer vertraglich vereinbarten Partizipation am enormen Wertzuwachs, den das Investment in Teamviewer dem Großaktionär Permira beschert hat, konnte sich der Finanzvorstand für die beiden vergangenen Jahre laut Geschäftsberichten über Zuflüsse in Höhe von insgesamt mehr als 56 Mill. Euro freuen – wobei ein Gutteil davon in Aktien ausbezahlt wurde, die heute nicht einmal halb so viel Wert sind wie zum Referenzkurs. Das dürfte auch Steil treffen, dem laut Geschäftsbericht insgesamt sogar 112 Mill. Euro binnen zwei Jahren zugeflossen sind. In der deutschen Unternehmenslandschaft gab es selbst in den Dax-Vorständen keine vergleichbaren Vergütungen.

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