Abgrenzung zwischen gewerblicher und vermögensverwaltender Fonds-KG
Helmut Kipp
Herr Dibbert, der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, das Schadenersatzansprüche eines Fondskommanditisten steuerpflichtig sind. Worum geht es in dem Fall?
In dem BFH-Urteil vom 17. März 2021 (Az. IV R 20/18) ging es um einen Kläger, der als Kommanditist an einer gewerblich tätigen Fonds-KG beteiligt war. Die Beteiligung war ihm unter Verwendung eines Fondsprospektes vermittelt worden, den eine GmbH erstellt hatte. Der Fondsprospekt enthielt fehlerhafte Angaben, so dass der Kläger Klage vor dem Zivilgericht gegen die GmbH einreichte. Ihm wurde Schadenersatz Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Beteiligung an der KG zugesprochen. Das zuständige Finanzamt sah den Schadenersatzanspruch samt der zugesprochenen Zinsen als steuerpflichtiges Einkommen aus der KG-Beteiligung an. Hiergegen wehrte sich der Kläger und reichte Klage vor dem Finanzgericht Berlin-Brandenburg ein. Er berief sich im Klageverfahren unter anderem auf ein Urteil des BFH vom 6. September 2016 (Az. IX R 44/14) und machte geltend, dass sowohl der Schadenersatzanspruch als auch die Zinsen nicht der Einkommensteuer unterliegen.
Wie hat das Finanzgericht entschieden?
Das FG gab der Klage mit einer anderen Begründung statt. Zum einen sah es den Schadenersatzanspruch mangels Werthaltigkeit der KG-Beteiligung nicht als Gegenleistung für den Erwerb der KG-Beteiligung an, und zum anderen sei die Schädigung – die fehlerhaften Angaben im Prospekt – vor dem Erwerb der KG-Beteiligung erfolgt. Der BFH gab der Revision des Finanzamts statt und verwies das Verfahren zurück an das FG. Nach Auffassung des BFH stellen der Schadenersatzanspruch und die Zinsen steuerpflichtiges Einkommen dar.
Wie argumentiert der BFH?
Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass eine betriebliche Veranlassung zwischen dem Schadenersatzanspruch und der Stellung des Klägers als Gesellschafter (steuerlich Mitunternehmer) der Fonds-KG bestanden habe. Dieser Veranlassungszusammenhang ist einer der Kerngrundsätze im Steuerrecht. Erhält ein Mitunternehmer eine Leistung zum Ersatz eines Schadens, ist die erhaltene Leistung steuerpflichtig, wenn das schadenstiftende Ereignis mit der Stellung als Mitunternehmer zusammenhängt. Auch wenn die unrichtigen Angaben vor dem Zeitpunkt erfolgten, zu dem sich der Kläger an der Fonds-KG beteiligte, liegt ein solcher Zusammenhang laut BFH vor. Die Grundsätze des BFH-Urteils vom 6. September 2016 finden keine Anwendung, da es in dem Fall um eine vermögensverwaltende KG ging, die ganz anderen steuerlichen Grundsätzen folgt. Das Finanzgericht muss nun den Sachverhalt weiter ermitteln, um festzustellen, ob laufender Gewinn oder ein privilegierter Veräußerungsgewinn vorliegt.
Gilt die Steuerpflicht generell oder nur für Zahlungen aufgrund fehlerhafter Angaben im Prospekt?
Die Entscheidung des BFH wirkt natürlich erst mal nur für den Einzelfall, also für den besagten Schadenersatzanspruch inklusive der Zinsen. Die Grundsätze des Urteils sind aber darüber hinaus anwendbar, so dass sie auch Auswirkungen auf andere Sachverhalte haben können.
Warum sind auch Zinsansprüche auf Schadenersatz zu versteuern?
Die Zinsen sind zu versteuern, wenn die Hauptforderung – hier der Schadenersatzanspruch – betrieblich veranlasst wurde. Vereinfacht gesagt sind die Zinsen Bestandteil derjenigen Einkünfte, die aus dem Schadenersatzanspruch selbst erzielt werden.
Welche Bedeutung hat das Urteil für Fondsinvestoren?
Zunächst einmal ist selbstverständlich zu hoffen, dass keinem Fondsinvestor ein Prospekt vorgelegt wird, der unzureichende Angaben enthält. Das Urteil hat ansonsten für Fondsinvestoren aber auch darüber hinaus Bedeutung. Zum einen erfolgt eine klare Abgrenzung zwischen einer gewerblich tätigen Fonds-KG und solchen, die, wie in dem BFH-Urteil vom 6. September 2016, vermögensverwaltend tätig sind. Bei Letzteren wäre keine Steuerpflicht gegeben. Zum anderen kann die Erweiterung der Reichweite der betrieblichen Veranlassung auch über Fondsinvestoren hinaus Auswirkungen auf Steuerpflichtige haben.
*) Dr. Morten Dibbert ist Rechtsanwalt und Steuerberater von Möhrle Happ Luther, Hamburg.
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