Refinanzierungsoption für Finanzinstitute
Von Simon G. Grieser*)
Die Art des Kapitalmarktzugangs mittels einer Special Purpose Acquisition Company (Spac) hat gerade in den USA in jüngster Zeit wieder an Popularität gewonnen, und auch in Europa gibt es erste Transaktionen.
Im Folgenden soll aufgezeigt werden, dass auch für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Zahlungsdienstleister mit Sitz in der Europäischen Union bzw. deren Eigentümer eine Spac eine Option für Veräußerungen von Beteiligungen an einem Institut oder für eine Kapitalerhöhung bei einem Institut sein kann.
Eine Spac ist eine Mantelgesellschaft ohne eigenes operatives Geschäft mit dem einzigen Ziel, durch einen Börsengang Kapital einzusammeln, um sodann innerhalb eines begrenzten Zeitraums ein nicht börsennotiertes Unternehmen zu übernehmen und dieses somit mittelbar an die Börse zu bringen. Welches Unternehmen auf diese Weise übernommen wird, steht zum Zeitpunkt der Börseneinführung der Spac noch nicht fest.
Ohne eigenes Geschäft
Gegründet werden Spacs regelmäßig von erfahrenen Managern. Deren Markt- und Investmenterfahrung sind für den Erfolg einer Spac-Transaktion von entscheidender Bedeutung, da ihnen es obliegt, Unternehmen zu finden, die mithilfe der Spac indirekt an den Kapitalmarkt gebracht werden sollen. Die Spac wird sodann als Mantelgesellschaft ohne eigene operative Tätigkeit im Wege einer Börseneinführung an die Börse gebracht, wobei noch nicht feststeht, welches Unternehmen ein passendes Investitionsziel darstellt.
Die Vorteile für Institute bzw. deren Eigentümer, mit einer Spac eine Beteiligung an einem Institut auszuhandeln, können vielfältig sein. Einer der Vorteile ist zunächst die Möglichkeit, sich an einem internationalen Kapitalmarkt zu refinanzieren, ohne direkt dort gelistet zu sein. Dies gilt insbesondere für Institute, die innovative Geschäftsmodelle (z.B. im Bereich Fintech) verfolgen und einen internationalen Investorenkreis anstreben bzw. für Eigentümer, die nur eine Minderheitsbeteiligung platzieren wollen.
Zwar sind grundsätzlich Mehrheits- sowie Minderheitsbeteiligungen möglich, wobei – auch aufgrund geringer Fremdkapitalaufnahme durch die Spacs – häufig nur eine Minderheitsbeteiligung am Zielunternehmen angestrebt wird, so dass deren Altgesellschafter auch nach dem Zusammenschluss die Kontrolle über das Unternehmen behalten. Dieser Umstand ist aber nicht nur aus Altgesellschaftersicht positiv, sondern auch vor dem Hintergrund der regulatorischen Rahmenbedingungen für Institute in Europa.
Grundsätzlich gilt bei Instituten mit Sitz in Europa: Wer beabsichtigt, eine qualifizierte Beteiligung zu erwerben oder eine bestehende Beteiligung über bestimmte Schwellenwerte hinaus zu erhöhen, muss dies der für die Aufsicht für das betroffene Institut zuständigen Behörde mitteilen und die für die Prüfung erforderlichen Informationen übermitteln. Die Aufsichtsbehörde hat innerhalb einer Frist von 60 Tagen nach Eingang der Anzeige sowie der vollständigen Informationen zu prüfen, ob der interessierte Erwerber die Anforderungen an seine Zuverlässigkeit, fachliche Eignung und finanzielle Solidität erfüllt sowie ob die Aufsichtseignung der zukünftigen Gruppe und die Unbedenklichkeit im Hinblick auf Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierung gegeben sind. Insoweit sind die Hürden für einen möglichen Erwerb relativ hoch.
Entscheidendes Kriterium ist aber das Vorliegen einer qualifizierten Beteiligung an einem Institut. Der Begriff „qualifizierte Beteiligung“ wird in Art. 4 Abs. 1 Nr. 36 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und den jeweiligen nationalen Gesetzen legal definiert. Danach ist eine qualifizierte Beteiligung das direkte oder indirekte Halten von mindestens 10% des Kapitals oder der Stimmrechte eines Unternehmens oder eine andere Möglichkeit der Wahrnehmung eines maßgeblichen Einflusses auf die Geschäftsführung dieses Unternehmens.
Vor diesem Hintergrund können die am Kapitalmarkt akzeptierten Möglichkeiten einer Spac, auch Minderheitsbeteiligung einzugehen, sich auch regulatorisch als eine Transaktionserleichterung darstellen. Für den Fall, dass die Spac nur eine Beteiligung von unter 10% an dem betreffenden Institut eingeht, bedarf es bereits auf der Ebene der Spac keines Eigentümerkontrollverfahrens.
Breiter Investorenpool
Aber auch wenn die Spac eine Beteiligung von über 10% an dem Institut eingehen möchte, bedeutet dies für die Investoren in die Spac nicht automatisch, dass auch sie ein Eigentümerkontrollverfahren durchlaufen müssen.
Sofern die Investoren der Spac keine Kontrolle über diese besitzen, sind die Prozentsätze der Beteiligungen entlang der Unternehmenskette miteinander zu multiplizieren. Eine qualifizierte Beteiligung gilt als indirekt erworben, wenn das Ergebnis der Multiplikation mindestens 10% beträgt. Dies wird oftmals bei einem breitgestreuten Investorenpool in den Spacs nicht der Fall sein. Daher können Spac-Transaktionen auch im regulierten Bereich von erheblichem Interesse sein.
*) Dr. Simon G. Grieser ist Rechtsanwalt und Partner von Reed Smith in Frankfurt.