Neue Superbehörde zur Geldwäschebekämpfung kommt
Superbehörde zur Geldwäschebekämpfung kommt
Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz steht vor der Verabschiedung – Strengere Verfolgung von Banken und Unternehmen erwartet
Von David Pasewaldt und Margarete Weiß *)
Der Finanzausschuss des Bundestags hat am 26.06.2024 den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität (Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz, FKBG) verabschiedet. Damit ist ein wichtiger Schritt zur Umsetzung des Projekts aus dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) erreicht, die wegen Meinungsverschiedenheiten bei der Regelung neuer Zuständigkeiten und Kompetenzen innerhalb der Regierungskoalition bereits hinter dem Zeitplan liegt. Ursprünglich sollte das nach dem Gesetz neu zu errichtende Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität (BBF) seine Arbeit schon im Januar 2024 aufnehmen, ein Bundestagsbeschluss zur Verabschiedung des FKBG blieb bisher jedoch aus. Uneinigkeit bestand insbesondere bei den Ermittlungsbefugnissen der neuen Superbehörde zu verdächtigen Finanzströmen.
Gesetzentwurf verschlankt
Das Gesetzesvorhaben dient der Umsetzung einer Vereinbarung im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP von 2021 zur nachhaltigen Verbesserung der Bekämpfung von Geldwäsche. Es berücksichtigt vor allem die Kritik und Handlungsempfehlungen aus dem Bericht der internationalen Financial Action Task Force (FATF) von 2022 zur Effektivität der Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsbekämpfung in Deutschland. Neben strukturellen Defiziten bei der Geldwäscheaufsicht hatte die FATF unter anderem die geringe Zahl strafrechtlicher Ermittlungsverfahren und Verurteilungen wegen Geldwäsche als unzureichend bemängelt.
Gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf von Juli 2023 ist die aktuelle Entwurfsfassung für das KFBG infolge wesentlicher Änderungen von 236 auf 212 Seiten geschrumpft. Kernstück des Gesetzesentwurfs ist weiterhin die Errichtung des BBF. Die neue Bundesoberbehörde mit Hauptsitz in Köln und einem Nebensitz in Dresden soll im Jahresverlauf 2025 an beiden Standorten voll handlungsfähig werden und mit bis zu 2000 speziell geschulten Mitarbeitern Finanzermittlungen durchführen.
Ziel sind die Bündelung zentraler Kompetenzen für straf- und verwaltungsrechtliche Ermittlungen zu illegalen Finanzströmen, darüber hinaus soll die bisher von verschiedenen Landesbehörden geführte Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor zusammengeführt werden. Auf diese Weise sollen Synergieeffekte genutzt und die Geldwäschebekämpfung in Deutschland nachhaltig verbessert werden.
Konkret sollen die derzeit bei der Zollverwaltung angesiedelte Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) und die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung (ZfS) bis Juni 2025 in die neue Behörde integriert und deren Mitarbeiter in das BBF überführt werden. Zudem wird eine neue Zentralstelle für Geldwäscheaufsicht (ZfG) innerhalb des BBF eingerichtet, die einen einheitlichen, risikobasierten Ansatz der Geldwäscheaufsicht über den Nichtfinanzsektor stärken sowie geldwäscherechtliche Aufsichtsmaßnahmen bundesweit koordinieren und unterstützen soll.
Keine Vermögensermittlungsbefugnisse
Wesentlich beschränkt wurden im aktuellen Gesetzentwurf allerdings die Befugnisse zu Vermögensermittlungen im Zusammenhang mit verdächtigen Finanzströmen. Ursprünglich war geplant, dass ein neues Ermittlungszentrum Geldwäsche (EZG) nach dem Leitsatz „Follow the Money“ strafrechtliche Ermittlungen künftig schon bei unklarer Herkunft bedeutsamer Vermögenswerte durchführen, Vermögensgegenstände vorläufig sicherstellen und Verfügungsbeschränkungen anordnen kann. Insbesondere sollten unter diesen Voraussetzungen bereits verdeckte Ermittlungsmaßnahmen zulässig sein, namentlich die Telekommunikationsüberwachung und sogenannte Online-Durchsuchungen.
Dies wäre eine bedeutende Änderung gegenüber der derzeitigen Rechtslage, wonach strafrechtliche Ermittlungsbefugnisse erst greifen, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen und damit ein sogenannter Anfangsverdacht gegeben ist. Diese Verdachtsschwelle wird als zu hoch angesehen, weil starke Verdachtsmomente für eine illegale Herkunft von Vermögenswerten häufig schon bestehen, ohne dass bereits Anhaltspunkte für konkrete Straftaten erkennbar sind.
