Ruhestand

Schackmann-Fallis verlässt den DSGV nach 18 Jahren

Karl-Peter Schackmann-Fallis geht nach 18 Jahren an der DSGV-Spitze in den Ruhestand. Der 67-Jährige blickt auf eine bewegte Biografie in Wirtschaft und Politik zurück.

Schackmann-Fallis verlässt den DSGV nach 18 Jahren

Von Tobias Fischer, Frankfurt

18 Jahre in der DSGV-Verbandsleitung, Staatssekretär in zwei Bundesländern, Tätigkeiten in SPD-Bundestagsfraktion und -Parteivorstand, Referatsleiter im Bundeswirtschaftsministerium, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Trier, jüngst mit französischem Verdienstorden ausgezeichnet: Wenn Karl-Peter Schackmann-Fallis formal am 31. Oktober Abschied nimmt vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und aus der engen Taktung seines Terminkalenders ausbricht, dürfte er endlich die Zeit finden, auf die sehr unterschiedlichen Facetten seines 43 Jahre währenden beruflichen Lebens zurückzublicken. Nicht nur gedanklich. Die vielen, vielen Fotos, wie er sagt, müssten endlich mal sortiert werden. Und irgendwann digitalisiert.

„Ruhestand“ ist unrealistisch

Das hat aber Zeit. Nur einen Vorsatz hat sich der 67-Jährige vorerst vorgenommen: sich keine Vorsätze zu machen. „Ich möchte mich erstmal einigen Hobbys widmen, die ich schnöde vernachlässigt habe, und dann weitersehen. Ich vermeide den Begriff ,in den Ruhestand gehen‘, weil ich das für irreal halte. Allerdings nehme ich Abschied vom DSGV.“ Dort hat seine Nachfolgerin, die frühere KPMG-Partnerin Karolin Schriever, Anfang September die Arbeit als Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des DSGV aufgenommen. Am 1. Oktober übernimmt sie dann ganz offiziell Schackmann-Fallis’ Aufgaben, die Zuständigkeit für das Dezernat Wirtschaft, Politik und Banksteuerung. In der dreiköpfigen Verbandsleitung nimmt sie Platz neben DSGV-Präsident Helmut Schleweis und dem Geschäftsführenden Vorstandsmitglied Joachim Schmalzl.

Einmal jährlich „Bundesbiker“

Lebensmittelpunkt des gebürtigen Trierers Schackmann-Fallis ist seit einem Vierteljahrhundert Potsdam. Dort lebt er mit seiner Frau, den beiden Töchtern und sechs Enkelkindern. Ist er familiär nicht eingespannt, treibt Schackmann-Fallis Sport, fährt Rad und befasst sich mit Kunst. Auch Motorradfahren gehört zu den potenziell bald wieder häufiger praktizierten Freizeitaktivitäten. Wann immer es ging, habe er sich zumindest an der jährlichen Tour der sogenannten Bundesbiker, die ursprünglich aus der Motorradsportgruppe des Bundestages hervorgegangen waren, beteiligt.

Ob in Freizeit oder Berufsleben, Gemeinsamkeiten mit Wettbewerbern zu suchen ist etwas, das Schackmann-Fallis auszeichnet. „Es ist mir immer wichtig gewesen, die Gemeinsamkeiten in der Deutschen Kreditwirtschaft zu stärken. Über alle drei Säulen hinweg ist uns dies oft gut gelungen“, sagt er rückblickend.

Dieser Hang zur Kooperation kam ihm auch im eigenen Hause zugute, ist die Sparkassen-Finanzgruppe doch bekannt für ihre Vielschichtigkeit und Komplexität. Was Wunder, dass er die Zeit dort als aufreibendste seiner Karriere beschreibt. Das verlangt ihm moderierende wie diplomatische Fähigkeiten und jede Menge Langmut ab. Außerdem, erklärt er, müsse man wissen, wohin man will. Oft komme man aber nicht „auf geradem Weg“ dorthin. „Die Aufgabe im DSGV ist ja, die Strategie für die Gruppe festzulegen, dies aber mit allen Seiten abzustimmen“, berichtet Schackmann-Fallis über sein Tun. „Das heißt, wir müssen sehr viel Überzeugungsarbeit leisten und Impulse von Mitgliedern aufnehmen. Das ist eine erhebliche Moderationstätigkeit. Die Zusammenarbeit ist sehr intensiv und meistens auch konstruktiv.“

Nach 18 Jahren an oberster Stelle der Sparkassenorganisation und jahrelangen Funktionen etwa als Aufsichtsratsvorsitzender von S-Rating und Verwaltungsratsmitglied der Helaba resümiert er: „Ich freue mich sehr, dass es die S-Finanzgruppe trotz interner Interessengegensätze und unterschiedlicher Positionierungen immer wieder schafft, vernünftige Kompromisse zu finden. Das ist absolut nicht selbstverständlich und macht mich optimistisch für die Zukunft.“ Beim Blick auf die Finanzgruppe werde manchmal übersehen, dass es „ein gut funktionierendes und sehr fachkundiges Räderwerk“ gibt. Wie viel Zeit er in all den Jahren Pi mal Daumen in Gremien verbracht hat, beschreibt er so: „An etwa der Hälfte der Arbeitstage eines Jahres findet irgendein Gremium statt. Mal kürzer, mal länger.“

Von Frankreich ausgezeichnet

Für den nahe Luxemburg und Frankreich aufgewachsenen Schackmann-Fallis hat die Europäische Union und hier vor allem die deutsch-französische Zusammenarbeit be­sondere Bedeutung und hat ihm den Ordre national du Mérite eingebracht. Der Orden eines Ritters im Nationalen Verdienstorden Frankreichs wurde ihm im März in der französischen Botschaft in Berlin verliehen, um sein Engagement für die deutsch-französischen Beziehungen, vor allem im finanzpolitischen Bereich, zu würdigen. Von der Entscheidung, ihn mit dem einem deutschen Bundesverdienstkreuz vergleichbaren Orden zu ehren, sei er überrascht worden, sagt Schackmann-Fallis. Wer ihn dafür vorgeschlagen hat, sei unklar.

