„Rekordausschüttungen, die gut untermauert sind“
Herr Breintner, warum sind die Dividenden so wichtig?
Unternehmensgewinne können stark schwanken, Dividenden tun das in der Regel nicht, sie sind wesentlich stabiler und tragen oftmals wesentlich zur Performance von Aktien mit bei. Vor allem in Europa leisten Dividenden einen signifikanten Anteil zur Gesamtperformance, während in den USA – auch aus steuerlichen Gründen – oftmals Aktienrückkäufe bevorzugt getätigt werden. Darüber hinaus suchen angesichts des Niedrigzinsumfelds immer mehr Investoren Alternativen zu Anleihen. Sie engagieren sich daher zunehmend in Aktien, die stabile und attraktive Ausschüttungen bieten.
Sind Aktien mit hohen Dividendenrenditen besser gegen Kursrückschläge gewappnet?
Nein, pauschal ist das nicht richtig. Gerade die Aktien mit den höchsten Dividendenrenditen bergen auch oft hohe Risiken. Entscheidend ist, dass Unternehmen eine stabile und nachhaltige Dividendenpolitik betreiben. Unternehmen mit Ausschüttungsquoten bezogen auf den Nettogewinn im Bereich von etwa von 40 bis 60 % können beispielsweise auch in Jahren, in denen der Unternehmensgewinn fällt, ihre Dividenden mindestens stabil halten.
Wie fällt die Dividendensaison 2022 aus?
Die von Unternehmen gezahlten Dividenden basieren vor allem auf deren Gewinnentwicklung. Und bei den Unternehmensgewinnen hatten wir ein ausgesprochen gutes Jahr 2021. Insgesamt werden wir in diesem Jahr wohl Rekordausschüttungen sehen, die zudem gut untermauert sind. Dies gilt nicht zuletzt auch für den Dax.
Wie sieht das für einzelne Branchen aus?
Den Banken geht es wieder besser – und viele Institute zahlen wieder bzw. höhere Dividenden. Der Versicherungssektor überzeugt durch ein interessantes Dividendenprofil. Der Öl- und Gassektor ist aufgrund rekordhoher Gewinne, die nur zum Teil reinvestiert werden, aktuell in der Lage, hohe Dividenden auszuschütten. Viele Versorger zahlen attraktive Dividenden. Auch der Telekomsektor ist aufgrund hoher Dividenden sowie aktuell zunehmender Konsolidierungsfantasie interessant. Beispielsweise stiegen zuletzt Private Equity und aktivistisch orientierte Investoren stärker in den Telekomsektor ein.
Und was ist mit den Zyklikern?
Klassische zyklische Sektoren wie Chemie und Bauindustrie erzielen wieder hohe Gewinne, wovon natürlich die Dividenden profitieren. Auch im Automobilsektor gibt es derzeit oftmals hohe Dividenden, die aktuell mehr als verdient werden. Doch ist bei diesen Titeln aufgrund der gewaltigen Herausforderungen in den nächsten Jahren auch etwas Vorsicht im Hinblick auf anhaltend hohe Ausschüttungen auf dem aktuellen Level geboten.
Gibt es aufgrund der Zinswende einen Trend weg von Wachstumswerten hin zu Value- und Dividendenaktien?
Dass sich Private Equity und einige große Investoren wieder verstärkt für Deep-Value-Firmen interessieren, ist ein Anzeichen hierfür. Im Vergleich zum Growth-Sektor haben die Kurse des Value-Segments, hierzu zählen viele Dividendensektoren, einiges an Aufholpotenzial.
Wie wählen Sie Aktien in Ihren beiden dividendenorientierten Fonds aus?
Generell haben wir einen sechsstufigen Investmentprozess, den jeder Wert durchlaufen muss. Bei dividendenstarken Werten sind darüber hinaus drei Punkte für uns wichtig: Erstens, dass ein Unternehmen die Dividenden, die es ausschüttet, auch wirklich verdient. Dafür schauen wir uns besonders den freien Cashflow über mehrere Jahre an. Von dieser Summe ziehen wir dann die Ausschüttungen ab. Wenn dann noch genug übrig bleibt, vielleicht für M&A oder um Schulden zu tilgen, sind das für uns aus dem Blickwinkel der Cash-Generierung prinzipiell geeignete und interessante Unternehmen.
Und was ist der zweite Punkt?
Dass ein Unternehmen über die Jahre wie eingangs erwähnt im Schnitt in einem Korridor einer Ausschüttungsquote von im Durchschnitt etwa 40 bis 60 % des Gewinns liegt. Denn in dieser Situation können Firmen auch in schwierigen Jahren zumindest die Vorjahresdividende zahlen. Im Fonds ist es uns so bisher gut gelungen, Investments in Firmen, welche die Dividenden kürzen oder streichen mussten, weitgehend zu vermeiden.
Und drittens?
Auf Fondsebene streben wir eine Dividendenrendite an, die über der des Weltmarkts und auch über der der europäischen Märkte liegt. Als Beispiel: Mit Blick auf das kommende Jahr liegt die erwartete Dividendenrendite des DJE – Dividende & Substanz bei rund 3,5 %.
Wann verkaufen Sie eine Aktie?
Wenn sie unsere Investmentkriterien nicht mehr erfüllt. Zum Beispiel, wenn die Bewertung zu hoch erscheint und sich das Momentum eintrübt oder sich das Chance-Risiko-Profil generell deutlich verschlechtert.
Was passiert, wenn die Inflation auf Dauer relativ hoch bleibt?
Dieses Szenario ist für die kommenden Jahre durchaus realistisch. Doch gerade dann bieten nachhaltige hohe Dividendenzahler dem Anleger gute Chancen, sein eingesetztes Kapital zu erhalten und zu vermehren.
Das Interview führte Werner Rüppel.