Ex-Vorstandschef der Deutschen Börse

Werner Seifert – eine prägende Persönlichkeit vom Finanzplatz

Elektronischer Handel, Modernisierung, Digitalisierung: In seiner Zeit als Vorstandschef der Deutschen Börse hat Werner Seifert einige Standards gesetzt. Am Donnerstag wird er 75 Jahre alt.

Werner Seifert – eine prägende Persönlichkeit vom Finanzplatz

Werner Seifert 75

ku Frankfurt

Mit Werner Seifert wird eine Managerpersönlichkeit am Donnerstag 75 Jahre alt, die den Finanzplatz Frankfurt und die Deutsche Börse wie kein anderer geprägt hat, wobei es dabei neben Höhen auch Misserfolge und Tiefen gab. Seifert war von 1993 bis 2005 Vorstandsvorsitzender der Deutschen Börse. Er hat in diesem Amt den Frankfurter Börsenbetreiber umfassend modernisiert, die Digitalisierung vorangetrieben und auf diese Weise einen der führenden weltweiten Börsenbetreiber geschaffen. In seiner Amtszeit war die Deutsche Börse sogar eine Zeit lang nach Geschäftsumfang und Börsenbewertung die weltweite Nummer 1 der Branche.

Er setzte gleich in mehrfacher Hinsicht Standards, die seither für internationale Börsen selbstverständlich sind. Zu nennen sind hier das elektronische Handelsnetzwerk, das vertikal integrierte Börsenmodell und die Tatsache, dass heute die meisten der großen Marktbetreiber selbst börsennotiert sind. In seiner Amtszeit stieg die Deutsche Terminbörse (DTB) oder später Eurex trotz eines relativ späten Markteintritts zur Nummer 1 unter den Terminbörsen auf. Damit gelang es dem Schweizer Manager, dafür zu sorgen, dass etablierte Marktbetreiber nach Handelsumsatz locker übertroffen wurden. Die voll elektronisch operierende Eurex erreichte Umsätze, die es vorher in der Branche nicht gegeben hatte. Damit war Eurex ein Wegbereiter des Umstiegs aller führenden Terminbörsen vom Parkett- zum Computerhandel.

Vor allem aber sind mit dem Namen Seifert zwei spektakuläre und spektakulär gescheiterte Bemühungen der Deutschen Börse verbunden, mit der London Stock Exchange (LSE) zu fusionieren. Ein erster Versuch für eine Fusion unter Gleichen musste im Jahr 2000 wegen Bedenken der Londoner Broker und der Aktionäre der LSE aufgegeben werden. Ein zweiter, Ende 2004 von ihm gestarteter Versuch in Form eines Übernahmeangebots für die LSE scheiterte am Widerstand bedeutender Aktionäre der Deutschen Börse, unter anderem weil diese den Kaufpreis als zu hoch ansahen. Es kam zu einer spektakulären und öffentlich geführten Konfrontation mit dem Chef des britischen Hedgefonds TCI, Chris Hohn. Letztlich wurde Seifert mit dem Scheitern dieser Übernahme zum Rücktritt gezwungen. Da es zu jener Zeit und danach zu einer Reihe von größeren, auch grenzüberschreitenden Fusionen von Börsenbetreibern gekommen ist, muss die Deutsche Börse in dieser Hinsicht als einer der großen Verlierer gelten. Nicht übersehen werden sollte jedoch, dass der Zusammenschluss der DTB mit der schweizerischen Soffex im Jahr 1998 unter seiner Ägide die erste grenzüberschreitende Börsenfusion der Geschichte darstellt.

Seifert hat die öffentliche Auseinandersetzung mit seinen Gegnern durchaus mit harten Bandagen geführt und nach seinem Ausscheiden bei der Deutschen Börse noch einmal mit einem Buch über jene Zeitspanne nachgelegt, dem er den vielsagenden Titel „Invasion der Heuschrecken“ gab. Das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz umschrieb ihn in einem Kommentar aus dem Jahr 2005 übrigens als „Napoleon vom Main“.

Vor seiner Tätigkeit bei der Deutschen Börse war der 1949 in Winterthur geborene Manager Partner bei der Unternehmensberatung McKinsey und Vorstand bei dem Schweizer Versicherungskonzern Swiss Re. Seit seinem Ausscheiden bei der Deutschen Börse hält er sich überwiegend in seiner Wahlheimat Irland auf und widmet sich seiner Passion für Jazz als Pianist der Gruppe Jazz X Change. Er war auch kurzzeitig als Journalist tätig, nämlich in den 1970er Jahren als freier Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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