Ludwig J. Weber, Schultze Braun

MV Werften vor übertragender Sanierung?

Fachanwalt Ludwig J. Weber von der Kanzlei Schultze & Braun beleuchtet die besondere Beziehung zwischen Eigentümer und Insolvenzverwalter am Beispiel MV Werften/Genting.

MV Werften vor übertragender Sanierung?

Helmut Kipp

Herr Weber, welche Rolle spielt ein Gesellschafter in der Insolvenz?

Gesellschafter verfolgen ihre Interessen oftmals aktiv – gerade auch in einer Insolvenz. Denn allein durch den Insolvenzantrag ändert sich an den Gesellschaftsverhältnissen eines Unternehmens zunächst nichts. Genting bleibt weiterhin Gesellschafter der Werften, auch wenn Genting selbst einen Insolvenzantrag auf den Bermudas gestellt hat. Die deutschen Insolvenzverwalter verhandeln nun nicht mehr nur mit Genting, sondern auch mit den auf den Bermudas bestellten Insolvenzverwaltern.

Was ändert sich durch den Insolvenzantrag von Genting?

Ein finanzieller Beitrag von Genting zur Sanierung der Werften ist noch unwahrscheinlicher geworden, als er es ohnehin bereits war. Genting wollte die MV Werften ja offenbar bereits Anfang 2021 abwickeln. Ohne finanziellen Beitrag sinkt die Wahrscheinlichkeit für eine Sanierung der Werften mit einem Insolvenzplan weiter.

Aus welchem Grund?

Wichtige Faktoren bei einem Insolvenzplan sind neben den operativen Maßnahmen die Finanzierung des Plans und damit auch die Höhe eines finanziellen Haircuts – also auf wie viel Geld die Gläubiger zu verzichten bereit sind. Im Gegenzug dürften die Gläubiger einen finanziellen Beitrag des Gesellschafters fordern, der vom insolventen Genting-Konzern aber eher unwahrscheinlich ist. Zudem würden die Werften mit dem Insolvenzplan durch einen Forderungsverzicht der deutschen Gläubiger quasi auf deren Kosten saniert, danach aber wieder an den insolventen Gesellschafter zurückgehen. Der Insolvenzverwalter auf den Bermudas könnte die Werften dann im Rahmen des dortigen Insolvenzverfahrens verwerten.

Worauf könnte es stattdessen hinauslaufen?

Weitaus wahrscheinlicher ist aus meiner Sicht eine übertragende Sanierung, wie sie schon bei anderen Werft-Insolvenzen zum Einsatz gekommen ist. Dabei verhandelt der Insolvenzverwalter mit Investoren über die Übernahme der Vermögenswerte der Werften – aber nicht der Gesellschaften. Besonders herausfordernd dürfte bei den MV Werften sein, dass der Insolvenzverwalter zunächst einen Käufer für das Schiff Global 1 und in der Folge einen Investor für die Unternehmen sucht, die Presseberichten zufolge nach Fertigstellung der Global 1 keine Folgeaufträge haben. Gelingt das, wäre ein solcher Asset-Deal wahrscheinlich positiv für die Gläubiger. Durch die Verkaufserlöse für Schiff und Unternehmen erhalten sie voraussichtlich einen größeren Anteil ihrer Forderungen zurück als bei der Liquidation der Gesellschaften. Für den Gesellschafter lohnt sich die übertragende Sanierung hingegen weniger.

Wieso?

Durch den Verkauf der Vermögenswerte bleiben die bisherigen Gesellschaften am Ende nur als leere Gesellschaftshüllen bestehen. Die Gesellschaftsanteile an den Werften wären somit für Genting wirtschaftlich wertlos und damit auch für den Insolvenzverwalter auf den Bermudas. Mit dem Kaufpreis für die Vermögenswerte befriedigt der deutsche Insolvenzverwalter die Forderungen der Gläubiger so weit wie möglich. Nur wenn dies zu 100% erfolgt, erhalten die Gesellschafter eines insolventen Unternehmens etwas. Bei den Werften dürfte das aber wie bei den meisten Insolvenzen nicht der Fall sein, weshalb Genting auch hier leer ausgehen dürfte.

Was macht ein Insolvenzverwalter im Zusammenhang mit Gesellschaftern noch?

Ein Insolvenzverwalter wird immer auch die Intercompany-Zahlungen des Gesellschafters sowie weitere Zahlungen im Vorfeld der Insolvenz prüfen. Die deutschen Insolvenzverwalter werden also die Zahlungsströme zwischen Genting und den Werften, aber auch die Zahlungsströme im Genting-Konzern sowie Zahlungen an Dritte genau unter die Lupe nehmen. Die maßgebliche Frage ist hierbei: Wie viel Geld wurde von den Werften an andere gezahlt und wie viel davon hätte gezahlt werden dürfen? Zu Unrecht erfolgte Zahlungen kann der Insolvenzverwalter gegebenenfalls zurückholen.

Dr. Ludwig J. Weber ist Fachanwalt für Steuerrecht sowie für Handels- und Gesellschaftsrecht bei Schultze & Braun.

Die Fragen stellte .

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