SEC-Chef forciert Kryptoregulierung
Von Norbert Kuls, New York
Wall-Street-Sheriff Gary Gensler kennt sich gut aus mit Kryptowährungen. Bevor er in diesem Jahr den Vorsitz der amerikanischen Börsenaufsicht SEC übernahm, hatte er Seminare zum Thema an der Eliteuni MIT gegeben. Das waren nicht nur populäre Kurse für eingeschriebene Studenten. Auf der Videoplattform Youtube wurde allein Genslers Einführung zu „Blockchain and Money“ vom Herbstsemester 2018 fast 4 Millionen Mal aufgerufen. Sogar Analysten der Investmentbank Goldman Sachs, für die Gensler am Anfang seiner Karriere fast zwei Jahrzehnte lang tätig war, hörten sich für einen jüngsten Report 29 Stunden lang Genslers Vorlesungen an, um Hinweise darauf zu erhaschen, wie Gensler als SEC-Chef mit digitalen Vermögenswerten umgehen wird.
Im Interview mit Bloomberg signalisierte Gensler jetzt, dass seine Expertise und sein Interesse daran nicht bedeuten, dass er mit einer von Marktteilnehmern favorisierten lockeren Aufsicht einverstanden ist. Aufseher ringen allgemein mit der Frage, wie sie auf das explosive Wachstum des von starken Kursschwankungen geprägten 1,6 Bill. Dollar schweren Kryptomarkts reagieren sollen. Gensler stellt sich ein robustes Aufsichtssystem vor, das sich auf Schutzmaßnahmen für die Millionen von Anlegern konzentriert, die ihre Wertpapierdepots mit digitalen Anlagen gefüllt haben. „Obwohl ich der Technologie neutral gegenüberstehe und sogar davon fasziniert bin – ich habe mich drei Jahre für meine Seminare intensiv damit beschäftigt –, bin ich in Bezug auf Anlegerschutz nicht neutral“, sagte er. „Wenn jemand spekulieren will, ist das seine Entscheidung, aber wir haben als Nation die Aufgabe, diese Investoren vor Betrug zu schützen.“ Gensler dringt auf die Verabschiedung eines Gesetzes im Kongress, das der SEC die rechtliche Befugnis zur Überwachung von Kryptobörsen geben würde. Die Befugnisse der SEC seien aber auch ohne neue Gesetze bereits weit gefasst, sagte er. Es gibt immer wieder Diskussionen darüber, welche digitalen Vermögenswerte in den Zuständigkeitsbereich verschiedener Aufsichtsbehörden fallen. Um Währungen wie Bitcoin kümmert sich etwa die Terminbörsenaufsicht CFTC, die Gensler unter der Obama-Regierung geführt hatte. Gensler, der sich damals einen Ruf als aggressiver Aufseher erworben hatte, ist jedoch der Meinung, dass es tausende anderer digitaler Vermögenswerte wie Coins gibt, die SEC-Vorschriften entsprechen müssten. Die Chancen für die Zulassung eines in der Branche heiß erwarteten börsennotierten Fonds (ETF) auf Bitcoin wollte Gensler nicht kommentieren. Zudem legte er sich nicht auf einen Zeitrahmen für mögliche regulatorische Maßnahmen der SEC fest. Aber sie werden zweifellos kommen. Denn Gensler gilt als zäh. So hat der 63 Jahre alte Vater von drei Töchtern neun normale Marathons und einen Ultramarathon über 50 Meilen absolviert.