Leo Willert im Portrait

Vertraue dem Autopiloten!

Fondsunternehmer und Rennfahrer Leo Willert rät dazu, nach selbstgesetzten Regeln Wertpapiere zu handeln, anstatt ständig einzugreifen.

Vertraue dem Autopiloten!

Die Lust am Risiko gehört nicht in den Börsensaal, sondern auf die Rennpiste, macht Fondsunternehmer Leo Willert deutlich. „Um Geld zu sparen, empfehle ich dir, Motorsport zu machen“, lautete einst der Rat eines Investmentlehrers an ihn, wie der Mitgründer der österreichischen Fondsgesellschaft Arts Asset Management erzählt. In der Kapitalanlage sei ein Hobby hilfreich, damit Persönlichkeitsmerkmale nicht zu Fehlern in der Geldanlage führten.

Willert ist Verfechter eines „quantitiven“ Anlagestils, der sich allein auf zahlenbasierte, verbindliche Regeln verlässt. Setze dir Regeln, aber greife bloß nicht ein! Nach diesem Motto sind auch die Fonds der Gesellschaft gemacht, die ein Portfolio nach festen Vorgaben statt nach der individuellen Einschätzung eines Fondsmanagers anpassen. Der 58-jährige Wiener setzt dabei eine Trendfolgestrategie, er vertraut also auf ein Computersystem, das getrieben von Kennzahlen anhaltende Aufschwungphasen erkennen soll. Das funktioniert je nach Marktphase und Strategie mal besser, mal schlechter.

Hände ans Steuer!

Dabei ist ein Autopilot gar nicht nach Willerts Geschmack. Er setzt sich bei professionellen Autorennen selbst ans Steuer und fährt an geschätzt zehn Wochenenden im Jahr in mehreren Rennen durch die Arenen in Europa und dem Nahen Osten. An der „Porsche Sprint Challenge“ beteiligen sich etliche Fahrer, häufig europäische Unternehmer wie Willert oder Angehörige aus Herrscherfamilien in der arabischen Welt, ansonsten auch jüngere Menschen aus dem Kartsport. So kommt der Österreicher viel herum: Die Rennserie im Nahen Osten etwa führt nach Dubai, Abu Dhabi und Bahrain. Zwar kam er erst später in seinem Leben zum Rennsport, als er bereits als Unternehmer erfolgreich war und seine ersten Trading-Erfahrungen längst hinter sich hatte. Seither prägt ihn das Rennen aber nicht weniger als das Börsengeschehen, wie ihm anzumerken ist.

Die größte Gefahr im Wertpapierhandel sei, sich zu sehr seinen Persönlichkeitsanteilen hinzugeben, sagt er. Jeder trage Risikoscheu, Kreativität, einen Hunger auf Rendite und andere Merkmale mit sich. „Jedes Persönlichkeitsmerkmal beansprucht, zu seinem Recht zu kommen“, sagt er. Wer sich aber nicht zähme, begehe im Börsenhandel Fehler. In einer weitgehend automatisierten Kapitalanlage gehe es auch darum, den Impuls zu zähmen. Die Regeln der Strategie müssten dazu aber den eigenen Neigungen entsprechen, damit der Reiz zum Eingriff nicht zu groß sei, sagt er. Willert weiß aus eigener Erfahrung, wie schwierig das sein kann: Als das regelbasierte System kurz nach dem Höhepunkt der Weltfinanzkrise im Jahr 2009 einen hohen Aktienanteil und eine Konzentration in wenigen Märkten empfahl, sei im mulmig geworden. „Ich habe, wenn auch zähneknirschend, an die Signale des Systems geglaubt.“

