Osterloh bestreitet Einfluss auf Entgeltfindung
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Reuter
Im Strafprozess um möglicherweise überhöhte Betriebsratsgehälter bei Volkswagen hat Ex-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh jeden Einfluss auf seine eigene Bezahlung verneint. „Ich war an keiner Entgeltfindung, die meine Person betrifft, beteiligt“, sagte der 65-Jährige als Zeuge am dritten Verhandlungstag vor dem Landgericht Braunschweig.
Die Staatsanwaltschaft wirft zwei früheren Vorstandsmitgliedern und zwei Personalmanagern von VW vor, zwischen 2011 und 2016 fünf Betriebsräten, darunter Osterloh, überhöhte Gehälter und Boni gewährt zu haben. Nach Auffassung der Anklage sollen die Manager im Widerspruch zum Betriebsverfassungsgesetz bei der Bestimmung des Gehalts der Arbeitnehmervertreter bewusst eine unzutreffende Vergleichsgruppe zugrundegelegt haben. Den VW dadurch entstandenen Schaden beziffern die Ermittler auf rund 5 Mill. Euro, gut 3 Mill. davon entfallen demnach auf die ungerechtfertigte Vergütung des Konzernbetriebsratschefs. Osterlohs Gesamtgehalt war nach dessen Angaben durch Bonuszahlungen in einem Jahr auf 750000 Euro gestiegen.
Die Angeklagten haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Sie hätten die Bezahlung freigestellter Betriebsräte nach den bei Volkswagen geltenden Grundsätzen festgelegt, erklärten sie in dem vor zwei Wochen begonnenen Verfahren.
Auf Fragen des Richters schilderte Osterloh seinen beruflichen Werdegang bei dem Wolfsburger Autobauer seit 1977 und die erworbenen Qualifikationen. Angebote, ins Personalmanagement zu wechseln, habe er regelmäßig abgelehnt. Es sei ihm immer darum gegangen, die Interessen der Kolleginnen und Kollegen zu vertreten. Er schilderte, dass der damalige Personalvorstand Horst Neumann ihm 2015 angeboten habe, sein Nachfolger zu werden. Ein Jahr zuvor sei bereits der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch mit dieser Offerte an ihn herangetreten. „Ich hätte nur ja sagen müssen, dann wäre das umgesetzt worden“, sagte Osterloh. Er habe dies jedoch abgelehnt. Ihm sei es darum gegangen, Verantwortung für die Beschäftigten zu übernehmen, dabei das Wohlergehen des Konzerns aber nicht aus den Augen zu lassen. „Man kann eine Kuh nur melken, wenn sie Milch gibt.“ Gute Tarifverträge seien nur möglich, wenn ein Unternehmen mehr Geld verdiene.
Ausführlich beschrieb Osterloh dem Gericht die bei Volkswagen besonders ausgeprägte Mitbestimmung. Dadurch können wichtige Entscheidungen nicht gegen den Betriebsrat und das mit 20% am Unternehmen beteiligte Land Niedersachsen durchgesetzt werden. Der Ex-Betriebsratschef sprach in diesem Zusammenhang von einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmervertretung, Vorstand und Aufsichtsrat. Kritiker bezeichnen dies auch als „VW-System“ und werfen Volkswagen mangelnde Transparenz vor.
In dem Untreue-Prozess vor dem Landgericht hat Volkswagen die Rolle des Geschädigten. Der Konzern hat allerdings auch ein Interesse daran, dass die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Betriebsratsvergütung geklärt werden. Nach Auffassung der Wolfsburger ist das Betriebsverfassungsgesetz in vielen Punkten ungenau und nicht mehr zeitgemäß. Es berücksichtigte etwa nicht, dass freigestellte Arbeitnehmervertreter über besondere Qualifikationen verfügten und vielfach auf eine „Sonderkarriere“ zurückblickten. Sie agierten teilweise auf „Augenhöhe mit Managern“.
Osterloh sah sich in seiner Zeit als Betriebsratschef als „Co-Manager“ – ohne ihn waren bei Volkswagen kaum wichtige Entscheidungen möglich. Er saß nach eigenen Angaben in insgesamt zwölf Aufsichtsräten in der VW-Welt. Als wichtigste Entscheidungen unter seiner Mitwirkung nannte er den Erhalt des VW-Gesetzes im Kampf gegen den Versuch von Porsche, Volkswagen zu übernehmen, sowie den Zukunftspakt, mit dem die Marke VW nach dem Dieselskandal den Personalabbau durch Altersteilzeitregelungen abfederte und den Weg in die Elektromobilität vorzeichnete. Im April gab Osterloh nach 16 Jahren den Vorsitz der Arbeitnehmervertretung ab, um Personalvorstand der VW-Nutzfahrzeugtochter Traton zu werden.