ANLAGEPRODUKTE - IM INTERVIEW: HEIKO GEIGER, VONTOBEL

"Aktienanleihen werden von zinsaffinen Anlegern gekauft"

Kuponhöhe sollte in Relation zum Risiko stehen

"Aktienanleihen werden von zinsaffinen Anlegern gekauft"

Aktienanleihen haben in den vergangenen Jahren wegen des niedrigen Zinsniveaus kräftige Zuflüsse von Anlegergeldern verzeichnet. Heiko Geiger, Derivatespezialist bei Vontobel, beschreibt in dem folgenden Interview die Vor- und Nachteile dieser Produkte.- Herr Geiger, mit einem Volumen von 46,8 Mrd. Schweizer Franken sind die Barrier Reverse Convertibles im Nachbarland Schweiz sehr beliebt. Wieso?Die Beliebtheit des Produkttyps Barrier Reverse Convertible ist grundsätzlich auf zwei Merkmale zurückzuführen. Einerseits darauf, dass am Ende der Laufzeit ein Zinskupon ausbezahlt wird, der deutlich über dem Marktzins liegt, und andererseits, dass er über einen Risikopuffer verfügt. Diese Produkttypen sind ausgestattet mit einem Barrierelevel. Das heißt: Auch wenn sich der Basiswert seitwärts oder sogar leicht negativ entwickelt, bietet der Barrier Reverse Convertible eine attraktive Rendite. Mit dieser interessanten Kombination aus Risikopuffer und Renditechance vermochten diese Produkte viele Anleger in der Schweiz zu überzeugen.- Warum haben die Aktienanleihen erst in den vergangenen Jahren hierzulande mehr Anhänger gefunden?Ausschlaggebend dafür war die steuerliche Gleichstellung der Aktienanleihen mit Anlagezertifikaten durch die Einführung der Abgeltungsteuer. In der Zeit vor der Abgeltungsteuer galten Aktienanleihen bedingt durch die Kuponzahlung als Finanzinnovation und mussten in voller Höhe gemäß der Kapitalertragsteuer versteuert werden. Zinsaffine Anleger wurden dadurch steuerlich massiv benachteiligt. Dieses Stigma ist nun gefallen, und die Aktienanleihe hat wieder ihren berechtigten Platz in den deutschen Anlegerportfolios gefunden.- Welche Anlegergruppe interessiert sich am meisten für diese Produkte?Aktienanleihen werden sowohl von professionellen Anlegern wie Vermögensverwaltern oder Privatbanken nachgefragt als auch von Privatanlegern, sogenannten Selbstentscheidern. Diese haben in der Regel eine klare Meinung zu einer Aktie und sind mit der Konstruktionsweise und dem Auszahlungsprofil von Aktienanleihen sehr vertraut. Die Motivation liegt in dem Erzielen einer attraktiven Kuponzahlung in einem überschaubaren Investitionszeitraum. Sollte es allerdings am Laufzeitende zur Lieferung der Aktien kommen, so passt auch dies in das Szenario der Anleger.- Aktienanleihen und Discount-Zertifikate sind ähnliche Produkte. Sind die Anlegergruppen, die diese Produkte kaufen, auch vergleichbar?Überraschenderweise handelt es sich um recht unterschiedliche Anlegergruppen, die nicht miteinander vergleichbar sind. Aktienanleihen werden von zinsaffinen Anlegern gekauft, deren Motivation darin liegt, eine hohe Kuponzahlung zu erlangen. Anleger in Discount-Zertifikaten möchten hingegen einen hohen Rabatt oder Abschlag auf die Aktie generieren. Finanzmathematisch sind die Konditionen austauschbar. Bei der Aktienanleihe steuere ich meine Rendite über die Kuponzahlung, beim Discount-Zertifikat über die Ersparnis beim Einkauf.- Sind die Aktienanleihen typischerweise Buy-and-hold-Produkte, oder betreiben die Anleger auch ein aktives Risikomanagement?Im Gegensatz zu Discount-Zertifikaten, die oft einem aktiven Risikomanagement dienen, werden Aktienanleihen in der Regel bis zum Laufzeitende gehalten. Anleger orientieren sich an der Kuponhöhe. Wichtig ist auch der Stückzins. Sind bereits hohe Stückzinsen aufgelaufen, greifen Anleger gerne zu einer Neuemission, auch wenn die Konditionen oder die Renditechancen bei einer bestehenden Aktienanleihe aus dem Sekundärmarkt besser sind.- Welche Kriterien sollte der Anleger beim Kauf beachten?Anleger sollten auf alle Fälle beachten, dass die Höhe des Kupons in Relation zum Risiko steht. Große Bedeutung gewinnt hier der Basispreis der Aktienleihe. Je größer der Abstand nach unten zum aktuellen Aktienkurs, umso größer ist der Sicherheitspuffer, aber auch umso geringer der Kupon. Anleger sollten also sehr genau auf die Wertentwicklung des Basiswertes achten. Sollte die Aktie unter den Basispreis fallen, so notiert die Aktienanleihe ebenfalls unter pari. Chancenorientierte Anleger mit einer bullishen Meinung zum Basiswert greifen dann zu und können somit bei einer Erholung der Aktie neben der Kuponzahlung noch Kursgewinne in der Aktienanleihe realisieren. Ein dritter Punkt, auf den Anleger achten sollten, sind die Stückzinsen, die beim Kauf von Aktienanleihen im Sekundärmarkt bezahlt werden müssen. Ein Verlustrisiko ist bei sämtlichen Anlageprodukten natürlich nicht auszuschließen.—-Das Interview führte Armin Schmitz.