Hohe Prozesskosten

Versicherer drehen Ex-Managern von Wirecard den Geldhahn zu

Versicherer haben Angeklagten im Wirecard-Betrugsprozess eine weitere finanzielle Hilfe verweigert. Nun sind Ex-CEO Markus Braun und Ex-Chefbuchhalter Stephan von Erffa mehr denn je auf Pflichtverteidiger angewiesen.

Versicherer drehen Ex-Managern von Wirecard den Geldhahn zu

Versicherer drehen Ex-Managern von Wirecard den Geldhahn zu

Von Stefan Kroneck, München

Der Prozess um den Wirecard-Betrugsskandal dauert nun schon zwei Jahre. Ein Ende eines der größten Gerichtsstrafverfahren in der deutschen Wirtschaftsgeschichte zeichnet sich noch nicht ab, wenngleich der Vorsitzende Richter der zuständigen Strafkammer des Landgerichts München 2025 ein Urteil fällen will.

Urteile anderer Art, welche mit dem Prozess unmittelbar zu tun haben, sind derweil bereits getroffen worden. Es geht um die Manager-Haftpflichtversicherungen, im Fachjargon Directors and Officers (D&O) genannt, welche vor allem der Hauptangeklagte, Ex-Vorstandschef Markus Braun, und der frühere Konzernchefbuchhalter Stephan von Erffa, der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt, in Anspruch nahmen. Die Versicherer dieser D&O-Policen drehten beiden den Geldhahn zu.

Haftungssumme aufgebraucht

Dieser Tage entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass die D&O-Versicherung keine weiteren Kosten für von Erffa mehr übernehmen müsse (Az. 7 U 82/22 vom 29.11.2024). Der Ex-Chefbuchhalter verklagte die Gesellschaft auf Zahlung weiterer Leistungen, diese weigerte sich. In seinem Urteil schloss sich das Gericht den Argumenten der Assekuranz an. Demnach sei die Versicherungssumme „erschöpft“, also aufgebraucht. Maßgeblich dafür sei die versicherte Summe für das Jahr 2020, in dem der Schadenfall aus Sicht des Versicherers eingetreten ist. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Von Erffa könnte in Revision gehen.

Zur Erinnerung: Im Juni 2020 ging Wirecard pleite, nachdem Treuhandkonten des Konzerns in Südostasien von 1,9 Mrd. Euro für das angebliche Drittpartnergeschäft sich als Luftbuchung erwiesen hatten. Die Staatsanwaltschaft München bezifferte den gesamten Schaden für Finanzgläubiger von Wirecard auf 3,2 Mrd. Euro.

Zuvor ebenfalls Klagen abgeschmettert

Schon vor von Erffa kassierte Braun eine Niederlage wegen der D&O-Policen vor einem Zivilgericht. Der ehemalige Wirecard-CEO unterlag Ende März dieses Jahres vor Gericht in einem Rechtsstreit mit dem US-Versicherer Chubb. Zuvor setzte sich auch Swiss Re in einem Verfahren wegen Manager-Haftpflichtversicherungen gegen Braun durch.

Auch in diesen Auseinandersetzungen folgten die Gerichte den beklagten Versicherern, dass die Versicherungssummen ausgeschöpft seien. Im Fall von Chubb ging es um 17 Mill. Euro im Zusammenhang mit der Causa Wirecard. Braun verklagte die Versicherer auf die Fortsetzung von Zahlungen. Aufgrund dieser Urteile verlor er im Juni seinen Wahlverteidiger Alfred Dierlamm. Seitdem stehen dem früheren Vorstandsvorsitzenden nur noch Pflichtverteidiger zur Seite. Infolge der Beschlagnahmung seines verbliebenen Vermögens in Österreich und in Deutschland ist der aus Wien stammende Braun mittellos. Wahlverteidiger kann er aus eigener Tasche nicht bezahlen.

Bruder als Wahlverteidiger

Dies droht nun auch von Erffa. Offiziell vertritt Sabine Stetter zwar noch den ehemaligen Wirecard-Chefbuchhalter, allerdings hat sich die Münchner Anwältin vor Gericht seit Monaten nicht mehr blicken lassen. Diesen Donnerstag soll sie aber vor der Strafkammer unter Vorsitz von Markus Födisch erscheinen. Zu von Erffas Wahlverteidigern gehört noch dessen Zwillingsbruder, der Jurist Hubertus von Erffa. Stephan von Erffa gab vor Gericht an, kein regelmäßiges Arbeitseinkommen seit dem Untergang von Wirecard mehr zu haben.

Mit Blick auf die D&O-Policen tat Födisch gut daran, zum Prozessauftakt Ende 2022 für die Angeklagten auch Pflichtverteidiger, die der Staat im Verfahren bezahlt, zu bestellen. Hätte er dies nicht getan, wäre der Prozess womöglich wegen fehlender Wahlverteidiger längst geplatzt.

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