Fakt ist, dass er den deutsch-französischen Finanzdialog zwischen der Deutschen Kreditwirtschaft einerseits und der Bankiervereinigung Fédération Bancaire Française andererseits initiiert hat. „Daraus haben sich vielfältige Netzwerke und Kontakte entwickelt, die nicht nur im Interesse der Bankenverbände, sondern der bilateralen Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland liegen. Das ist wohl irgendwann der französischen Seite aufgefallen. Und da ich das Vergnügen hatte, die ganze Sache anzustoßen, habe ich dann wahrscheinlich stellvertretend für viele andere diesen Orden bekommen.“

Die europäische Zusammenarbeit und die friedensstiftende Rolle Europas habe ihn von jungen Jahren an begeistert und nach dem Studium im Zuge eines Robert-Schuman-Stipendiums zum wissenschaftlichen Dienst des Europäischen Parlaments in Luxemburg gebracht, erzählt er. Ganz spannungsfrei war das Verhältnis zu Europa dennoch nicht immer, insbesondere dann, wenn es um Finanzregulierung durch die EU geht. Die begleitet Schackmann-Fallis seit seinem Eintritt in den DSGV im November 2004 in besonderem Maße, später gesellte sich noch das Thema europäische Einlagensicherung als einer größten Reibungspunkte mit Brüssel hinzu. „Die Kreditwirtschaft wird inzwischen mit einer überbordenden Regulatorik konfrontiert“, kritisiert er. „Gerade für die kleinen und mittleren Institute ist diese eine große Belastung und damit ein operationelles Risiko geworden.“

EU fremdelt mit Sparkassen

Damit ist die Sorge verbunden, dass die Sparkassen aufgrund ihrer Besonderheit als eher kleinere, regional verankerte Institute im Bemühen Brüssels um die Vollendung der Banken- und der Kapitalmarktunion unter die Räder geraten. „Was ich zunehmend beobachtet habe, ist, dass die EU versucht, nicht nur zu harmonisieren, sondern überall gleiche Strukturen zu schaffen. Dann steht natürlich auch schnell das Leitbild eines kapitalmarktorientierten Bankgeschäfts im Vordergrund. Das ist eine dauernde Diskussion.“ Verständnis für das auf drei Säulen basierende Bankenmodell Deutschlands und vor allem für Sparkassen vermissen viele Vertreter seiner Zunft. Sein Bemühen, sagt Schackmann-Fallis, sei es gewesen, in Brüssel das Sparkassenmodell immer wieder zu erläutern und dafür zu werben. Sein Fazit nach all den Jahren: „Ich glaube, es wird verstanden, aber nicht immer akzeptiert.“

Zweimal Staatssekretär

Als der Sozialdemokrat, der in den 80er und 90er Jahren in der SPD-Bundestagsfraktion und im Parteivorstand agierte, nach seiner Zeit als Staatssekretär, 1998 bis 2001 im Finanzministerium Sachsen-Anhalts und im Anschluss bis 2004 in Brandenburg, zum Sparkassenverband wechselte, stand gerade die Umsetzung von Basel II an. „Mit Basel II wurden schon einige Regeln verankert, die für die Sparkassen sehr wichtig sind. So wurde im Prinzip das Verbundsystem der Sparkassen in Europa durch die Nullanrechnung gruppeninterner Kredite eingeführt“, erinnert sich Schackmann-Fallis. „Bis dahin kannten europäische Institutionen nur entweder autonome Einzelunternehmen oder Konzerne.“ Kreditvergaben innerhalb des Sparkassen-, aber auch des Genossenschaftsverbundes mussten dann nach einer Entscheidung der Finanzaufsicht BaFin vom Jahr 2007 an nicht mehr mit Eigenkapital unterlegt werden.

Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm während seiner Zeit im DSGV zudem die Tätigkeit in der sogenannten Inter-Institutional Mo­netary Group, einer sechsköpfigen Expertengruppe der EU, deren stellvertretender Vorsitzender er von 2005 bis 2007 war. Von den sechs Mitgliedern stammten je zwei vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission, wobei er vom Parlament gewählt worden sei. „Wir haben einen Vorschlag ge­macht, um den die europäische Politik ständig durchziehenden Konflikt, nämlich zwischen Zentralisierung in Brüssel und dem Erhalt von Spielräumen in den Mitgliedstaaten und den Regionen, zu entschärfen.“ Der abgelieferte Bericht habe allerdings nicht das Wohlwollen der Kommission gefunden, sagt Schackmann-Fallis. „Sie hat den Report in die Schublade gelegt.“

Optimistisch zeigt er sich, was die Rolle der EU in der Welt angeht. Sie werde sich global behaupten können. Allerdings sei dafür eine enge Zusammenarbeit zwischen den größten Mitgliedstaaten, aber gerade auch den Gründern wie den Benelux-Ländern, nötig. „Der brutale Überfall Russlands auf die Ukraine macht ganz Europa deutlich, wie wichtig es ist zusammenzustehen.“ Außen- und nun auch Verteidigungspolitik stünden hier im Vordergrund. „Denn so, wie sich die Staaten der Welt derzeit sortieren, kann kein Mitgliedsland der EU allein bestehen.“

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