Asset Management - Gastbeitrag

Aktieninvestments bieten historische Chance

Börsen-Zeitung, 31.8.2010 In den Jahren von 2003 bis 2007 hatte man sich daran gewöhnt: Aktien kannten fast nur eine Richtung, nach den Erschütterungen der Jahre 2000 bis 2003 ("TMT-Blase", Anschlag auf das World-Trade-Center, Bilanzskandale in den...

Aktieninvestments bieten historische Chance

In den Jahren von 2003 bis 2007 hatte man sich daran gewöhnt: Aktien kannten fast nur eine Richtung, nach den Erschütterungen der Jahre 2000 bis 2003 (“TMT-Blase”, Anschlag auf das World-Trade-Center, Bilanzskandale in den USA) fiel die Erholung der Aktienmärkte stärker und länger aus als von den meisten Analysten prognostiziert.Danach, in den Jahren 2007/2008, folgte die nächste Krise, ausgelöst von den US-Immobilienmärkten und verstärkt durch die Pleite von Lehman Brothers. Die Folgen der jüngste Krise sind aber gravierender, sie verändern derzeit die Rahmenbedingungen für Finanzmärkte radikal – und dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Divergenz statt KonvergenzEine bedeutende Folge der aktuellen Krise besteht aller Voraussicht nach darin, dass die Konvergenz der letzten Dekaden in puncto Zinsen, Aktienbewertungen etc. ein Ende gefunden hat und die Unterschiede verschiedener Wirtschaftsräume bzw. Staaten stärker in den Vordergrund rücken.Noch vor wenigen Jahren, nach der Einführung des Euro, kamen insbesondere die südeuropäischen Staaten sehr schnell in den Genuss niedriger Zinsen. Durch die (scheinbare) Einhaltung (scheinbar) strenger Regeln waren Anleger bei Staaten wie Spanien oder Griechenland mit deutlich weniger Risikoprämien zufrieden als vor Einführung des Euro. Heute muss die Bundesrepublik Deutschland für zehnjährige Anleihen nur noch 2,5 % Zinsen pro Jahr zahlen, während z. B. Griechenland aktuell bei über 10 % p. a. liegt.In Ländern wie etwa Australien oder Brasilien werden aufgrund guten Wachstums und damit verbundener Inflationsgefahren bereits wieder die kurzfristigen Zinsen seitens der Notenbanken erhöht, während die Leitzinsen in der Eurozone auf absehbare Zeit niedrig bleiben werden. Verunsicherte AnlegerErstaunlicherweise spielt diese Divergenz, die sich plausibel durch die unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Aussichten für verschiedene Wirtschaftsräume und Staaten erklären lässt, aktuell bei der Bewertung von Aktien keine Rolle. Die einzig sinnvolle Erklärung scheint, dass verunsicherte Anleger mehr auf volkswirtschaftliche denn auf unternehmensspezifische Faktoren achten.Im zweiten Quartal 2010 stiegen die monatlichen Korrelationen (als Beispiel dienen die Aktien innerhalb des S & P 500-Index) auf Rekordwerte von fast 0,8. Was heißt das? Fast 80 % der Kursbewegungen dieser Titel konnten durch äußere Einflüsse (d. h. zum Beispiel Arbeitsmarktdaten) erklärt werden, nur ca. 20 % der Kursbewegungen waren auf aktienspezifische Einflüsse zurückzuführen. Selbst zum schlimmsten Zeitpunkt der jüngsten Krise – im Herbst 2008 – lag diese Korrelation bei ca. 0,7, d. h. nur 70 % der Bewegungen waren durch die Krise erklärbar.Parallel dazu sind viele Aktien auch fundamental ähnlich bewertet. Klassische Indikatoren wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis oder Kurs-Cash-flow-Verhältnis sind bei verschiedenen Aktien und Sektoren zwar nicht identisch, aber bei weitem nicht so divergierend wie in der Vergangenheit. Das für 2011 geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis (Konsensus-Schätzungen) liegt für die meisten großen Märkte inklusive Asiens aktuell zwischen 9 und 12. Angesichts der “Wachstumslokomotive” Asien und der “Schlusslichter” aus Europa sollten die Unterschiede eigentlich stärker sein. Enttäuschende PerformanceDie Konsequenz aus dieser Bewertungsanomalie war für viele Anleger in den letzten Monaten enttäuschend. “Stock picker”, z. B. aktiv gemanagte Aktienfonds, konnten in den letzten Monaten gegenüber passiven Fonds (ETF) nicht überzeugen. Ähnlich enttäuschend war die Performance bei Hedgefonds im Bereich “Long/Short Equities”, d. h. bei Strategien, die gute Aktien kaufen (“long gehen”) und schlechte Aktien verkaufen (“short gehen”).Auch erfahrene Manager können derzeit nicht sagen, welcher Katalysator eine faire Bewertung von Aktien auslösen wird. Angesichts der sehr unterschiedlichen Wachstumsperspektiven in den verschiedenen Regionen der Welt wird es künftig Gewinner und Verlierer geben, also mehr Divergenz bei der Bewertung von Aktien. Es scheint, dass es selten eine bessere Zeit gab, gute Aktien zu sehr fairen Preisen zu kaufen (und schlechte Aktien noch rechtzeitig zu verkaufen). Attraktive “gute” Aktien”Nach der Krise ist vor der Krise” – ja, die nächste Krise kommt bestimmt. Aber: Das aktuelle Umfeld stellt unseres Erachtens nicht primär ein Risiko dar, sondern vielmehr eine Chance – vielleicht sogar eine historische Chance. Auch wenn wir für die Aktienmärkte insgesamt in den nächsten Monaten aufgrund vorhandener Makro-Gefahren nur eine moderat positive Performance erwarten, glauben wir an die besondere Attraktivität “guter” Aktien, d. h. Aktien mit einem nachhaltigen Geschäftsmodell, internationaler Ausrichtung unter Berücksichtigung der Wachstumsmärkte in den Schwellenländern und Asien sowie einer nachhaltig erwirtschafteten Dividende.Als Beispiel für solche Aktien seien europäische Exportwerte genannt, von denen sich übrigens einige sehr attraktive im Aktienindex MDax finden. Die Umsetzung dieser Strategie kann über mehrere Wege erfolgen: Einzelanlagen (wer Zeit, Expertise und einen guten Berater hat), gute, aktive und nicht starr an Benchmarks ausgerichtete Aktienfonds und nicht zuletzt Hedgefonds. Breite PaletteGute Long-/Short-Hedgefondsmanager arbeiten prinzipiell wie gute Aktienmanager, können aber eine breitere Palette von Werkzeugen nutzen. Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass divergierende Rahmenbedingungen ebenfalls große Chancen für Hedgefonds im Bereich “Macro” bieten, d. h. in dem Bereich, in dem ausschließlich in sehr liquiden Märkten Trends verfolgt werden.