Chefwechsel

Nidec-Gründer nimmt Zepter wieder selbst in die Hand

Überraschender Chefwechsel beim japanischen Elektronikriesen Nidec. Der Gründer Shigenobu Nagamori übernimmt vorübergehend wieder das Ruder.

Nidec-Gründer nimmt Zepter wieder selbst in die Hand

Von Martin Fritz, Tokio

Der Gründer und Chairman des japanischen Elektronikriesen Nidec, Shigenobu Nagamori, übernimmt vorübergehend wieder die Leitung seiner Gruppe. Der 77-Jährige hatte vor knapp einem Jahr den früheren Nissan-Manager Jun Seki (60) zu seinem Nachfolger als CEO ernannt und sich auf die Leitung des Verwaltungsrates beschränkt. Nun muss Seki sich wieder auf seinem alten Posten als COO bewähren. „Ehrlich gesagt, ich bin enttäuscht“, erklärte Nagamori seine Rückkehr ins operative Geschäft. Die Aussage bezog sich sowohl auf den Rückgang des Betriebsgewinns im abgelaufenen Quartal um 17% auf 36,9 Mrd. Yen (265 Mill. Euro) als auch auf den Einbruch des Aktienkurses im vergangenen Jahr um über ein Drittel. Nagamori räumte ein, sein Schritt sei ungewöhnlich, aber er habe sich zum Eingreifen gezwungen gefühlt. „Ich beobachtete den Kurs täglich und dachte, das sei unmöglich“, sagte der Nidec-Chef. „Es war so frustrierend, dass ich am liebsten einen Stein geworfen und den Bildschirm zerschlagen hätte.“ Nagamori hatte Nidec 1973 in Kyoto gegründet und ist mit 8,4% der größte Einzelaktionär. Zwar war der Umsatz in den ersten drei Monaten dieses Jahres um 18% gewachsen, aber Nidec gab die gestiegenen Rohstoffpreise nur teilweise an die Kunden weiter. Außerdem führte die Pandemie-Bekämpfung in China zu Unterbrechungen der Produktion.

Nach Gerüchten über ein Zerwürfnis hatten Nagamori und Seki noch im Januar betont, dass sie weiter eng zusammenarbeiten. Den abrupten Wechsel erklärte der Gründer nun mit dem „Notfall“, dass Seki dieser Krise nicht gewachsen sein. Der degradierte Manager erhält nun drei Jahre Zeit, um das Geschäft mit Elektromotoren wieder profitabel zu machen und den „schnellen Management-Stil“ von Nidec einzuüben.

Seki wechselte vor zwei Jahren von Nissan zu Nidec, wurde im Juni 2020 Präsident und COO und im Juni 2021 dann CEO. „Ich erwarte, dass er sich diese Position in drei Jahren wieder verdient“, sagte Nagamori. Der direkt daneben sitzende Seki gestand, er sei frustriert davon, dass er der Herausforderung nicht gewachsen gewesen sei. Aber nun wolle er sich beweisen.

Nidec wurde mit Feinmotoren für Computer-Festplatten groß und expandiert seit Jahren in das Geschäft mit anderen Elektromotoren. Dafür kaufte Nagamori auch mehrere deutsche Unternehmen. Bis 2030 will Nidec bei kompakten, energiesparenden Elektromotoren (E-Axle) 40 bis 45% vom Weltmarkt erobern. Das E-Axle-Modell von Nidec kam 2021 im chinesischen Markt auf einen Anteil von 27%.

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