Investmentfonds - Gastbeitrag

Afrika: Wirtschaftsmacht der Zukunft

Börsen-Zeitung, 29.10.2010 In Afrika locken die weltweit höchsten Renditen auf ausländische Direktinvestitionen. Zu diesem Ergebnis kommt die Beratungsgesellschaft McKinsey in einer Studie über den schwarzen Kontinent. Zu lange ist Afrika von...

Afrika: Wirtschaftsmacht der Zukunft

In Afrika locken die weltweit höchsten Renditen auf ausländische Direktinvestitionen. Zu diesem Ergebnis kommt die Beratungsgesellschaft McKinsey in einer Studie über den schwarzen Kontinent. Zu lange ist Afrika von Investoren und Unternehmen kaum beachtet worden, sind die Berater überzeugt. Denn Afrika sei auf dem besten Weg, eine echte Wirtschaftsmacht zu werden.Dies belegen einige Fundamentaldaten: Während die Weltwirtschaft im Jahr 2009 von einer massiven Rezession geschüttelt wurde, konnte Afrika ein Wirtschaftswachstum von 2,5 % verzeichnen – ein klares Zeichen für eine geringe Korrelation zu den entwickelten Ländern und den etablierten Emerging Markets. Zudem wächst Afrika mittlerweile nachhaltiger und zügiger als früher. So wuchs das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) Afrikas zwischen 2000 und 2008 um 4,9 % per annum. Das ist mehr als doppelt so stark wie noch in den achtziger und neunziger Jahren.Folgerichtig schenken auch Investoren Afrika immer mehr Aufmerksamkeit. Doch wenn es um die Allokation von Geld geht, sind viele zurückhaltend. Der Grund für die Unsicherheit ist oft ein zu geringes Wissen über die Gegebenheiten vor Ort. Die Strukturen der afrikanischen Volkswirtschaften sind den meisten unbekannt. Und ohne dieses Wissen erscheint eine sorgsam abgewogene Anlageentscheidung kaum möglich. Mehr als RohstoffeDa ist zunächst einmal der weit verbreitete Glaube, dass die meisten afrikanischen Volkswirtschaften allein durch den Reichtum an Rohstoffen angetrieben werden. Auf den ersten Blick scheint dies durchaus zu stimmen: Zwischen 2002 und 2007 hat der Rohstoffsektor rund ein Drittel zum Wachstum des realen Bruttoinlandsprodukts Afrikas beigetragen und damit mehr als jeder andere Sektor. Und dass Rohstoffe auch künftig wichtig für Afrika bleiben, dürfte ebenfalls ausgemacht sein. So liegen dort 10 % der weltweiten Ölreserven, 8 % der Gasreserven und sogar 54 % der Goldreserven. Bei den Industriemetallen Chrom und Platin verfügt Afrika sogar über 80 bis 90 % des weltweiten Vorkommens. Die Geschichte des rohstoffreichen Afrikas gilt nach wie vor als intakt.Allerdings: Wenn ein Drittel des Wirtschaftswachstums auf den Rohstoffsektor entfällt, heißt dies zugleich, dass rund zwei Drittel des BIP-Wachstums nicht durch den Rohstoffsektor erzielt werden. Für immerhin 13 % war der Bereich Groß- und Einzelhandel verantwortlich, der Agrarsektor steuerte 12 % bei und Transport und Logistik stehen für ein Zehntel des Wachstums in Afrika.Es scheint also vielen afrikanischen Ländern gelungen zu sein, die Impulse aus ihren Rohstoffexporten zu nutzen, um eine nachhaltige binnenwirtschaftliche Dynamik anzustoßen. Grundlage dafür sind auch die zunehmend wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen. So hat beispielsweise Nigeria zwischen 1999 und 2006 mehr als 100 Unternehmen aus dem Staatsbesitz privatisiert. Weitere Beispiele sind Marokko und Ägypten, die umfassende Freihandelsabkommen mit wichtigen Handelspartnern geschlossen haben.Die binnenwirtschaftliche Dynamik