Der Weg ins Fondsmanagement kam über den Wertpapierhandel: Im Jahr 2001 hatte er einen Trading-Account bei einer Tochter der Investmentgesellschaft C-Quadrat eingerichtet, der heutigen Haupteigentümerin von Arts. Dabei wurden die C-Quadrat-Gründer Alexander Schütz und Thomas Rieß, mit denen er zuvor schon zusammengearbeitet hatte, auf seinen Trading-Ansatz aufmerksam und vertrauten ihm probeweise einen Fonds mit geringem Volumen an. Mit dem Startzeitpunkt im März 2003, so erzählte er später, habe er „enorm viel Glück“ gehabt. Das Portfolio schoss in einem halben Jahr mit 27 % durch die Decke, schon bald vertrauten Investoren der Gesellschaft 80 Mill. Euro an. In den Folgejahren baute er mit C-Quadrat die Fondsreihe „Arts“ auf. Heute zählt die zuständige Arts Asset Management rund 40 Beschäftigte und verwaltet ein Volumen von 1,9 Mrd. Euro in 13 Fonds.

Börsenärger gehört ins Tagebuch

Willert empfiehlt Aktienhändlern ein Trading-Tagebuch, um Entscheidungen und Gefühle zu dokumentieren. Von einem Eingriff rät er ab. „Es ist leicht zu sagen: ‚Das hat der Computer nicht wissen können!‘ Doch ein willkürlicher Eingriff ist eine Abkehr von der Strategie.“ Sofern er mit einer Empfehlung nicht zufrieden sei, setze er sich nicht etwa über das System hinweg, sondern entwickele es weiter. Immer wieder testeten er und sein Team verschiedene Ideen: Dazu rechnen sie aus, wie sich ein Portfolio mit der jeweiligen Regel in der Vergangenheit entwickelt hätte. Die meisten Ansätze verwerfe das Team dabei wieder, auch wenn die Regeln zunächst überzeugend schienen. „Für viele Strategien hätte ich die Hand ins Feuer legen können, nur um festzustellen, dass sie nicht funktionieren.“

Jede Regel bringe Vor- und Nachteile mit sich: Wenn ein Fonds etwa die Aktienquote senken könne, bezahle er damit in den meisten Jahren mit Renditeverlust, komme aber in den Krisenjahren mit überschaubaren Verlusten davon. Eine Regel könne also wie eine Versicherung wirken, die Jahr für Jahr Geld koste, sich aber im Krisenfall bewähre. Das Justieren der einzelnen Komponenten vergleicht er mit den Stellgrößen an einem Rennwagen: „Ein kleines Drehen an einer Stelle wirkt sich auf das gesamte Auto aus.“ Alles hänge zusammen.

Die Fonds des Unternehmens investieren ihr Geld in andere Fonds. Dabei interessiert sich der Autopilot laut Willert nicht dafür, ob es sich etwa um ETFs oder um aktiv verwaltete Fonds handelt, sondern ob das jeweilige Vehikel zum prognostizierten Trendaufschwung passe. Die Leistung der Fonds ist vorzeigbar, wenngleich durchwachsen. Während die größeren Fonds der Reihe, der globale Mischfonds „C-Quadrat Arts Total Return Global“ und der „Global Return Dynamic“ laut Analysefirma Morningstar mit vier Sternen besser abschneiden als die meisten vergleichbaren Produkte, kommt der Aktienfonds „Best Momentum“ nur auf unterdurchschnittliche zwei Sterne, während einige weitere Fonds mit drei Sternen im Mittelfeld rangieren oder ebenfalls vier Sterne ausweisen. Der Autopilot kommt solide durch die Kurven.

In der persönlichen Geldanlage hätte sich Willert rückblickend öfter lieber selbst ans Steuer gesetzt: Er hätte sich trauen sollen, früh in Immobilien oder Kryptowerte zu investieren, sagt er. Den Reiz riskanter, aber chancenreicher Manöver kennt er gut. Nicht immer passt ein Autopilot zur Mentalität eines Rennfahrers.

13 Fonds steuert die österreichische Investmentgesellschaft Arts Asset Management heute, Die Mittel werden nach einem automatisierten („quantitativen“) System verteilt. Eine Fondsanlage ohne Einzeleingriffe durch das Management sei heute selten, sagt Firmenchef Leo Willert. zu groß sei das Bedürfnis, in kritischen Marktphasen selbst das Steuer zu übernehmen.