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Agrar-Rohstoffe kommen zunehmend auch bei Privatanlegern auf den Tisch - Direktanlage aber zu riskant - Fonds zur Diversifikation geeignet

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Von Petra-Anete Mucha Ihren ersten Kontakt mit einer breiten Öffentlichkeit verdanken die so genannten Soft Commodities wohl einem der großen Komödienerfolge der 80iger Jahre. In dem Film “Die Glücksritter” zeigt Dan Aykroyd als aus dem Wohlstandsnest geschubster Millionär Louis Winthorpe III, sekundiert von Eddie Murphy, wie man an der New Yorker Rohstoffbörse Nymex mit Rohstoffspekulationen, in diesem Fall auf gefrorenen Orangensaft und Schweinebäuche, ein Vermögen verdienen oder auch vernichten kann. Mit ein wenig wohlwollender Übertreibung kann man dem Film damit ein kulturhistorisches Verdienst attestieren, denn obwohl Agrar-Erzeugnisse mit ihrem klassischen Handelsplatz, der Chicago Board of Trade, eine der ältesten Handelswaren überhaupt sind, lag ihr Bekanntheitsgrad als Börsenhandelsobjekt in der Wahrnehmung vieler deutlich hinter dem von Aktien und Anleihen. Einen zweiten Publizitätsschub erhielten Rohstoffe durch den Großinvestor Jim Rogers. Ab dem Ende der 80iger Jahre setzte er ausschließlich auf Rohstoffe als Investitionsgut. 1998 gründete er den Rogers International Commodities Index RICI als investierbaren Index, der die Preisbewegung von 35 Rohstoffen abbildet. Es sollte jedoch noch einige Jahre, nämlich bis zum Niedergang der Aktienmärkte ab 2001, dauern, bis auch die breite Masse privater Investoren die Eigenschaften von Rohstoffen hinreichend zu schätzen lernten. Nachfolger von Metall Der sich auch auf das Anlageverhalten von Privatanlegern ausdehnende Rohstoffboom der vergangenen Jahre beschränkte sich zunächst auf Energierohstoffe, Edel- und Industriemetalle. Erst in der jüngeren Vergangenheit wurde das Angebot an Retail-Investmentprodukten auch auf Seiten der Agrarrohstoffe, Soft Commodities und Livestocks aufgestockt. Während die ersten beiden Begriffe mehr oder weniger synonym alle nachwachsenden Rohstoffe bezeichnen, sind mit den Livestocks in der Regel nur die Güter Lebendrind, Mastrind und Schweinehälften oder -bäuche gemeint. Die Erfolgsgeschichte der Agrar-Rohstoffe als Investmentprodukt weist auch starke Wechselwirkungen zum enormen Wachstum des Marktes für strukturierte Produkte auf. Mittlerweile ist ein riesiges Angebot an Zertifikaten sowohl auf Einzelgüter als auch auf ausgewählte Zusammenstellungen, so genannte Baskets und Indizes, erhältlich. Aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften sind gerade Investmentmöglichkeiten rund um einzelne Rohstoffe oder eine kleine Auswahl für einen klassischen Ansatz jedoch nur bedingt geeignet, denn der Markt ist gekennzeichnet von starken Saisonschwankungen, unberechenbaren Niveauverschiebungen und strukturellen Effekten. Kurzfristige DurchhängerGründe für die Attraktivität der Agrar-Rohstoffe und Livestocks liegen vor allem in ihren Diversifikationseigenschaften, die sie mit den meisten anderen Rohstoffen teilen. In turbulenten Börsenphasen wie den vergangenen Wochen bleiben aber auch die Rohstoffe nicht verschont. Die Fonds beispielsweise (siehe Tabelle) gaben auf kurze Sicht deutlich nach. Auf lange Sicht tragen Rohstoffe ihre Korrelationskonflikte hingegen vielmehr unter sich aus, denn eine Verknappung an Futtermitteln, zu denen viele Agrar-Rohstoffe