Trumps Vize-Kandidat J.D. Vance: Polit-Chamäleon mit hohen Ambitionen
Polit-Chamäleon mit hohen Ambitionen
det Washington
Die Fähigkeit zum politischen Wandel ist James David (J.D.) Vance (39), der gute Chancen hat, der nächste US-Vizepräsident zu werden, nicht abzusprechen. Früher ein überzeugter Vertreter der „Niemals Trump“-Bewegung, zählt der junge Senator aus Ohio heute zu Trumps glühendsten Verehrern. Kein Wunder, dass der republikanische Spitzenkandidat den Senator, der sich als „konservativer Populist“ versteht, im Falle eines Wahlsiegs an seiner Seite haben will.
Amerikanische Erfolgsstory
Der Tausendsassa verkörpert die typisch amerikanische Erfolgsgeschichte. Mit weniger als 40 Jahren hat er Karrieren als Jurist, Tech-Unternehmer, dann Schriftsteller und schließlich Politiker gemacht. Der Sohn eines armen Kohlearbeiters aus Kentucky, der als John Donald Bowman geboren wurde, trat nach seinem Abitur dem United States Marine Corps bei. Damit wollte er der Gewalt im Elternhaus und der Drogensucht seiner Mutter entfliehen. Danach studierte er in seiner Wahlheimat Ohio und promovierte als Jurist an der renommierten und politisch liberalen Yale-Universität.
Bestseller-Autor
Wenige Jahre danach verabschiedete sich der heute dreifache Vater aber von der Jurisprudenz und zog ins Silicon Valley. Dort arbeitete er unter dem deutsch-amerikanischen Tech-Unternehmer Peter Thiel. Für Schlagzeilen sorgte Vance 2016 mit „Hillbilly Elegy“, das lange Zeit auf mehreren Bestseller-Listen stand. Darin berichtet er von dunklen Episoden seiner Jugend, die von häuslicher Gewalt und Opioidmissbrauch geprägt war. Auch geht er auf den Verfall der Kohleindustrie in Kentucky ein. Er beschreibt zudem die wirtschaftliche Misere, die dadurch entstand und maßgeblich zur Drogenepidemie beitrug. Die „New York Times“ beschrieb 2017 „Hillbilly Elegy“ als „eines der besten Bücher, um Trumps Wahlsieg zu verstehen“.
Vom Gegner zum Anhänger
Bis Trump im November 2016 sensationell gegen die favorisierte Demokratin Hillary Clinton gewann, belächelte Vance den Immobilienunternehmer als „kulturelles Heroin“. Trump diene den Wählern als „Flucht vor dem Schmerz“, meinte er. Auch reichten Trumps politische Ideen von „unmoralisch bis absurd“, schimpfte Vance. Da er aber selbst mit einem Wechsel von der Tech-Industrie und literarischen Welt in die Politik liebäugelte, mutierte der Multimillionär schnell zu einem „Trumpist“. Im Senat, wo er seit Januar 2023 seine Wahlheimat vertritt, hat er den früheren Präsidenten sowie die meisten seiner politischen Positionen kraftvoll verteidigt.
Vehementer Abtreibungsgegner
So wettert Vance gegen illegale Immigranten und fordert ebenso wie Trump, dass die Mauer entlang der mexikanischen Grenze fertiggestellt wird. Auch plädiert er für Steuersenkungen sowie Deregulierung und lehnt weitere Ukraine-Hilfen ab. Vance ist überzeugt, dass der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht umhinkommt, Gebiete an Russland abzutreten. Vance könnte sich aber in den kommenden Monaten auch als politische Hypothek herausstellen. Als strikter Gegner von Abtreibungsrechten und Ehen zwischen Gleichgeschlechtlichen könnte er nämlich Wechselwähler – insbesondere politisch moderate „suburban moms“ – in die Flucht schlagen.