Immobilien

Agrarflächen werden zum Liebling der Fonds

Auch Staatsfonds investieren in großem Stil - US-Farmland Index zeigt zweistellige Renditen - Afrikanische Länder werben für sich

Agrarflächen werden zum Liebling der Fonds

Von Markus Gärtner, Vancouver Große Fonds von der Wall Street sowie Staatsfonds aus dem Nahen Osten und Asien kaufen weltweit vermehrt Agrarland auf und treiben die Preise in die Höhe. Auch Hedgefonds und Finanzinvestoren heizen den bäuerlichen Landrausch an. Eine wachsende Weltbevölkerung, der Verlust von Fläche – die zunehmend für Biosprit und Infrastruktur verbraucht wird – sowie hohe Preise für Agrarprodukte haben das Interesse der Kapitalmanager an der neuen Immobiliengattung geweckt. Wette auf steigende PreiseSie alle wetten darauf, dass das Entstehen einer riesigen Mittelschicht in Asien langfristig die Preise für landwirtschaftliche Produkte auf einem hohen Niveau halten wird und Ackerfläche damit zu einem renditeträchtigen Anlageobjekt macht. “Als der Westen reich wurde, stiegen 500 Mill. Menschen in den Mittelstand auf, jetzt sind es 2 Mrd. – und die Landfläche ist begrenzt”, sagt Stephen Johnston, ein Partner beim Finanzinvestor Agcapita in Calgary. Das Unternehmen hat im April dieses Jahres 20 Mill. Quadratmeter Bauernland in der kanadischen Provinz Saskatchewan erworben und will sein Anlagevermögen von jetzt 20 Mill. Dollar binnen weniger Jahre auf 500 Mill. aufstocken. “Investitionen in Agrarland haben in den vergangenen 15 Jahren bei 60 % weniger Volatilität eine bessere Verzinsung gebracht als Aktien und Anleihen”, heißt es auf der Webseite von Agcapita. “Mein ganzes Leben habe ich noch nicht so viel Interesse am Kauf von Agrarfläche gesehen”, sagt der Präsident der Westchester Group, Murray Wise. Die Westchester-Gruppe stellt derzeit ein 400-Mill.-Dollar Portfolio für Käufe von Ackerfläche in den USA und Australien zusammen. Größter Anteilseigner in ihrem International Agricultural Investors L.P. Farmland Fund ist der führende Pensionsfonds-Verwalter der USA, die TIAA-CREF, die kürzlich 9,3 Mill. Quadratmeter Farmland in Illinois erwarb und sich Brancheninsidern zufolge nach Fläche in Louisiana und Brasilien umschaut. AufbruchstimmungAngespornt wird das Interesse großer Fonds nicht nur von der Aufbruchstimmung in der Landwirtschaft und vom Mangel an Alternativen in der volatilen Finanzwelt. Aufmerksamkeit hat vor allem der in der breiten Anleger-Öffentlichkeit wenig bekannte “Farmland Index” des National Council of Real Estate Investment Fiduciaries in Chicago auf sich gezogen. Der Index wurde 1990 aufgelegt, um die Rendite der Engagements von Pensionsfonds in Agrarfläche zu messen. Er weist für 2007 satte 16,74 % aus. Die Federal Reserve Bank of Kansas City bezifferte im Monatsbericht August die Preiszuwächse für Farmland in Nebraska, Missouri und Kansas für das zweite Quartal 2008 auf Jahresbasis mit 12,8 bis 24,3 %. China will kaufenDerlei Zuwächse riefen jüngst sogar nahöstliche und asiatische Staatsfonds auf den Plan. Chinas Staatsrat wies im Frühjahr führende Firmen im Reich der Mitte an, Agrarland in Afrika und Südamerika zu erwerben, um die wegen Erosion, Immobilienentwicklung und Verstädterung schwindende Landwirtschaftsfläche in China mit Agrarproduktion in Übersee auszugleichen. Abu Dhabi kauft und least Flächen im Sudan, in Bahrain, auf den Philippinen, in Indien, Paraguay und Uruguay.Im Bereich privater Investoren geht es nicht minder aktiv zu. Die Hancock Agricultural Investment Group (HAIG) investiert in Trauben- und Nuss-Farmen in Australien, AIG Investments in brasilianische Ackerfläche. Die britische Landkom mit Sitz auf der Isle of Man – einer von Europas größten Produzenten von Raps und Weizen für die Herstellung von Biosprit und Nahrungsmitteln – least 100 000 Hektar in der Ukraine. Gute Verzinsung erreichtDie Investitionen scheinen sich gut zu verzinsen: Die HAIG, die zum kanadischen Versicherungskonzern Manulife gehört und als einer der größten institutionellen Manager von Farmland in den USA gilt, weist für die zehn Jahre bis 2007 eine jährliche Rendite auf ihre US-Landwirtschaftsinvestments von 12,3 % aus. In Kanada hat sich der Preisauftrieb für Landwirtschaftsfläche im zweiten Halbjahr 2007 mit einem Plus von 7,7 % mehr als verdoppelt, heißt es bei Farm Credit Canada, nach eigenen Angaben der führende Finanzdienstleister für die Agrarwirtschaft in dem G 7-Land. Auch in Europa kommen Investments in Landwirtschaftsfläche viel stärker in Schwung: Laut Robin Maitland, einem Partner bei Strutt & Parker, einem führenden Immobilienberater in Großbritannien, ging in den vergangenen zwölf Monaten in Schottland ein Viertel der verkauften Landwirtschaftsfläche auf das Konto ausländischer Investoren, meist Iren und Dänen, die in ihren Heimatländern für vergleichbare Fläche bis zu 50 % mehr hinblättern müssen.Das rasant wachsende Interesse institutioneller Land-Erwerber oder -Nutzer ruft auf der Angebotsseite vor allem afrikanische Länder auf den Plan. Sie werben zunehmend auf dem internationalen Parkett für Investments in ihre Landwirtschaft. Das Investitionsministerium im Sudan hat sich an arabische und asiatische Investment-Gruppen gewandt und sucht Kapital für 17 große Landwirtschaftsprojekte mit 880 000 Hektar Land. Angola strebt zur WeltspitzeAngolas Premierminister Fernando Dias dos Santos sagt über sein Land: “Wir können einer der führenden Agrarproduzenten der Welt werden.” Vor dem langen Bürgerkrieg war Angola der viertgrößte Kaffeeproduzent und ein Top-Exporteur von Zuckerrohr, Bananen und Baumwolle. Die jüngste Korrektur bei Rohstoffen – auch landwirtschaftlichen – scheint dem Landboom kaum Abbruch zu tun. “Die Preise für Ackerland werden weiter steigen, weil neue Investoren hinzukommen”, sagt der Agrar-Professor George Brinkman an der University of Guelph in Ontario voraus.