Neuer Oppositionschef in Spanien
ths
Den Menschen aus der Region Galicien im Nordwesten Spaniens wird nachgesagt, dass ihre Absichten schwer zu erkennen sind. Trifft man einen Galicier im Treppenhaus, weiß man nicht, ob er runter- oder raufgeht, so das Klischee. Dementsprechend rätseln die Politikexperten in Spanien darüber, welche Art Opposition der designierte Vorsitzende der konservativen Volkspartei (PP), der Galicier Alberto Núñez Feijóo, gegenüber der Regierung des Sozialisten Pedro Sánchez ausüben wird.
In einer Urwahl am Montag stimmten 99,6% der PP-Mitglieder für den einzigen Kandidaten. Anfang April wird der Regierungschef von Galicien auf einem Sonderparteitag zum neuen Vorsitzenden gekürt. Der Wechsel kam durch den plötzlichen Fall von Pablo Casado zustande, der einem internen Machtkampf mit der Ministerpräsidentin von Madrid, Isabel Díaz Ayuso, zum Opfer fiel.
Núñez Feijóo hält nach eigenen Worten nichts von dem extrem aggressiven Kurs Casados. „Ich bin nicht gekommen, um Pedro Sánchez zu beschimpfen, sondern um Pedro Sánchez zu besiegen“, sagte der 60-Jährige, der in der konservativen Hochburg Galicien viermal die absolute Mehrheit holte. Er deutete an, die Regierung in Staatsangelegenheiten zu unterstützen und möglicherweise die Blockade Casados bei der Erneuerung von Verfassungsorganen der Justiz aufzuheben.
Núñez Feijóo wurde in der galicischen Provinz Ourense geboren. Er studierte Jura in Santiago de Compostela und trat 1985 in den Staatsdienst ein. Erfahrungen in der Privatwirtschaft hat er nicht. Seine politische Karriere begann als hoher Leiter im galicischen Landwirtschaftsministerium und später im Gesundheitsministerium. Der konservative spanische Ministerpräsident José María Aznar holte ihn 1996 nach Madrid, zunächst als Chef der Gesundheitsbehörde Insalud und dann der spanischen Post.
Núñez Feijóo kehrte 2003 in die Heimat zurück und wurde Bauminister unter dem Regierungschef Manuel Fraga, dem früheren Franco-Minister und Gründer der PP. Als dessen Nachfolger gewann er in Galicien 2009 die erste absolute Mehrheit.
Der neue Oppositionsführer will die Partei in der Mitte verankern. Doch stellt sich dabei das Problem des Umgangs mit der rechtsextremen Vox. In Kastilien und León haben sich die Konservativen gerade zum ersten Mal auf eine Koalitionsregierung mit den Radikalen geeinigt, ein Tabubruch, der auch von europäischen Parteifreunden getadelt wurde. Núñez Feijóo verwies darauf, dass diese Einigung vor seiner Wahl zum Parteichef zustande kam, wollte sich aber nicht weiter festlegen.