Tony Xu

Vom Teller­wäscher zum Milliardär

Aus einfachsten Verhältnissen ist der Einwanderersohn Tony Xu zum Milliardär aufgestiegen. Nun rollt der Doordash-Mitgründer den europäischen Markt für Essenslieferungen auf.

Vom Teller­wäscher zum Milliardär

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Es sind Geschichten wie die von Tony Xu, die den amerikanischen Traum am Leben erhalten. Die meisten Tellerwäscher bleiben zeitlebens in einfachsten Verhältnissen, doch der im chinesischen Nanjing geborene Xu schaffte den Aufstieg zum Milliardär. Das Magazin „Forbes“ führt ihn auf Platz 1111 seiner Reichenliste. Xus Vermögen veranschlagt die Zeitschrift auf aktuell 2 Mrd. Dollar. Es war schon deutlich mehr, aber sein Kerninvestment, der Essenslieferdienst Doordash, hat zuletzt kräftig an Wert verloren.

Seine Eltern wanderten 1989 in die Vereinigten Staaten aus. Damals war Xu fünf Jahre alt. Seine Mutter, eine Ärztin, deren Zulassung nicht anerkannt wurde, arbeitete in einem chinesischen Restaurant. Dort half der kleine Xu beim Geschirrspülen. Das inspirierte ihn später, in das Essensliefergeschäft einzusteigen. Schon früh bewies er unternehmerisches Talent. Mit neun Jahren bot er Nachbarn an, Muster in ihren Rasen zu mähen. Damit ließ sich mehr Taschengeld verdienen als mit dem einfachen Rasenmäher-Schieben.

Aufstieg zum Marktführer

Zusammen mit einigen Kommilitonen gründete Xu 2013 Doordash. Unter seiner Regie als CEO stieg das Unternehmen binnen weniger Jahre zum US-Marktführer auf. Im Dezember 2020 folgte der Börsengang, der nicht nur wegen seines Volumens ziemlich spektakulär ausfiel. Die Bewertung war im Vorfeld des IPO kräftig gestiegen, und beim Handelsstart schoss die Notierung nochmals steil nach oben. Im Vergleich zum Hoch vom November 2021 hat sich der Aktienkurs allerdings nahezu halbiert, was den Börsenwert auf 45 Mrd. Dollar drückt. Xu hält laut „Forbes“ 4,6% an Doordash und kontrolliert das Unternehmen über die B-Aktien. Beim Stimmrechtsberater Glass Lewis stoßen die Mehrklassenstruktur ebenso wie die hohen Aktienoptionen für Xu auf Opposition.

Nach dem Aufrollen des amerikanischen Markts wendet sich der Unternehmer jetzt dem europäischen Kontinent zu. Entscheidender Baustein dafür ist der Erwerb des in 23 Ländern präsenten finnischen Lieferdienstes Wolt. Xu legt für die als Aktiendeal konzipierte Übernahme stolze 7 Mrd. Euro auf den Tisch – ein Betrag, der selbst den bei Zukäufen gewiss nicht zögerlichen Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg ab­schreckte. Mit dem Einstieg beim Lebensmittellieferanten Flink hat Xu ein weiteres Eisen im Feuer. Bei der jüngsten Flink-Finanzierungsrunde über 750 Mill. Dollar agierte Doordash als Lead Investor.

Fordernder Führungsstil

Der Sprung nach Europa heizt den Wettbewerb unter den meist hochdefizitären Lieferdiensten weiter an. Vor allem Jitse Groen, der Chef der britisch-niederländischen Just Eat Takeaway, muss auf der Hut sein. Wie vehement Xu seine Expansion umsetzt, hat Grubhub erfahren, der einstige US-Marktführer, der inzwischen zu Just Eat Takeaway gehört.

Die Bedeutung einer guten Ausbildung haben Xu seine Eltern vorgelebt. Also studierte der Einwanderersohn Wirtschaftsingenieurwesen an der renommierten Universität von Kalifornien, Berkeley, und setzte einen MBA an der Stanford Graduate School of Business drauf. Er jobbte als Lieferfahrer für Domino’s Pizza und arbeitete für die Unternehmensberatung McKinsey, den Online-Marktplatz Ebay und den Bezahldienst Paypal. Der verheiratete Familienvater lebt in San Francisco, liebt das Laufen und begeistert sich für Basketball. Sein Führungsstil wird als fordernd, ja rücksichtslos beschrieben, aber er bleibe im Unterschied zu anderen Disruptoren fair.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.