Spacs der 3. Generation kommen nach Europa
Herr Dr. Hacket, Herr Dr. Wittmann, um Spac-IPOs in Europa ist es nach dem Sommer ruhiger geworden. Was ist bei dem im November an die Börse gebrachten Healthcare-Spac anders?
Hacket: Der Spac-IPO-Markt hat in 2020 und zu Beginn 2021 in den USA einen enormen Boom erlebt. In Europa gab es die ersten Spac-IPOs erst zu Beginn des Jahres und mit ca. 20 Spac-IPOs in ganz Europa wesentlich weniger als die seit 2019 knapp Tausend Spac-IPOs in den USA. Zur Mitte des Jahres gab der Markt nach, insbesondere da viele Spacs unter dem Ausgabepreis notierten und wir bei Spac-Übernahmen hohe Investoren-Rücknahmeraten sahen. Der European Healthcare Acquisition & Growth Company ist Teil der neuen Spac-3.0-Generation, die diese Probleme strukturell proaktiv angegangen ist und damit erfolgreich den größten europäischen Spac-IPO nach der Sommerpause hingelegt hat.
Wie unterscheiden sich diese neuen Spacs von denen vom Beginn des Jahres?
Wittmann: Vor allem der Fokus auf langfristig denkende Investoren. Viele Spac-IPOs waren in der Vergangenheit von Hedge Funds dominiert, welche nicht notwendigerweise langfristiges Interesse an einem Zielunternehmen haben. Bei der neuen Generation von Spacs richten sich die Sponsoren und das Marketing wesentlich stärker auf klassische IPO-Investoren. Damit kehrt man auf den ursprünglichen Gedanken von Spacs zurück. Das Zielunternehmen soll eine solide, langfristige Investorenbasis über einen Reverse-IPO erhalten.
Wie funktioniert dies genau? Gibt es strukturelle Änderungen zu den Spacs der Vergangenheit?
Hacket: Genau so ist es. Langfristig denkende Spac-Investoren wollen, dass die Interessen des Sponsorenteams, das heißt der Gründer des Spacs, mit denen der anderen Spac-Investoren weitgehend übereinstimmen. Bei der neuen Generation von Spacs erreichen wir das, indem wir die sogenannten Promote Schedules der Sponsoren anpassen. Dadurch realisieren die Sponsorenteams ihren persönlichen Return weitgehend nur, wenn der Aktienpreis des Zielunternehmens nach dem De-Spac Merger langfristig wächst.
Der Manager Stefan Winners ist Teil des European Healthcare Acquistion & Growth Company Spac. Er hat auch an Lakestar und Home To Go mitgewirkt, bei dem Ihre Kanzlei auch involviert war. Hat man das neue Konzept gemeinsam entwickelt?
Wittmann: Das Spac-Sponsoren-Team ist ein wesentlicher Bestandteil der neuen Spac-Generation. Wir glauben, dass auch in Zukunft die Spacs, welche langfristige Investoren gewinnen wollen, hochkarätige und mit Spacs erfahrene Sponsorteams benötigen – wie das Team, welches Stefan Winners für seinen zweiten Spac zusammengestellt hat. Der Spac-Markt geht damit unseres Erachtens auf das ursprüngliche Versprechen des Modells zurück.
Inwiefern?
Wittmann: Sponsoren sollen Zielunternehmen für mehrere Jahre nach der Spac-Übernahme mit Managementerfahrung und als erfahrene Berater zu solidem Wachstum verhelfen. Das war auch der Schlüssel zum Erfolg des neuen Spacs – übrigens erst der dritte Spac-IPO in Europa im zweiten Halbjahr.
Wird der Spac-Markt im kommenden Jahr 2022 mit diesem Modell fortgesetzt? Und wo werden diese IPOs stattfinden?
Hacket: Wir sehen durchaus eine neue Dynamik, die bei gutem Marktumfeld in 2022 zu einer Reihe von Spac-IPOs im europäischen Markt führen kann. Als Kanzlei wissen wir, dass eine erhebliche Anzahl von Sponsoren-Teams bereit sind, Anfang nächsten Jahres das Marktumfeld wieder zu testen. Europa hat im Vergleich zu den USA ein hohes Nachholpotenzial für Spac-IPOs. Es kann für viele Zielunternehmen in Europa sinnvoll sein, um nicht der amerikanischen Börsenaufsicht SEC zu unterliegen. Beim Unternehmenssitz, aber auch bei der Börsennotierung kristallisiert sich aus unserer Sicht klar der Standort Niederlande heraus, wobei allerdings auch Börsennotierungen von niederländischen beziehungsweise Luxemburger Spacs in Frankfurt weiter eine Rolle spielen sollten sowie nach Regeländerungen der Standort London ebenso Bedeutung gewinnen wird.
Dr. George Hacket ist Partner im Frankfurter Büro, Dr. Axel Wittmann ist Counsel im Münchener Büro von Clifford Chance.
Die Fragen stellte Sabine Wadewitz.