Wohnimmobilien

Vonovia-Chef Buch hadert mit dem Kanzler

Vonovia-Chef Rolf Buch warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft. Denn die Wohnungsnot werde sich weiter verschärfen. Die Immobilienkrise sei für Vonovia ausgestanden.

Vonovia-Chef Buch hadert mit dem Kanzler

Vonovia-Chef Buch hadert
mit dem Kanzler

hek Frankfurt
Von Helmut Kipp, Frankfurt

Kaum ein Thema treibt Vonovia-CEO Rolf Buch so um wie der Mangel an Wohnraum in den Zentren Deutschlands. Und das nicht nur, weil seine Mitarbeiter täglich hunderte oder gar tausende Anfragen von Wohnungssuchenden erreichen. Auch die gesellschaftlichen Auswirkungen beschäftigen den CEO – als Bürger und als Konzernverantwortlichen. „Die Wohnungsnot verschärft die Teilung der Gesellschaft", konstatiert Buch. „Sie erhöht die Ungleichheit und spielt populistischen Parteien in die Hände.“ Überdies sinkt die Mobilität, was Innovationen und Wachstum lähmt.

Seine Tochter brauchte einen Gehaltsnachweis des Vaters, um eine Wohnung in Frankfurt anzumieten, berichtet der Firmenchef beim Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Sie habe einen guten Job, aber die Vermieterin wollte nicht an Berufsanfänger vermieten. Diese Erfahrung machen viele junge Erwachsene, aber längst nicht jeder hat Eltern mit Top-Einkommen, die für ihr Kind den Mietvertrag unterschreiben. „Das ist ungerecht“, sagt Buch. „Wenn Du fleißig bist, kannst Du einen eigenen Haushalt gründen – dieses Versprechen wird nicht mehr eingelöst.“

Stabile Gesellschaft wichtig für Vonovia

Die Wohnungskrise werde sich weiter verschärfen, befürchtet der 1965 geborene Manager. "Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung, die in die falsche Richtung geht.“ Das Gegensteuern der Politik hält Buch für völlig unzureichend: „Ich kann nicht verstehen, warum ein sozialdemokratischer Bundeskanzler nichts tut“, sagt er an die Adresse von Olaf Scholz. Bundesbauministerium Klara Geywitz nimmt er von der Kritik aus, sie mache einen „super Job“.

Anders als viele Immobilien-Topmanager, die ihr ganzes Berufsleben in der Branche verbracht haben, verfügt Buch über einen breiteren Hintergrund. Das dürfte seine Empfänglichkeit für gesellschaftliche Fragen fördern. Der studierte Maschinenbauer und Betriebswirt arbeitete lange für den Medienkonzern Bertelsmann, zuletzt als Vorstandschef der Tochter Arvato. Erst 2013 wechselte er als CEO der heutigen Vonovia in die Wohnungswirtschaft. Auch Vonovia habe hohes Interesse, den gesellschaftlichen Konsens in Deutschland zu erhalten, sagt Buch. „Wir können unsere Assets nicht ins Ausland verlagern.“ Daher sei eine stabile Gesellschaft wichtig für das Unternehmen.

Mietpreisbremse „sozial blind“

Für notwendig hält der CEO vor allem Änderungen im Mietrecht und bei den Bauvorschriften. Mietpreisbremse und Kappungsgrenze seien „sozial blind“. Diese Regelungen senkten die Miete für alle, auch für Gutverdiener und Reiche. Buch plädiert für eine sozial gestaffelte Mietpreisbremse. Geschützt werden müssten vor allem Menschen mit kleineren Einkommen, die oberhalb der Grenzen für Transfers lägen. Sie würden sonst zunehmend aus der Stadt verdrängt.

Um Subventionen geht es Buch weniger: „Das Schreien nach Förderung haben sie von mir nicht gehört.“ Der Finanzbedarf für Neubau und Modernisierung sei viel zu hoch, als dass der Staat ihn decken könne. Zumal auch in anderen Bereichen wie Bahn, Brücken, Energienetze und öffentliche Gebäude immenser Investitionsbedarf herrscht. Zur Finanzierung brauche man privates Kapital, da helfe das Lösen der Schuldenbremse nicht. Die Welt habe nach wie vor großes Vertrauen in Deutschland: „Das müssen wir nutzen."

Andererseits stehen nach Angaben des Statistischen Bundesamts in Deutschland 1,9 Millionen Wohnungen leer, vor allem auf dem Land. Buch hält einen Ausbau der Verkehrswege in die Zentren für notwendig, um einen Teil dieses Wohnraumpotenzials zu nutzen.

Krise ausgestanden

Die Immobilienkrise sei für Vonovia weitestgehend ausgestanden, versichert Buch. „Wir stehen am Vorabend des Aufschwungs.“ Das Thema Bestandsabwertungen, das dem Konzern schwer zugesetzt hatte, sei durch. Sollten weitere Wertminderungen von 1 oder 2% notwendig sein, hätten diese keinen größeren Einfluss mehr auf die Bilanz. Leerstand sei ein Fremdwort. Die Mieten würden weiter steigen, dafür sorge schon die Mechanik der Mietspiegel, da zunehmend die höheren Neuvertragsmieten berücksichtigt würden. Die Bezahlbarkeit der Mieten sei besser denn je: „Wir hatten nie so wenig Anfragen nach Härtefallmanagement wie derzeit.“ Allerdings wird es laut Buch unter den Developern noch viele Pleiten geben: „Das wird bitter.“

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