Britische Regierung

Rishi Sunak fürchtet den „Strudel des Chaos“

Frostige Zeiten in der Downing Street: Schatzkanzler Rishi Sunak, der im Haus mit der Nummer 11 residiert, versucht, Abstand von seinem Nachbarn Boris Johnson zu gewinnen.

Rishi Sunak fürchtet den „Strudel des Chaos“

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Das Verhältnis zwischen Schatzkanzler Rishi Sunak (41) und Premierminister Boris Johnson (57) hat sich weiter abgekühlt, seitdem sich Sunak für das Vorgehen der Regierung im Streit um die Korruptionsvorwürfe gegen den prominenten Brexiteer Owen Paterson entschuldigt hat. Die „Daily Mail“ brachte einen möglichen Rücktritt des Tory-Hoffnungsträgers ins Spiel, sollte er gezwungen sein, seinen Berater Liam Booth-Smith zu opfern, der die mediale Berichterstattung hinter den Kulissen ein bisschen zu engagiert beeinflusst haben soll. Es könne zu einer Wiederholung des „Falls Sajid“ kommen, zitiert das Blatt Verbündete des Schatzkanzlers. Der derzeitige Gesundheitsminister Sajid Javid hatte sein vorheriges Amt als Schatzkanzler niedergelegt, als er sich auf Weisung von Johnsons damaligem Strategen Dominic Cummings von seinen Beratern trennen sollte. Sunak sei „zunehmend frustriert“ über die mangelnde Professionalität der Johnson-Entourage und wolle nicht in den „Strudel des Chaos“ hineingezogen werden, berichtete die „Times“.

Zwietracht ist üblich

Auf das Paterson-Debakel folgte das Gesundheits- und Pflegegesetz, mit dem die Tories ihr Wahlversprechen brachen, dass niemand gezwungen sein werde, sein Haus zu verkaufen, um im Alter seine Pflegekosten bezahlen zu können. Zuletzt strich die Regierung auch noch ihre Ausbaupläne für das Hochgeschwindigkeitsbahnnetz HS2 zusammen – auf Kosten der Menschen im Norden Englands, die zuletzt massenhaft von Labour zu den Tories übergelaufen waren.

Zuvor stritt man sich in der Regierung über die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie. Im August hatte Johnson der „Sunday Times“ zufolge eine Degradierung Sunaks zum Gesundheitsminister ins Spiel gebracht, nachdem er sich vor Mitarbeitern darüber aufgeregt hatte, dass ein Schreiben Sunaks an ihn den Weg in die Presse gefunden hatte. Sunak hatte darin eine Lockerung der Reisebeschränkungen gefordert, die der britischen Wirtschaft schaden. Händel zwischen Premier und Schatzkanzler ist in Großbritannien nicht ungewöhnlich. Nur David Cameron und George Osborne pflegten ein enges und vertrauensvolles Verhältnis. Tony Blair und Gordon Brown hatten dagegen nicht viel füreinander übrig. Ihre Spindoktoren taten alles, um den jeweils anderen in der Öffentlichkeit schlecht aussehen zu lassen. Zwischen Theresa May und Philip Hammond herrschte Unterkühlung, obwohl Hammond, anders als Brown, keinerlei Interesse hatte, selbst Premier zu werden. Sunak meldete zwar bislang kein In­teresse an Johnsons Posten an, wird aber als möglicher Nachfolger ge­handelt. Unter Parteimitgliedern er­freut er sich den Umfragen auf der Web­site Conservative Home zufolge großer Beliebtheit. Zu Sunaks Förderern gehört der ehemalige Außenminister William Hague.

Sunak ist Vater zweier Töchter, studierte Philosophie, Politik und Wirtschaft in Oxford und schob mit Hilfe eines Fulbright-Stipendiums einen MBA an der Stanford University nach. In Kalifornien begegnete er seiner Frau Akshata. Sie ist die Tochter von Nagavara Ramarao Narayana Murthy, Mitgründer des IT-Dienstleisters Infosys. Vor seiner Politkarriere arbeitete er für Goldman Sachs.