Deutschland-Tochter

Wie Fabian Ziegler die deutsche Shell umbaut

Eine Geschichte vom Saulus zum Paulus. Ein Schweizer baut die größte Raffinerie Deutschlands radikal um. Der 52-jährige Schweizer mit Hannoveraner Mutter führt seit Januar 2020 die Deutschland-Tochter des Konzerns und hat eine Mammutaufgabe zu bewältigen.

Wie Fabian Ziegler die deutsche Shell umbaut

Von Antje Kullrich, Köln

„Ich habe den besten Job, den es bei Shell derzeit gibt“, sagt Fabian Ziegler. Der 52-jährige Schweizer mit Hannoveraner Mutter führt seit Januar 2020 die Deutschland-Tochter des Konzerns und hat eine Mammutaufgabe zu bewältigen: Er muss das Unternehmen quasi völlig neu erfinden. In einem der wichtigsten Märkte gilt es, „eine sinnstiftende Transformation zu stemmen“, wie es Ziegler formuliert. In dem „unglaublich spannenden deutschen Energiewende-Umfeld“ sei das eine tolle Herausforderung.

Wer einen physischen Eindruck von der Größe der Aufgabe bekommen will, muss nach Wesseling vor den südlichen Toren von Köln fahren. Dort betreibt Shell die größte Raffinerie Deutschlands – sie ist das Herzstück der Aktivitäten des Konzerns hierzulande. Auf mehr als vier Quadratkilometern produziert Shell hier rund 15% des Kerosin-Bedarfs in Deutschland. Die Marktanteile bei Diesel und Super-Benzin liegen bei jeweils etwa 11%.

Seit 21 Jahren steht Fabian Ziegler in den Diensten von Shell. Jetzt hat der promovierte Wirtschaftswissenschaftler einen radikalen Umbau vor sich. Auf den Konzern gehen nach eigener Darstellung rund 10% der deutschen CO2-Emissionen zurück. Ein Zehntel davon ist das Resultat der eigenen Aktivitäten, 90% entstehen durch die Nutzung der Shell-Produkte durch Kunden. Der Ölkonzern hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 bei netto null Emissionen anzukommen.

Etliche Milliarden verplant

Den Kohlendioxid-Ausstoß in Deutschland will Shell als Zwischenziel bis 2030 um ein Drittel reduzieren. Das Riesenwerk im Kölner Süden soll sich daher in den kommenden Jahren komplett verändern. Der künftige Energie- und Chemiepark Rheinland soll nachhaltige Wertschöpfungsketten aufbauen. Energie und Bio-Kraftstoffe sollen aus Sonnen- und Windenergie, Kunststoffen und anorganischem Abfall sowie Biomasse und gebrauchten Ölen und Fetten gewonnen werden. Rohöl soll dann nur noch eine kleine Rolle spielen, Wasserstoff dafür eine umso größere. Die Transformations-Roadmap besteht aus 50 einzelnen Projekten. Über die genaue Größe des Investitionsvorhabens schweigt Ziegler sich aus. Nur so viel: Es seien etliche Milliarden bis zum Jahr 2040.

Ziegler, der kommunikationsstark und gelassen auftritt, propagiert mit charmantem Schweizer Akzent, manchmal trockenem Humor und einprägsamen Schaubildern sowie plakativen Aussagen den Wandel vom Saulus zum Paulus. Nur als die Rede auf das Urteil gegen Shell in den Niederlanden kommt, wird er ein wenig giftig. Dort war der Konzern im Mai dazu verurteilt worden, seinen CO2 Ausstoß bis 2030 deutlich zu verringern. Und über den Wesselinger Kerosinsee, einen der durch eine lecke unterirdische Leitung vor Jahren größten deutschen Umweltskandale, redet das Unternehmen auch nicht gern.

Was die Klimaneutralität angeht, sieht sich Shell aber mittlerweile auf Kurs, was die Ziele des Pariser Klimaabkommens angeht. Bestätigt wird das ganz aktuell von der London School of Economics, die Shell zu den nur zwei Unternehmen der Ölbranche zählt (neben Occidential Petroleum aus den USA), die auf dem Pfad des 1,5- oder 2-Grad-Ziels wandelten.

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