RECHT UND KAPITALMARKT

AIFM-Richtlinie birgt Chancen für Fonds

Regulierung führt aber zu mehr Kosten und Zeitaufwand bei alternativen Anlagen - Höhere Anforderungen an die Manager

AIFM-Richtlinie birgt Chancen für Fonds

Von Harald Glander *) Die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM) verwalten mit etwa 2 Bill. Euro einen beträchtlichen Anteil der investierten Vermögenswerte in der EU. Sie sind damit stark am Handel an den Märkten für Finanzinstrumente beteiligt und in der Lage, die Märkte und Unternehmen, in die sie investieren, erheblich zu beeinflussen. Die betreffenden Märkte profitieren im Regelfall von deren Tätigkeit. Allerdings haben die jüngsten Schwierigkeiten an den Finanzmärkten gezeigt, dass AIFM-Aktivitäten auch dazu beitragen können, Risiken zu verbreiten oder zu verstärken.Das Ziel der Richtlinie ist, alle Teilnehmer und Tätigkeiten, von denen erhebliche Risiken ausgehen können, einer angemessenen Regulierung und Aufsicht zu unterwerfen. Die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht hat in den EU-Mitgliedsstaaten bis zum 22. Juli 2013 zu erfolgen. Von diesem Zeitpunkt an benötigen AIFM eine Erlaubnis der jeweiligen Aufsichtsbehörden. Besser 2012 startenDie Vorbereitung der Zulassungsanträge durch die betroffenen Unternehmen sollte daher schon 2012 beginnen. Auch deutsche Kapitalanlagegesellschaften müssen in Zukunft eine Lizenz nach der AIFM-Richtlinie beantragen, es sei denn, sie verwalten ausschließlich richtlinienkonforme Sondervermögen. Sie werden teilweise einer zusätzlichen Regulierung unterliegen, z. B. hinsichtlich der verwalteten Spezialfonds.Durch die AIFM-Richtlinie werden nicht die einzelnen alternativen Investmentfonds (AIF) direkt, sondern deren Manager reguliert. Die Richtlinie umfasst dabei zunächst in der EU ansässige AIFM und AIF. Es werden aber auch – unter bestimmten Voraussetzungen und gegebenenfalls in abgeschwächter Form – in Drittstaaten ansässige AIFM und AIF erfasst. Der Anwendungsbereich wurde bewusst weit gewählt, sodass – unabhängig von der rechtlichen Struktur des AIF – alle offenen und geschlossenen Fonds, wie z. B. Hedgefonds, Private-Equity-Fonds, offene und geschlossene Immobilienfonds, Rohstofffonds, Infrastrukturfonds und auch die im Investmentgesetz regulierten Spezialfonds, erfasst sind. Durch die Einführung neuer Vorschriften wird beispielsweise bei Hedgefonds der Einsatz von Fremdkapital geregelt und bei Private-Equity-Fonds die “Ausschlachtung” der Zielunternehmen eingeschränkt. Zwei FreistellungenIn der AIFM-Richtlinie sind zwei Freistellungen für Verwalter von “überschaubaren” Vermögen vorgesehen. Zum einen sollen alle AIFM von einer Regulierung unter der Richtlinie freigestellt werden, die AIF mit einem Vermögen von unter 100 Mill. Euro verwalten. Zum anderen soll für AIFM, welche ausschließlich AIF, die nicht hebelfinanziert sind, verwalten und deren Anleger in den ersten fünf Jahren nach Errichtung der AIF keine Kündigungsrechte ausüben dürfen, eine Schwelle von 500 Mill. Euro gelten.Für freigestellte AIFM bestehen nach der Richtlinie aber trotzdem Registrierungspflichten bei der jeweiligen Aufsicht sowie bestimmte Informationspflichten gegenüber dieser. Bei der Berechnung der einzelnen Schwellenwerte müssen z. B. Hebelfinanzierungen grundsätzlich berücksichtigt werden, wobei es darauf ankommen wird, an welcher Stelle diese anfallen. Des Weiteren werden sich für die AIFM bei unterjährigen Über- oder Unterschreitungen der relevanten Schwellenwerte Gestaltungsspielräume ergeben, welche die Praxis vor Herausforderungen stellen wird. Eine erste Indikation lässt sich dem endgültigen Bericht der ESMA an die EU-Kommission entnehmen, der am 16. November 2011 veröffentlicht wurde.AIFM, die aufgrund der genannten Schwellenwerte von einer Regulierung durch die AIFM-Richtlinie ausgenommen sind, können im Gegenzug auch keine Rechte aus dieser Richtlinie ableiten. Sie haben jedoch die Möglichkeit, freiwillig eine Zulassung nach der AIFM-Richtlinie zu beantragen, um für sich die Vorteile des EU-Passport in Anspruch zu nehmen und ihre Produkte grenzüberschreitend an professionelle Anleger vertreiben zu können.Der von deutschen AIFM zu stellende Zulassungsantrag ist bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einzureichen. Der Antrag muss insbesondere die Angabe der Personen, die den AIFM leiten, sowie der Gesellschafter enthalten. Zudem sind detaillierte Informationen dahingehend zu liefern, wie der AIFM seine sich aus der Richtlinie ergebenden Pflichten erfüllen wird. Des Weiteren sind Angaben zu den Anlagestrategien des AIF sowie zu dessen Vergütungspolitik und -praxis zu machen. