Risikomanagement

Nachhaltige Vergütung fordert Banken heraus

Zunehmend enge Vorgaben machen die leistungsgerechte, aber auch wettbewerbsfähige Bezahlung von Management und sonstigen Risikoträgern von regulierten Unternehmen zu einer komplexen Angelegenheit.

Nachhaltige Vergütung fordert Banken heraus

Frau München, Herr Forschner, welche Vorgaben gibt es für Banken, um Nachhaltigkeit in Ver­gütungssystemen zu implementieren?

München: Noch gibt es keine expliziten Detailvorgaben. Aber die BaFin hat in einem Merkblatt Grundsätze für eine Good Practice im Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken formuliert. Dies ergänzt die Mindestanforderungen an das Risikomanagement für Kreditinstitute. Es soll also bei der ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation zur Anwendung kommen. Da das Vergütungssystem Teil des Risiko­managements ist, strahlen ESG-Fak­toren damit auch auf vergütungsrechtliche Anforderungen aus. Zu­dem strahlen ESG-Faktoren in der Geschäftsstrategie auf Vergütungsregelungen aus. Denn die EBA fordert, dass die Vergütungspolitik eines Instituts mit den Zielen seiner Geschäfts- und Risikostrategie übereinstimmt.

Gibt es besondere Anforderungen an Personen, die einen relevanten Einfluss auf ESG-Risiken haben?

Forschner: Die Verantwortung für die Geschäfts- und Risikostrategie und deren Umsetzung – und damit auch die Umsetzung der ESG-Kriterien – liegt bei der Geschäftsleitung. Vor diesem Hintergrund nennt die BaFin die Gestaltung der Geschäftsleitervergütung gemäß dem Grundsatz der Nachhaltigkeit als Beispiel für ESG. Spezifischere Vorgaben bestehen aber nicht. An dieser Stelle sind die Institute gefordert.

Wie lassen sich regulatorische Vorgaben und eine wettbewerbsfähige Vergütungsgestaltung vereinbaren?

München: Die Vergütungssysteme müssen einem angemessenen Management von Nachhaltigkeitsrisiken zuträglich sein und im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie des Instituts stehen. Die Ziele im Bereich ESG und ihre Erreichung können als Anknüpfungspunkte für die Vergütung, insbesondere der Leitungsebene, dienen. Wie viele und welche ESG-KPIs geeignet sind, in Vergütungsregelungen implementiert zu werden, müssen Institute derzeit selbst beantworten. Gleiches gilt für die Frage, auf welchen Ebenen und mit welchen Verfahren die Erfolgsmessung umgesetzt werden kann. Ein einheitlicher „Standard“ hat sich bislang nicht ausgebildet.

Mit welchen Folgen?

Forschner: Mangels einheitlicher Standards stellt ein wettbewerbsfähiges Vergütungssystem – das ja vom Vergleich mit den Vergütungssystemen anderer Institute lebt – unter Einbeziehung von ESG-Faktoren für Institute noch eine große Herausforderung dar. Hinzu kommt, dass sich ESG-Kriterien in die jeweiligen Vergütungsregelungen arbeits- und dienstvertragsrechtlich schwerer implementieren lassen – sie sind häufig weniger klar zu fassen als etwa gewinnbezogene Faktoren. Bei der Vertragsgestaltung sind Erfahrung und Mut, Neuland zu betreten, gefragt.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen?

München: Institute sind über die EU-Ver­ordnung über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor verpflichtet, im Rahmen ihrer Vergütungspolitik anzugeben, inwiefern diese mit der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken im Einklang steht. So entsteht ein gewisser Handlungsdruck. Die Einhaltung der Pflichten wird europaweit durch die jeweils zuständige Aufsichtsbehörde überwacht. Aber: Mangels eindeutiger Anforderungen, welche und wie Nachhaltigkeitsgesichtsgesichtspunkte in das Vergütungssystem einzubeziehen sind, dürfte es schwerfallen, sanktionierbare Verstöße festzustellen. Wichtig ist: Wenn Institute ESG-Kriterien in ihrer Vergütungspolicy verankert haben, müssen sie diese auch anstellungsvertraglich umsetzen. Andernfalls besteht ein sanktionierbares Defizit im Risikomanagement und der Geschäftsorganisation.

Welche Neuerungen stehen nun den Banken im laufenden Jahr ins Haus?

Forschner: 2022 steht insbesondere die Veröffentlichung der Auslegungshilfe der BaFin zur aktuellen Institutsvergütungsverordnung an. Unabhängig von rechtlichen Neuerungen werden sich die Institute noch stärker mit der Weiterentwicklung ihrer Vergütungen unter ESG-Gesichtspunkten beschäftigen. Das bedingt bereits die öffentliche Diskussion, die stärker denn je von der Nachhaltigkeitsthematik bestimmt wird und entsprechende Erwartungshaltungen schafft.

Andrea München ist Partnerin, Dr. Benedikt Forschner Counsel der Wirtschaftskanzlei CMS.

Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.

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