Zahltag für Mike Lynch
Zahltag für Mike Lynch: Darktrace findet Käufer
hip London
Von Andreas Hippin, London
Für Mike Lynch (58) ist das 4,2 Mrd. Pfund schwere Angebot des Finanzinvestors Thoma Bravo für das IT-Sicherheitsunternehmen Darktrace zur richtigen Zeit gekommen. Der britische Seriengründer steht derzeit in den Vereinigten Staaten vor Gericht. Gute Anwälte sind teuer. Obwohl seine Frau Angela Bacares und er ihre Beteiligung in den vergangenen Monaten reduziert haben, gehören ihnen immer noch rund 7% an der börsennotierten Gesellschaft. Kommt der Deal mit Thoma Bravo zustande, winken ihnen rund 300 Mill. Pfund.
Höheres Angebot möglich
Es ist bereits der zweite Anlauf von Thoma Bravo. Es könnte aber auch noch ein bisschen mehr werden. Der Analyst Harvey Robinson von Panmure Gordon hält es für möglich, dass ein Unternehmen aus der Branche wie etwa Palo Alto Networks ein höheres Angebot abgeben könnte.
„Ausgefeilter, vielschichtiger Betrug“
Lynch war der prominenteste Geschäftsmann seit den „Natwest 3“, der von Großbritannien unter dem von Tony Blair abgeschlossenen Auslieferungsabkommen in die USA überstellt wurde. Im Rahmen des Enron-Skandals wurden 2006 die Banker David Bermingham, Giles Darby und Gary Mulgrew an die Vereinigten Staaten ausgeliefert. Im März begann in San Francisco der Prozess gegen Lynch, dem die Anklage „ausgefeilten, vielschichtigen Betrug über Jahre hinweg“ vorwirft. Seine Anwälte argumentieren, in den beanstandeten Transaktionen spiegele sich die Komplexität des Geschäftsalltags der Firma wider.
Apotheker stieg ab
Hewlett-Packard (HP) hatte die von Lynch gegründete Autonomy im Sommer 2011 für 11,7 Mrd. Dollar übernommen. Die Reue nach dem Kauf setzte schnell ein. Der IT-Konzern war der Meinung, einen zu hohen Preis bezahlt zu haben. Eingefädelt hatte den Deal der damalige HP-Chef Léo Apotheker. Der Board ersetzte ihn schnell durch die frühere Ebay-Chefin Meg Whitman.
Langanhaltender Rechtsstreit
Es wurde teuer: 8,8 Mrd. Dollar schrieb HP im November 2012 auf Autonomy ab und behauptete, in die Irre geführt worden zu sein. Von den 8,8 Mrd. Dollar seien 5 Mrd. auf Unregelmäßigkeiten bei der Bilanzierung zurückzuführen gewesen. Die juristischen Auseinandersetzungen laufen seitdem.
Kind einfacher Verhältnisse
Lynchs Vater war Feuerwehrmann, seine Mutter Krankenschwester. Mit elf Jahren erhielt er ein Stipendium für die edle Bancroft’s School in Woodford. Danach studierte er Naturwissenschaften in Cambridge. Weil er sich für Elektrotechnik interessierte, fand er einen Mentor: Peter Rayner vom Zentrum für Signalverarbeitung der Universität. In seiner Doktorarbeit beschäftigte sich Lynch mit adaptiven Technologien der Signalverarbeitung.
Computergestützte Fingerabdruckerkennung
Ende der 1980er Jahre gründete Lynch sein erstes Unternehmen. Lynett Systems entwickelte Synthesizer für die Musikindustrie. Er erfand unter anderem den Lynex, einen Sampler für den Atari ST. 1991 brachte er Cambridge Neurodynamics an den Start. Die Firma befasste sich mit computergestützter Fingerabdruckerkennung. Die South Yorkshire Police gehörte zu den Interessenten.
KI-Pionier
1996 folgte Autonomy als Ausgliederung. Das Unternehmen sicherte sich unter der Führung von Lynch unter anderem Interwoven. Die Software von Autonomy war in der Lage, große Textmengen zu durchforsten. Ihre Methode gehört inzwischen zu den Standardverfahren beim Datamining. Zur Jahrtausendwende brachte Lynch das Unternehmen an die Börse. Im gleichen Jahr wurde es in den Standardwerteindex FTSE 100 aufgenommen.
Autonomy-Gründer Mike Lynch auf dem Weg zum Bundesgericht in San Francisco.