„BGH hat die Position aller Kommanditisten gestärkt“
Helmut Kipp
Herr de Bra, der Bundesgerichtshof hat eine wichtige Entscheidung zu Kommanditgesellschaften gefällt. Was ist der Kern?
Die Karlsruher Richter haben entschieden, dass die Haftung eines Kommanditisten zeitlich gesehen auf fünf Jahre begrenzt ist, wenn er seine Hafteinlage herabsetzt. Zudem beginnt die sogenannte Nachhaftungsfrist nicht zwingend erst, wenn die Herabsetzung ins Handelsregister eingetragen wurde, aber spätestens ab diesem Zeitpunkt. Die fünf Jahre starten bereits mit Ablauf des Tages, an dem der jeweilige Gesellschaftsgläubiger positive Kenntnis vom Herabsetzungsbeschluss erlangt – ihn also der Kommanditist zum Beispiel darüber informiert.
Worum ging es im Fall, der vor dem BGH verhandelt wurde?
Der Insolvenzverwalter eines Schiffsfonds, der als Kommanditgesellschaft aufgesetzt war, forderte von einem Anleger Ausschüttungen des Fonds zurück. Diese Ausschüttungen beruhten nach dem Vortrag des Klägers nicht auf Gewinnansprüchen des Kommanditisten, da sein Kapitalanteil durch frühere Verluste herabgemindert gewesen sei. Durch diese Ausschüttungen sei daher die sogenannte Außenhaftung des Kommanditisten wieder aufgelebt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie auf die Berufung des Kommanditisten hin abgewiesen. Mit seiner Revision hatte der Insolvenzverwalter vor dem BGH keinen Erfolg.
Wie wirken sich Ausschüttungen bei geschlossenen Fonds auf die Haftung aus?
Ausschüttungen, die der Kommanditist eines geschlossenen Fonds erhält und die nicht auf Gewinnansprüchen beruhen, führen grundsätzlich zu einem Wiederaufleben seiner Haftung. Wird die Hafteinlage entsprechend herabgesetzt, endet die Haftung dann jedoch fünf Jahre ab dem Zeitpunkt, ab dem der Gesellschaftsgläubiger Kenntnis davon hat – spätestens aber gerechnet vom Tag der Eintragung der Herabsetzung in das Handelsregister.
Wie begründet der BGH sein Urteil?
Die Außenhaftung des Anlegers sei in zeitlicher Hinsicht bereits abgelaufen, da eine Herabsetzung seines Haftkapitals mehr als fünf Jahre vor Einreichung der Klage erfolgt sei. Die Reduzierung des Haftkapitals gelte als Teilausscheiden des Kommanditisten. Nach dem Auslaufen der auf diesen Fall entsprechend anwendbaren Nachhaftungsfrist von fünf Jahren nach § 160 Handelsgesetzbuch sei damit auch seine Außenhaftung in diesem Umfang erloschen. Ausschlaggebend ist laut BGH in diesem Zusammenhang der Zeitpunkt, ab dem die Gläubiger des Fonds von der Herabsetzung der Haftsumme Kenntnis erlangt haben, soweit dies vor der Eintragung in das Handelsregister der Fall ist. Im konkreten Fall war das im Dezember 2012. Die Nachhaftungsfrist endete also im Dezember 2017. Die Klage wurde aber erst Ende März 2018 eingereicht.
Wird dadurch die Position von Kommanditisten gestärkt?
Ja, der BGH hat damit die Position aller Kommanditisten gestärkt – und das unabhängig davon, ob sie in einen geschlossenen Fonds investiert haben, der als Kommanditgesellschaft aufgesetzt ist, oder Anteile an einer „normalen“ Kommanditgesellschaft besitzen. Mit dieser Entscheidung ist klar: Wenn Kommanditisten nach ihrem Einstieg ihre Hafteinlage herabsetzen, ist ihre Haftung zeitlich begrenzt. Nach fünf Jahren sind sie im Umfang der Herabsetzung aus der Haftung heraus.
Welche Bedeutung hat das Urteil für Anleger, die in geschlossene Fonds investieren?
Die Antwort auf die Frage „Wie lange hafte ich als Kommanditist, wenn ich meine Hafteinlage reduziere?“ spielt bei geschlossenen Fonds regelmäßig eine Rolle. Eine Verringerung der Hafteinlage kommt etwa dann in Frage, wenn ein Kommanditist aus Altersgründen nicht mehr mit einem so hohen Betrag beteiligt sein möchte wie zu Beginn seines Investments – zum Beispiel, wenn das Investment in einen geschlossenen Fonds der Altersvorsorge dienen soll. In solchen Fällen war bislang nicht höchstrichterlich geklärt, wie lange Kommanditisten noch in Höhe ihrer ursprünglichen vollen Haftungseinlage haften. Das hat der BGH jetzt geändert.
Dr. Peter de Bra ist Rechtsanwalt bei Schultze & Braun. Eines seiner Spezialgebiete sind Haftungsfragen.
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