Scholz' unerschütterlicher Glaube an seine Wiederwahl
Scholz' unerschütterlicher Glaube an seine Wiederwahl
Von Andreas Heitker, Berlin
Gleich die erste Frage der fast zweistündigen Sommerpressekonferenz hatte den nötigen „Hallo-wach“-Effekt: Ob er sich für die nächste Bundestagswahl denn noch als den richtigen Kanzlerkandidaten seiner SPD sehe, wurde Olaf Scholz gefragt. Oder ob er angesichts der Umfragewerte nicht dem Vorbild des US-Präsidenten Joe Biden folgen wolle? Scholz dankte für die „überaus nette und freundliche Frage", was für erste Lacher sorgte, und stellte dann klar: „Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden.“
Das Image der von ihm geführten Ampel-Koalition scheint kaum noch reparierbar. Die SPD ist in Umfragen weit vom Wahlergebnis 2021 entfernt. Und auch seine eigenen Zustimmungswerte liegen regelmäßig hinter denen von CDU-Chef Friedrich Merz. Doch Scholz Glaube an die Wiederwahl ist weiterhin unerschütterlich: „Meine Überzeugung ist, dass wir, wenn es wieder zu Wahlen kommt für den Deutschen Bundestag, die Sache gedreht bekommen haben werden.“ Und die schlechten Umfrageergebnisse seien ohnehin nur „ein Ansporn“. Überzeugen müsse man die Menschen durch Taten und durch Klarheit.
Vor seinem dreiwöchigen Sommerurlaub, der am Wochenende beginnt, versucht der Kanzler in der Bundespressekonferenz noch einmal das Bild des Machers von sich selbst zu zeichnen, der die Merkel-Phase des Stillstands überwindet: Es sei wichtig gewesen, vom Sprücheklopfen der letzten Jahre wegzukommen, sagt der 66-Jährige zu den jüngsten Initiativen zum Bürokratieabbau und zur Planungsbeschleunigung. In der Flüchtlingspolitik habe er entschieden, dass mit dem Schlendrian Schluss gemacht werden müsse. Scholz nennt sich selbst „Mister Mindestlohn“. Und zu seiner Rolle bei den jüngsten Haushaltsverhandlungen passt noch einmal der Spruch, wer bei ihm Führung bestelle, bekomme sie auch.
Immer wieder wird Scholz zum Wahlkampf in den USA gefragt, zu dem er sich wohlweislich zurückhält, und zur diplomatisch heiklen Situation im Nahen Osten, zu der er bekannte Positionen wiederholt. Innenpolitisch hat der Haushalt Priorität, das Bürgergeld und die Flüchtlingspolitik. Die EU, die aktuell ein neues Kapitel aufschlägt, kommt in der Pressekonferenz in Berlin nur einmal in Form des Verbrenneraus vor. Der Krieg in der Ukraine spielt ebenso wenig eine größere Rolle wie die anstehenden Landtagswahlen im Osten, bei denen den Sozialdemokraten das nächste Debakel droht.
Nach der Sommerpause ist es noch gut ein Jahr bis zur nächsten Bundestagswahl. Die SPD steht nach Einschätzung von Scholz geschlossen hinter seiner Politik. Und den Aufbau eines Nachfolgers? Er sei sich sicher, dass die Partei am Ende der nächsten oder übernächsten Legislatur soweit sei, sagt der Kanzler.
Gibt es noch ein großes Ampel-Projekt? Der Kanzler bleibt im Ungefähren: Er spricht von einem Standort, der technologisch vorne dabei bleiben müsse und in dem sich weitere Unternehmen ansiedelten. Ein wenig Bürokratieabbau soll noch dazu kommen. Auch in der Wohnungspolitik soll noch etwas geschehen. Es hört sich nicht nach einem großen Befreiungsschlag für die Koalition an. Dass im Haushaltsentwurf noch eine zweistellige Milliardenlücke klafft, beunruhigt den früheren Finanzminister nicht. Diese Aufgaben seien lösbar, sagt er. Ohnehin findet es Scholz „bemerkenswert“, dass die drei Ampel-Parteien beim Haushalt schon so weit gekommen seien.
Gegen Ende der Befragung, als es um die sozialen Medien geht, kommt dann der Hanseat doch noch einmal aus sich heraus: Man müsse lernen, mit diesen Medien umzugehen, sagt Scholz. Und wenn Leute Unsinn reden würden, müsse man auch dort sagen: „Das ist Tünkram.“