wird zudem vielerorts von einer günstigen demografischen Entwicklung gestützt. Nach Angaben der UNO dürfte Afrika bis 2015 mit einer jährlichen Rate von 2,2 % das weltweit höchste Bevölkerungswachstum ausweisen. Eine Folge dessen ist – besonders in Nordafrika – eine schnelle Urbanisierung. In den Städten erwarten die Menschen bessere Chancen und höhere Löhne. Dies sorgt – auch dank steigender Privatkreditvergabe – für positive Impulse auf den privaten Konsum oder die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen. Dementsprechend zählen Aktien aus dem Konsum- und Finanzbereich im Augenblick zu den interessantesten Werten für Afrika-Investoren.Vor allem im asiatischen und europäischen Ausland werden die vielversprechenden Aussichten für Afrika bereits erkannt. Der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen nach Afrika hat sich von jährlich 9 Mrd. Dollar im Jahr 2000 auf 62 Mrd. Dollar 2008 fast versiebenfacht. Als größter Investor tut sich dabei China hervor. Im Fokus stehen insbesondere Infrastrukturprojekte im Straßenbau und im Kommunikationsbereich. Afrikanische Infrastruktur-Unternehmen, die an diesem Ausbau partizipieren, sollten die Investoren also ebenfalls auf ihrer Liste haben.Während die genannten Makro-Trends für einen Großteil des Kontinents gelten, ist der Fortschritt der einzelnen Länder sehr unterschiedlich. Besonders weit entwickelt sind neben Südafrika vor allem Nationen im Norden des Kontinents. Länder wie Ägypten, Marokko und Tunesien haben bereits stark diversifizierte und dynamische Volkswirtschaften. Auf Industrie und Dienstleistungen entfallen hier mittlerweile rund 80 % der Wirtschaftsleistung.Neben diesen Aushängeschildern des Wirtschaftsaufschwungs, die mit starkem BIP-Wachstum glänzen, gibt es auch in der zweiten Reihe einige Länder mit guten Perspektiven. Dazu gehört Nigeria, das vor allem durch seinen Ölreichtum bekannt ist. Doch auch das westafrikanische Land stützt sich zunehmend breiter ab: Besonders die Finanz- und Telekommunikationsbranche wachsen stetig, sodass seit dem Jahr 2000 lediglich 35 % des Wachstums aus dem Rohstoffbereich stammen.Aufgrund der wirtschaftlichen Erfolge bieten sich in den nordafrikanischen Staaten sowie in ausgewählten Ländern Sub-Sahara-Afrikas auch die besten Gelegenheiten für Investoren. Südafrika wäre rein ökonomisch ebenfalls interessant, hat jedoch zwei Nachteile: erstens die höhere Korrelation zu entwickelten Märkten und zweitens eine solche Größe, dass das Land in vielen Fondsportfolios einen sehr hohen Anteil ausmachen würde. Differenzierte StrategieBeim Investment in Nord- und Sub-Sahara-Afrika ist zu beachten: Aufgrund der unterschiedlichen Startbedingungen der Länder sollten Fondsmanager mit differenzierten Ansätzen arbeiten. In den stabilsten und dynamischsten Volkswirtschaften wie Ägypten oder Marokko etwa kann ein Top-Down-Ansatz genutzt werden, um von der ökonomischen Situation ausgehend die interessantesten Sektoren zu identifizieren. In den Ländern mit größeren strukturellen Problemen – vor allem in Richtung Zentralafrika – sollte dagegen “bottom-up” auf die Entwicklung einzelner Unternehmen gesetzt werden. Um die Risiken zu verringern, sollte zudem ein möglichst breit diversifiziertes Portfolio aufgebaut werden. Und zu guter Letzt gilt es, die Herausforderungen der oft geringen Liquidität – Kehrseite der geringen Korrelation – zu meistern.