Schweden

Riksbank vollzieht in turbulenter Zeit Führungs­wechsel

Seit 2006 steht Stefan Ingves an der Spitze der schwedischen Zentralbank. Jetzt aber soll absehbar Schluss sein: der 69-Jährige scheidet zum Jahresende aus – sein Nachfolger steht bereits fest.

Riksbank vollzieht in turbulenter Zeit Führungs­wechsel

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Schwedens Zentralbankchef Stefan Ingves gehört ohne Frage zu den Urgesteinen in der globalen Zentralbankwelt – und zu den prominentesten Notenbankern. Seit 2006 steht der heute 69-Jährige an der Spitze der Riksbank. Jetzt aber soll absehbar Schluss sein: Ingves scheidet zum Jahresende mit Ende seines Mandats aus und übergibt das Amt zum 1. Januar 2023 an Erik Thedéen (58), aktuell Leiter der schwedischen Finanzaufsicht. Das teilte die Notenbank am Freitag mit.

Die Ankündigung kommt nur wenige Wochen nach einer spektakulären Kehrtwende der Riksbank. Ende April beendete die Notenbank überraschend ihre jahrelange Nullzinspolitik und hob den Leitzins auf 0,25% an. Die Währungshüter rea­gierten damit auf die rasch steigende Inflation, die von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs weiter angeheizt wird. Der Beschluss kam unerwartet, weil die Riksbank noch im Februar ein Festhalten am Nullzins bis ins Frühjahr 2024 bekräftigt hatte.

Damit ist auch sogleich die Gratwanderung angerissen, vor der Thedéen stehen wird: Bislang gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Inflation nachlässt. Zugleich zieht sich der Ukraine-Krieg hin, der auch die Wachstumsaussichten belastet. Thedéen muss nun im Kampf gegen die Inflation eine Normalisierung der Geldpolitik vorantreiben, ohne dabei die Konjunktur abzuwürgen.

Thedéen ist seit 2015 Generaldirektor der schwedischen Finanzaufsichtsbehörde und verfügt über einen langen beruflichen Hintergrund im Finanzsektor in Schweden und im Ausland. Er hat einen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften und Betriebswirtschaftslehre von der Stockholm School of Economics.

Thedéen tritt in große Fußstapfen: Ingves’ Prominenz erklärt sich auch damit, dass er in einer zentralen geldpolitischen Debatte stets klar Position bezogen hat – bei der Frage, ob auch die Zentralbanken mit den Leitzinsen gegen den Aufbau von Blasen und Exzessen im Finanzsystem vorgehen sollten. Ja, sagt Ingves. Der Kampf der Riksbank gegen finanzielle Risiken am Häusermarkt mittels Zinserhöhungen ab 2010 gilt aber vielen als verfehlt. Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman geißelte die Politik als „Sadomonetarismus“.

Lange Jahre war Ingves, der meist sehr nüchtern, aber stets freundlich auftritt, auch Vorsitzender des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht. In dem Gremium entwickeln Notenbanker und Aufseher aus derzeit 28 Ländern internationale Regeln zur Bankenaufsicht – wie unter anderem das Regelwerk Basel III.

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