Tim Höttges nimmt die nächste EU-Kommission ins Visier
Telekom-Chef Höttges
gibt den Ton an
Von Heidi Rohde, zzt. Barcelona
Wenn die CEOs der europäischen Telekommunikationsbranche heute beim Branchentreffen auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona zusammenkommen, um die Lage und die Herausforderungen der Unternehmen in Europa zu diskutieren, sind die Aufgaben klar verteilt. „Ich übernehme Teresa Ribera“, lässt Telekom-Chef Tim Höttges wissen. Nachdem der langjährige Konzernlenker kürzlich eine Vertragsverlängerung bis Ende 2028 unterschrieben hat, ist er nun bereit, „mittlerweile die fünfte EU-Kommission“ in seiner Laufbahn gewohnt meinungsstark zu beraten, und dabei vor allem auch die neue Wettbewerbskommissarin in der Kartellpolitik.
„Ich bin wie Fidel Castro“
Der 62-Jährige, der dieses Jahr im September sein 25-jähriges Jubiläum im Management der Deutschen Telekom feiert, gibt sich auch für sein laufendes Mandat ungebrochen energiegeladen und kokettiert mit anderen ehemals nimmermüden Amtsinhabern: „Ich bin wie Fidel Castro, bei mir wird das Publikum ausgetauscht, ich rede einfach immer weiter“, sagte er kürzlich. Höttges, der im Gegensatz zu Rivalen wie Telefónica, Vodafone oder Orange davon profitiert, dass sich die Telekom auf eine wachstums- und ertragsstarke US-Tochter stützen kann, streitet gleichwohl seit Jahren für bessere „Investitionsbedingungen“ in Europa. Derzeit sei ihm nicht klar, wo die Branche „die Überrendite für den Aufbau einer digitalen Infrastruktur hernehmen soll“, bemängelt der Manager, der zugleich bekennt: „Ich würde gerne mehr in den Ausbau von Rechenzentren investieren.“ Derzeit erfolgt eine entsprechende Kapitalallokation allenfalls über DT Capital Partners, wo die Telekom Ankerinvestor ist. Die Private Equity Boutique ist mit ihrem Fonds bei Maincubes engagiert.
Der Telekom-Vorstandschef gibt zu, dass er früher ein Technologieskeptiker war. „Was soll das alles?“, habe er sich um die Jahrtausendwende mit Blick auf das Internet oft gefragt. „Inzwischen habe ich dazugelernt, was neue Technologien angeht. Heute überbewerte ich sie wahrscheinlich. Deshalb bin ich so ein Fan von KI.“ Auch bei der neuesten Software-Revolution ist Höttges die Regulierung in der EU ein Dorn im Auge. Und er blickt kritisch auf die Politik in Deutschland. Frankreich rühre die Trommel, sammle Investitionszusagen und bitte alles, was international Rang und Namen habe, nach Paris. „Wo ist Deutschland?“
Mit dem Einsatz von KI im Telekom-Konzern ist der Manager „nicht zufrieden“. Er will sich deshalb an die Spitze der Bewegung setzen, offenbart er als Augenmerk für sein verlängertes Mandat.
Die letzte Baustelle
Und die letzte große Baustelle der Telekom, die über Jahre defizitäre T-Systems, nimmt Höttges nochmal ins Visier. Für den laufenden Erfolg setzt er mehr denn je auf die USA, wo die neue Amtszeit von Donald Trump nur Gutes verspreche: jedenfalls keine Steuererhöhungen und mögliche Erleichterungen für M&A, sodass T-Mobile ihre angekündigten Übernahmen zum Aufbau des Festgeschäfts unter Dach und Fach bringen kann.
Bei der „Entwicklung des Führungsteams“ hat Höttges seine Nachfolge nicht direkt im Blick. Er sei „sehr froh“, dass Deutschlandchef Srini Gopalan „ein Angebot“ von T-Mobile US erhalten habe. Falls der Telekom-Chef, der aktuell im zwölften Jahr an der Spitze steht, seinen Vertrag erfüllt, muss nach einem anderen Nachfolger Ausschau gehalten werden. Der bisherige Favorit Gopalan ist dann 59.