Industriedienstleister in der Neuaufstellung

Wie Bilfinger-Chef Schulz mit dem Sparprogramm vorankommt

Als Bilfinger-Chef Thomas Schulz vor einem Jahr ein neuerliches Sparprogramm auflegte, reagierten Investoren irritiert. Inzwischen hat sich die Einschätzung verändert.

Wie Bilfinger-Chef Schulz mit dem Sparprogramm vorankommt

Wie die Sparrunde von Bilfinger-Chef Schulz vorankommt

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Am Kapitalmarkt gilt Bilfinger als eine Art Dauer-Restrukturierungsfall. Das hat viel mit dem Abschied aus dem angestammten Baugeschäft und dem Zusammenkaufen eines Sammelsuriums an Industrie- und anderen Dienstleistern zu tun. An der Herausforderung, die übernommenen Firmen zu einem schlagkräftigen Konzern zu formen, ist so mancher Vorstand gescheitert. Immer neue Restrukturierungsrunden sollten die Botschaft vermitteln, nun werde alles besser. Tatsächlich war der Weg länger und steiniger als gedacht. Einige akquirierte Geschäftseinheiten entpuppten sich als teurer Fehlgriff. Die operativen Margen blieben mickrig.

In diese Grundstimmung hinein kündigte CEO Thomas Schulz im November 2022 nach acht Monaten im Amt eine neuerliche Sparrunde an. Am Kapitalmarkt kam das erst gar nicht gut an – die Aktie stürzte um 15% ab. Eine weitere Restrukturierungsrunde zu recht hohen Kosten sei etwas enttäuschend, kommentierte die Schweizer Großbank UBS mit der für Analysten typischen Zurückhaltung. Schulz reagierte auf solcherlei Gedanken mit einer Gegenfrage: Soll ich ein Programm, das ich für notwendig halte, bleiben lassen, nur weil meine Vorgänger auch schon Umstrukturierungen durchgeführt haben?

Keine klassische Restrukturierung

Schulz warb für sein Vorhaben mit dem Argument, er plane keine klassische Restrukturierung, sondern eine Reduktion der Verwaltung. Diese verteilt sich auf viele Niederlassungen und Länder – eine Folge der Akquisitionen früherer Jahre, mit denen auch Verwaltung hinzukam. Mit einem Umsatzanteil von 7 bis 8% seien die Vertriebs- und Verwaltungskosten zu hoch. Auf mittlere Sicht strebt Schulz weniger als 6% an, im dritten Quartal 2023 waren es 6,3%. Eine weitere Besonderheit ist: Einen Teil der Einsparungen will der 1965 im Saarland geborene Manager in Aus- und Weiterbildung der Blue-Collar-Arbeiter stecken, die beim Kunden Anlagen warten, reparieren oder bauen. Das Ziel: attraktiver werden für Fachkräfte wie Schlosser und Schweißer.

„Voll im Zeitplan“

Ein Jahr später hält Schulz jetzt fest, dass das Effizienzprogramm „voll im Zeitplan“ liegt. Bis Ende September seien 452 der 750 Stellen, die gestrichen werden, weggefallen. Am stärksten betroffen ist Deutschland, was damit zusammenhängt, dass hier die meisten Verwaltungsfunktionen angesiedelt sind. Bedeckt hält sich der CEO zur Verteilung auf einzelne Standorte, und zum Stellenabbau in der Mannheimer Zentrale hüllt er sich ebenfalls in Schweigen. Klar ist aber, dass auch die Hauptverwaltung betroffen ist.

Den bis Ende September erreichten Ergebniseffekt veranschlagt Schulz auf knapp 35 Mill. Euro, bezogen auf den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Goodwill-Abschreibungen (Ebita). Davon entfallen gut 15 Mill. Euro auf das dritte Quartal. Ab Anfang 2024 soll der angestrebte Endbetrag von 55 Mill. Euro im Jahr erreicht sein. Die Kosten des Verwaltungsabbaus veranschlagt Schulz auf 62 Mill. Euro. Noch nicht angelaufen ist die Reinvestition in Aus- und Weiterbildung. Das soll ab dem vierten Quartal der Fall sein. Dafür sind 13 Mill. Euro budgetiert, knapp ein Viertel der Einsparungen.

Marge springt auf 5,1 Prozent

Am Kapitalmarkt hat Schulz mit seinem nüchternen, effizienzorientierten Ansatz inzwischen Pluspunkte gesammelt. Die Bilfinger-Aktie hat Vergleichsindizes wie den SDax, dem der Konzern heute angehört, und den MDax, in dem die Aktie früher lange vertreten war, klar hinter sich gelassen. Geprägt hat Schulz die Kultur nordeuropäischer Firmen, für die er bis zum Wechsel zu Bilfinger arbeitete, mit ihren oft flachen Hierarchien. Zuletzt leitete der Manager den dänischen Anlagenbauer FL Smidth. Im Bilfinger-Quartalsbericht sticht vor allem der starke Margenanstieg auf 5,1% ins Auge. Im dritten Quartal 2022 waren es erst 3,4%. Der Auftragseingang sackte organisch um 5% ab, was Schulz mit dem Rückzug aus dem Projektgeschäft mit der Bauindustrie in den USA begründet. Ohne diese Neuaufstellung sei der Bestelleingang um 2% gestiegen.

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