Wirecard-Analystin gewinnt gegen Commerzbank
Von Anna Sleegers, Frankfurt
Die wegen ihrer unverbrüchlichen Treue zum Aschheimer Zahlungsdienstleister Wirecard in die Kritik geratene Aktienexpertin Heike Pauls hat in der arbeitsrechtlichen Auseinandersetzung mit der Commerzbank einen Sieg errungen. Wie ein Sprecher der Commerzbank am Mittwoch bestätigte, hat das Arbeitsgericht Frankfurt die Kündigung der Analystin als unwirksam erachtet (Az. 16 Ca 733/21).
Kommentieren wollte der Sprecher das Urteil, über das zuerst die „Wirtschaftswoche“ berichtet hatte, unter Verweis auf die der Bank noch nicht vorliegende Begründung des Urteils nicht. Eine Sprecherin des Arbeitsgerichts Frankfurt sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Klägerin in dem Verfahren gegen die Commerzbank „ganz überwiegend obsiegt“ habe. Insbesondere ihren Kündigungsschutzanträgen und dem Weiterbeschäftigungsantrag sei stattgegeben worden. Auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, dürften sich die Chancen der Analystin, eine Abfindung zu erhalten, dadurch deutlich erhöht haben.
Dagegen ist es in doppelter Hinsicht mehr als unwahrscheinlich, dass Pauls jemals wieder im Namen der Commerzbank Aktienempfehlungen zu Papier bringen wird. So dürfte das Tischtuch zerschnitten sein, nachdem die Commerzbank die verhaltensbedingte Kündigung mit einer „unprofessionellen Nähe“ zu dem von Pauls betreuten Unternehmen begründet hatte.
Nach einem von der Bank nicht dementierten Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ hatte die Analystin Informationen aus Gesprächen mit kritischen Investoren und Analysten an den damaligen Finanzvorstand und die Leiterin der Investor-Relations-Abteilung von Wirecard weitergegeben. Darüber hinaus hatte sie in einigen Reports, in denen sie die Wirecard-Aktie noch wenige Wochen vor dem Insolvenzantrag zum Kauf empfohlen hatte, überaus schrille Töne angeschlagen und die Enthüllungen des Journalisten Dan McCrum in der „Financial Times“ als „Fake News“ bezeichnet (BZ vom 15. Januar).
Aktienresearch in Abwicklung
Zudem befindet sich der Bereich, für den Pauls tätig war, im Rahmen der strategischen Neuausrichtung der Commerzbank in Abwicklung. Künftig wird das Institut kein eigenes Aktienresearch mehr erstellen. Der stattdessen unter Vertrag genommene Kooperationspartner Oddo BHF hat angeboten, einen Teil der betroffenen 70 Beschäftigten einzustellen. Die Gespräche laufen noch, doch dem Vernehmen nach haben sich bereits sechs Commerzbank-Analysten für den Wechsel entschieden.