Immobilien - Gastbeitrag

AIFM-Richtlinie eröffnet Spezialfonds neue Chancen

Börsen-Zeitung, 11.11.2010 Am 30. April 2009 hat die Europäische Kommission zurückgehend auf die Aktivitäten der G 20 zur Verbesserung der internationalen Finanzmärkte einen Vorschlag für eine neue EU-Richtlinie betreffend die Manager von...

AIFM-Richtlinie eröffnet Spezialfonds neue Chancen

Am 30. April 2009 hat die Europäische Kommission zurückgehend auf die Aktivitäten der G 20 zur Verbesserung der internationalen Finanzmärkte einen Vorschlag für eine neue EU-Richtlinie betreffend die Manager von sogenannten Alternative Investment Funds (AIF) vorgelegt. Zu diesen gehören nach dieser neben zum Beispiel Hedge- und Private-Equity-Fonds auch alle Arten von offenen oder geschlossenen Immobilienfonds.Nach teilweise heftigen politischen Diskussionen ist es nun so weit, und das Europäische Parlament wird heute der im Trialog- Verfahren vereinbarten Version der Richtlinie zustimmen. Im Anschluss sind die Regelungen in allen Ländern der EU in nationales Recht umzusetzen, und zwar voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren. Hinzu kommen sog. Level- 2-Maßnahmen, d. h. Richtlinien der EU-Kommission und ESMA. Es bleibt also nicht viel Zeit. Neues Gesetz kommtDa die Regulierung im Immobiliensektor grundsätzlich alle Arten von Managern von Immobilienfonds betrifft, ist in Deutschland ein neues Gesetzeswerk einheitlich für alle Fondsmanager zu erlassen. Dieses könnte sich an dem Investmentgesetz ausrichten, muss es aber nicht. Deutschland steht es auch in Zukunft frei, Regeln auch für das Produktdesign der Fonds einzuführen.Die Manager von Produkten, die an professionelle Investoren im Sinne der MiFid-Richtlinie vertrieben werden, werden diese nunmehr auch unter Nutzung eines Passes europaweit vermarkten können. Diese offensichtlich für Manager von Immobilien-Spezialfonds interessante Möglichkeit wird zunächst nicht für den Retail-Sektor zur Verfügung stehen. Insofern müssen Immobilienfondsmanager ihre Produkte klar auf die unterschiedlichen Investoren ausrichten. Es ist zu erwarten, dass die Staaten ihre Spielräume nutzen und zusätzliche, verschärfte Regulierungsanforderungen für die Fondsmanager von Fonds mit Kleinanlegern erlassen.Initiatoren geschlossener Fonds sehen sich nun einem völlig neuen, umfassenden Regulierungsumfeld ausgesetzt, Kapitalanlagegesellschaften für Spezial- und Publikumsfonds finden sich dagegen eher in vertrautem Terrain wieder, müssen jedoch ebenfalls viele Prozesse neu strukturieren. Dieser beispiellose Eingriff in die europäische, aber auch außereuropäische Fondswelt wirft die Frage auf, ob die deutschen Manager ihren möglichen Vorsprung aus einem bestehenden regulierten Umfeld heraus kommend konsequent nutzen können, um ihre Marktposition z. B. gegenüber luxemburgischen Managern zu verbessern. Chancen sind hier nicht nur wegen des Wegfalles der regulatorischen Arbitrage möglich. Auch auf der Investorenseite wird in weiten Bereichen durch Solvency II eine Harmonisierung stattfinden, mithin das Dogma fallen, dass deutsche Spezialfonds nur für deutsche Versicherungen interessant sind.Die hohen Anforderungen an Qualität, Organisation und Integrität der Fondsmanager sowie prüfbare Risikomanagement- und Bewertungsprozesse können zu einer Marktbereinigung bei den geschlossenen Fonds führen. Die Zusatzkosten gehen entweder auf Rechnung der Initiatoren oder Investoren. Mittelverwendungskontrolle wird nun durch eine Verwahrstelle oder Depotbank ausgeführt.Zwar werden voraussichtlich Manager bezüglich ihrer bereits platzierten geschlossenen Fonds nicht sofort in die Regulierung einbezogen, aber natürlich für neue Produkte. Letztlich ist es das Geschäftsmodell und die Organisation des Fondshauses insgesamt, die zukünftig den Unterschied machen werden. Eine Alternative zum Qualitätssiegel der “AIFMD-Compliance” ist nicht ersichtlich. Hierdurch wird sich die Markttransparenz verbessern. Es eröffnen sich ferner Chancen für spezialisierte Dienstleister. Eine kostensenkende Auslagerung wird mit entsprechenden Kontrollanforderungen möglich bleiben.Die Initiatoren werden auch die individuellen Vergütungsstrukturen vollkommen überarbeiten müssen, da vergleichbare Regelungen wie für Banken eingeführt werden. Auch hier sind die Auswirkungen auf die Struktur der “weichen Kosten” noch zu klären. Obschon zwar weniger relevant für Immobilienfonds, sollen auch systemische Risiken für die Gesamtwirtschaft besser kontrolliert werden können. Das ausgeweitete Zulassungs-, Melde- und Überwachungswesen insgesamt bedeutet aber auch eine große Herausforderung für die zu schaffenden Aufsichtsstrukturen.Da Deutschland einer der größten Märkte, wenn nicht sogar der größte Markt für Immobilienfonds in der EU ist, ist die Bedeutung der Richtlinie entsprechend groß. Während gute Hoffnung besteht, dass bloße Joint Ventures nicht von der Richtlinie erfasst werden, ist dies für Reits und andere Immobiliengesellschaften bedauerlicherweise immer noch unsicher. Hier müssen auch die deutschen Interessenvertreter nach wie vor aktiv werden, um z. B. Doppelregulierungen zu vermeiden.Die deutsche Regierung hat es in der Hand, aus der diesjährigen Schäuble-Initiative heraus direkt in die Arbeit zur nationalen Umsetzung der AIFM-Richtlinie überzuleiten und für den institutionellen und Kleinanlegersektor maßgeschneiderte Regelungen für den Finanzplatz Deutschland anzustreben.