Spezialgesetz gestrichen
Ein deshalb zunächst geplantes Spezialgesetz zur Schaffung erweiterter Ermittlungsbefugnisse zum vereinfachten Auffinden und „Einfrieren“ illegaler Vermögensgegenstände (Vermögensermittlungsgesetz, VErmG) wurde im aktuellen Entwurf allerdings gestrichen. Abgeschwächte Regelungen dazu sind nun stattdessen Gegenstand eines separaten Gesetzesvorhabens. Konkret hat das BMF solche Vorschriften im April 2024 als Teil eines Vermögensverschleierungsbekämpfungsgesetzes (VVBG) vorgestellt, das sich als Referentenentwurf aber noch in einem frühen Stadium befindet.
Unabhängig davon sieht der aktuelle Gesetzesentwurf Vermögensermittlungen gar nicht mehr als Aufgabe des BBF vor. Kritiker sehen darin eine Aushöhlung von Befugnissen. Zur effektiven Geldwäschebekämpfung seien gerade Möglichkeiten zu verwaltungsrechtlichen Ermittlungen und Maßnahmen der Vermögensabschöpfung unterhalb der strafprozessualen Schwelle eines Anfangsverdachts erforderlich, ohne die das FKBG zu einem „stumpfen Schwert“ verkomme.
Kritisiert werden ferner die im aktuellen Entwurf begrenzten Ermittlungsbefugnisse der Zollfahndungsbehörden, denen bei Geldwäscheermittlungen eine automatisierte Analyse personenbezogener Daten gestattet werden sollte. Obwohl diese Neuregelung gegenüber den bisher praktizierten händischen Abfragen in verschiedenen zollinternen Datenbanken als erhebliche Verbesserung begrüßt wurde, ist auch sie im bisherigen Gesetzgebungsverfahren gestrichen worden.
Verfassungsrechtliche Grenzen
Die genannte Beschneidung zunächst vorgesehener Ermittlungsbefugnisse ist allerdings nicht grundlos erfolgt. Sie hat ihre Ursache vielmehr in Zweifeln an der Verfassungsgemäßheit der ursprünglichen Regelungen. Als problematisch wurde insoweit die Vermischung verwaltungsrechtlicher Aufgaben im Bereich des Gefahrenabwehrrechts, die strengen Voraussetzungen unterliegen, und Befugnissen auf dem Gebiet der Strafverfolgung unter erleichterten strafprozessualen Voraussetzungen angesehen. Namentlich der anfänglich beabsichtigten Möglichkeit der verwaltungsrechtlichen Einziehung verdächtiger Vermögensgegenstände bei faktischer Beweislastumkehr hinsichtlich ihrer Herkunft wurde der Einwand der Verfassungswidrigkeit mit Blick auf den Schutz des Eigentums nach Art. 14 Grundgesetz entgegengehalten.
Immobilientransaktionsregister
Weiterhin speziell für den Immobiliensektor vorgesehen ist die Einrichtung eines beim BBF geführten neuen Immobilientransaktionsregisters. Mit ihm soll allen Geldwäsche- und Strafverfolgungsbehörden zum Zweck der Geldwäschebekämpfung volldigitaler Zugriff auf Informationen im Zusammenhang mit Veräußerungsgeschäften von Immobilien gewährt werden. Zu den im Register enthaltenen Informationen sollen vor allem Personen zählen, denen Immobilienunternehmen gehören oder die sonst wirtschaftlichen Einfluss auf solche Unternehmen ausüben. Dies bedeutet eine wichtige Ausdehnung gegenüber dem schon seit dem Jahr 2017 im Geldwäschegesetz (GwG) verankerten Transparenzregister, in dem Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen des Privatrechts (etwa GmbHs und AGs), Personengesellschaften (etwa OHGs und KGs) sowie Stiftungen geführt werden.
Abstimmung in Kürze
Noch ist unklar, wann genau mit einer Verabschiedung des FKGB zu rechnen ist. Eine Abstimmung im Bundestag und ein Inkrafttreten werden nach der parlamentarischen Sommerpause erwartet. Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Vorhabens lässt jedenfalls das Bundesfinanzministerium um Christian Lindner nicht erkennen, das den Änderungsbedarf weiterhin als dringlich und die bisherigen Verzögerungen bei der Umsetzung als ärgerlich beschreibt.
Vor diesem Hintergrund und angesichts der deutlichen Kritik der FATF aus dem Jahr 2022 an den Geldwäschebekämpfungsmaßnahmen Deutschlands sollten Banken und Unternehmen sich in jedem Fall auf eine stärkere Überwachung der Geldwäscheaufsicht und eine strengere Verfolgung bei Verstößen einstellen.
*) Dr. David Pasewaldt ist Partner und Margarete Weiß Rechtsanwältin in der Praxisgruppe „White Collar, Regulatory & Compliance“ der Kanzlei Clifford Chance in Frankfurt.