Finanziell einsturzgefährdet
Kreditrisiken aus der Finanzierung
von Immobilien nehmen deutlich zu
Worauf Banken bei der Schieflage eines Eigentümers achten sollten
Von Katharina Franke und Rüdiger Bauch *)
Die Ergebnisse der Herbst-Ausgabe 2023 des regelmäßigen NPL-Barometers der Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing (BKS) und der Frankfurt School of Finance & Management sprechen eine eindeutige Sprache: In den kommenden zwölf Monaten dürfte die Zahl der notleidenden Kredite (Non Perfoming Loans) weiter zulegen – insbesondere in den Bereichen Konsumentenkredite, Corporate Real Estate sowie Residential Real Estate. Fakt ist also: Kreditrisiken gewinnen für Banken gerade bei der Immobilienfinanzierung (weiter) an Bedeutung – und das nicht nur bei noch im Bau befindlichen, sondern auch bei Bestandsimmobilien.
Allerdings gibt es für gesicherte Gläubiger – etwa Banken mit einem Grundpfandrecht – neben einer Insolvenzverwaltung eine weitere Möglichkeit, ihr Ausfallrisiko zu minimieren, wenn eine Immobilie finanziell einsturzgefährdet ist: Die Zwangsverwaltung, die im Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (ZVG) geregelt ist, das in seiner ursprünglichen Form am 1. Januar 1900 in Kraft getreten ist.
Forderungen gesicherter Gläubiger
Das Ziel einer Zwangsverwaltung ist es, die Forderungen des oder der gesicherten Gläubiger zu befriedigen – etwa, indem der Zwangsverwalter Erträge wie Mieten und/oder Pacht einzieht und für den oder die Gläubiger sichert. Eine Zwangsverwaltung wird beim Amtsgericht beantragt und kann auch im Fall einer eingetretenen oder möglichen Insolvenz des Eigentümers zum Einsatz kommen, aber auch als Alternative dazu – zum Beispiel, falls ein Eigentümer eine Immobilie nicht mehr bewirtschaftet oder nicht mehr bewirtschaften kann. Die Maßnahmen, die von einem Zwangsverwalter, aber auch einem Insolvenzverwalter bei einer Immobilie als erstes ergriffen werden, sind zunächst darauf ausgerichtet, eine Bestandaufnahme zu ermöglichen.
Das geht von der Prüfung der technischen Infrastruktur und eventuell erforderlichen Reparaturen bis zur Erfassung von Versicherungen, Zulassungen oder Genehmigungen – abhängig davon, wie groß die Immobilie ist und ob es sich um eine Wohn-, eine Geschäfts- oder eine Mischimmobilie handelt.
Vertrauen wiederherstellern
Für den Fall, dass die Immobilie vermietet ist, geht es zudem darum, die Mieten einzuziehen und die laufenden Verbindlichkeiten der Immobilie zu begleichen. Oftmals ist es allerdings so, dass eine insolvente oder zwangsverwaltete Immobilie (ziemlich) heruntergewirtschaftet ist. In einem solchen Fall muss ein Verwalter bei den Lieferanten, den Behörden, aber auch den Mietern und den Mitarbeitenden sehr schnell das verloren gegangene Vertrauen wiederherstellen.
Der Faktor Zeit ist in einer Insolvenz-, aber auch einer Zwangsverwaltung generell nicht zu unterschätzen – gerade angesichts der zahlreichen Maßnahmen, die während der Verwaltung umgesetzt werden müssen. Da ist zum Beispiel die Mieterstruktur, die bei Bedarf angepasst werden muss. Das geht von der Bindung und Gewinnung bonitätsstarker Mieter wenn nötig bis zur Trennung von schlechten Mietern. Zudem ist die Abstimmung mit den gesicherten Gläubigern essentiell, da diese die Maßnahmen unterstützen müssen, da sie diese ja auch finanzieren.
Frage der laufenden Kosten
Die Kosten sind bei einer Immobilie generell ein wichtiger Faktor. Oftmals sind sie ein, wenn nicht sogar der Grund für die finanzielle Schieflage der Eigentümer und/oder der Besitzgesellschaft. Hier kann ein Insolvenz-, aber auch ein Zwangsverwalter im jeweiligen Verfahren viel erreichen – etwa bei den Verträgen mit Lieferanten und Dienstleistern. Die Bewirtschaftung einer Immobilie ist grundsätzlich mit der Fortführung eines Unternehmens vergleichbar.
Eine wichtige Frage ist: Können die laufenden Kosten aus den Mieteinnahmen gedeckt werden? Oder anders formuliert: Ist die Immobilie cash-positiv oder cash-negativ? Gibt es hier ein negatives Delta, kann dieses nur von einem Grundpfandgläubiger ausgeglichen werden, der daran etwa mit dem Blick auf den angestrebten Verkauf der Immobilie ein finanzielles Interesse hat, der dann zum Beispiel im Anschluss an eine Zwangsverwaltung stattfinden kann.
Unterschiede in den Verfahren
Auch wenn es bei den Maßnahmen, die im Zuge einer Zwangsverwaltung oder einer Insolvenzverwaltung einer Immobilie ergriffen werden, eine große Schnittmenge gibt, bestehen zwischen beiden Verfahren gleichwohl Unterschiede, wobei die Besonderheiten einer Zwangsverwaltung gerade für gesicherte Gläubiger wie etwa Banken Vorteile haben.
So hat eine angeordnete Zwangsverwaltung, die als Einzelvollstreckung auf die Befriedigung der Forderungen eines Gläubigers (oder weniger Gläubiger) fokussiert ist, auch Bestand, wenn später ein Insolvenzantrag gegen den Eigentümer oder die Besitzgesellschaft gestellt wird.
Eine Bank kann also mit einer Zwangsverwaltung ihre Forderungen – etwa an den Mieten einer Immobilie – gegenüber anderen Gläubigern durchsetzen, und das auch, wenn diese Gläubiger zum Beispiel in die Mieten pfänden (wollen). Zudem sind Mieten, die im Zuge einer Zwangsverwaltung eingezogen werden, vor einer (späteren) Insolvenzanfechtung geschützt.
*) Katharina Franke und Rüdiger Bauch sind Fachanwälte für Insolvenz- und Sanierungsrecht in der Kanzlei Schultze & Braun.