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens wird die BaFin überprüfen, ob die Personen, welche die Geschäfte der AIFM tatsächlich führen, ausreichend zuverlässig sind und auch in Bezug auf die Anlagestrategien der vom AIFM verwalteten AIF über ausreichende Erfahrung verfügen. Dies könnte bislang unregulierte Unternehmen wie Private-Equity-Fonds vor Herausforderungen stellen, da deren Leiter in Zukunft die gleichen Anforderungen erfüllen müssen wie Geschäftsführer einer deutschen Kapitalanlagegesellschaft. Sie werden über fundierte Kenntnisse in den relevanten Rechtsgebieten, im Berichtswesen und in der Compliance sowie über praktische Erfahrungen im Risikomanagement verfügen müssen. Erheblicher AufwandSchon mit dem einmaligen Zulassungsverfahren sind nicht unerhebliche Kosten verbunden. Dazu kommen Kosten für die Erfüllung der Pflichten der laufenden Aufsicht. Insgesamt wird die Richtlinie dazu führen, dass die allgemeinen Geschäftskosten für alternative Asset Manager steigen werden. Der Zeitaufwand wird ebenfalls beträchtlich sein.Für regulierte EU-Investmentgesellschaften, wie deutsche Kapitalanlagegesellschaften, wird sich durch das Passporting die Möglichkeit bieten, ihre nationalen Fondsprodukte (die nicht dem Standard der OGAWRichtlinie entsprechen) einfacher grenzüberschreitend anzubieten. Außerdem können diese Investmentgesellschaften “fremde” nicht-OGAW-Fonds auflegen und verwalten.Im Gegensatz dazu werden es AIFM, deren Produkte in bestimmten Staaten außerhalb der EU ansässig sind, möglicherweise schwerer haben, ihre AIF weiter in der EU zu vertreiben, wenn sich die dortige Aufsicht nicht an die hohen, von der EU geforderten Standards anpassen wird. Dies könnte eine Chance für europäische Fondsprodukte darstellen. Erfüllt ein AIFM die Anforderungen der Richtlinie, so ist er berechtigt, AIF an professionelle Anleger in anderen Mitgliedstaaten der EU zu vertreiben. Der AIFM muss für den grenzübergreifenden Vertrieb lediglich die erforderlichen Informationen bei der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates einreichen. Dies wird den Vertrieb von alternativen Fondsprodukten in Zukunft erheblich erleichtern.Die Initiatoren deutscher geschlossener Fonds, wie Immobilienfonds oder Infrastrukturfonds, stehen jedoch zunächst vor der Aufgabe, den AIFM innerhalb ihrer bestehenden Struktur zu ermitteln. Der identifizierte AIFM unterliegt in jedem Fall einer Registrierungspflicht, aber unter Umständen auch einer Regulierung. Dies ist für derartige Fondsstrukturen neu. Bis 2015 RuheFür den Vertrieb von Offshore-Fonds, die sich normalerweise in einem Staat mit historisch liberaler Regulierung befinden und durch einen in der EU oder außerhalb der EU ansässigen AIFM verwaltet werden, ergeben sich bis 2015 keine Veränderungen. Von 2015 an besteht für die AIFM die Möglichkeit, ihre nicht-EU-AIF grenzüberschreitend im Rahmen des EU-Passport anzubieten. Dies ist jedoch an bestimmte Anforderungen geknüpft, wie die Kooperationsbereitschaft der jeweiligen Aufsichtsbehörden. Von 2018 an könnte für Fonds, die nicht unter die Richtlinie fallen, ein Vertrieb über die zurzeit existierenden Private-Placement-Regeln nicht mehr möglich sein.Die Auswirkungen der AIFM-Richtlinie sind also je nach Produktgruppe verschieden. Die Richtlinie wird neben zusätzlichen Kosten und anderen Belastungen der Branche aber auch Chancen für die Marktteilnehmer in Deutschland bieten.—-*) Dr. Harald Glander ist Rechtsanwalt und Partner im Frankfurter Büro von Simmons & Simmons.