gerechnet werden, verteuert beispielsweise die Fleischpreise und umgekehrt. Weitere, fundamentale Ursachen für den Boom der Agrar-Rohstoffe liegen vor allem in den zwei großen Metathemen Globalisierung und Klimawandel. Kurzfristig profitiert die Preisentwicklung einiger Güter wie Weizen oder Zucker als nach dem Volumen nach wichtigsten Agrarrohstoff von der physischen Verknappung, die wiederum durch Wetterereignisse als mutmaßliches Resultat des Klimawandels verursacht wird. So unerfreulich diese Ereignisse auch sind: Die gelegentlich eintretenden Versorgungsengpässe bei einigen Gütern haben einen bedingt positiven Einfluss auf ihren Markt, da so die typischen Contango-Effekte (siehe Erklärkasten) bereinigt werden. Mais und Raps profitierenEinige Agrar-Rohstoffe wie Mais oder Raps profitieren mittelfristig von den Bestrebungen zur Gewinnung Alternativer Energien. Durch den Ersatz fossiler Brennstoffe wie Diesel durch Ethanol oder Rapsöl für Dieselmotoren wird deren Bedeutung noch deutlich zunehmen. Langfristig beeinflussen die Menschen den Preis von Agrar-Rohstoffen stark. Die Globalisierung hat viele Länder wie China und Indien erheblichen Wohlstand beschert. Und dort spielt sich flächendeckend ein Prozess ab, der in kleinem Umfang auch ein Kennzeichen der Nachkriegsgeschichte Deutschlands war. Mit steigendem Wohlstand essen die Menschen immer mehr Fleisch. Agrargüter werden teurerDie steigenden Nachfrage führt nicht nur zu steigenden Fleischpreisen, sondern verteuert auch weitere Agrargüter wie die Futtermittel. Verschärft wird dieser Trend noch durch das weltweite Bevölkerungswachstum und durch die rückläufigen Acker- und Weideflächen als Konsequenz der fortschreitenden Urbanisierung. Angesichts der vorgenannten Entwicklungen und der hohen Volatilität sollte dem Kauf eine gründliche, die Erwartungen vernünftig steuernde Information voraus gehen. Denn von den häufig kolportierten Preisexplosionen wie etwa bei Weizen profitiert der Anleger auch bei Zertifikaten in der Regel nur teilweise. Die Gründe liegen häufig in der Ausstattung, die mit unterschiedlichen, kostenintensiven Instrumenten den Rollverlusten entgegen wirkt oder in der Kreuzwirkung zum Verhalten der Referenzwährung des Zertifikates. Beispiele dafür sind hohe Absicherungskosten bei währungsgesicherten Quanto-Strukturen oder Performance-Verluste durch die Dollarschwäche. Vom Bauernhof…Dank der vielen Chancen, die das Thema insgesamt birgt, sollte es jedoch auch in Depots mit begrenzten Anlagevolumina berücksichtigt werden. Dafür empfehlen sich zum Beispiel Investmentfonds. Sie setzen in ihrer Anlagepolitik nicht nur auf die steigenden Preise der einzelnen Güter, sondern versuchen, durch eine Vielfalt von Instrumenten von ausgewählten Abschnitten oder der gesamten Wertschöpfungskette vom Bauernhof bis zum Supermarkt zu profitieren. Konkret beziehen sie auch Aktien in ihr Portfolio mit ein, die etwa von landwirtschaftlichen Infrastrukturunternehmen, Pflanzenschutzmittelherstellern, Nahrungsmittel verarbeitenden Betrieben oder den Anbietern meteorologischer Dienstleistungen stammen können. Stresstests für diese Portfolios simulieren daher zum Beispiel Seuchen bei gleichzeitiger Beeinträchtigung durch Wetter oder Ernteausfälle. …bis zum SupermarktWer seine Supermarkt-Kassenbons aufmerksam studiert kann sich leicht ausmalen, dass diese Fonds sehr gut von der Erfolgsgeschichte der Agrarrohstoffe profitieren können.