Immobilien - Gastbeitrag

Alle Anlagevehikel haben ihre Daseinsberechtigung

Börsen-Zeitung, 13.11.2008 Wer die Diskussion über indirekte Immobilienanlagen in Deutschland verfolgt, wird feststellen, dass abwechselnd bestimmte Varianten als vollkommen überholt abgetan oder als allein glückselig machend gepriesen werden. Nach...

Alle Anlagevehikel haben ihre Daseinsberechtigung

Wer die Diskussion über indirekte Immobilienanlagen in Deutschland verfolgt, wird feststellen, dass abwechselnd bestimmte Varianten als vollkommen überholt abgetan oder als allein glückselig machend gepriesen werden. Nach der Schließung einiger offener Immobilienfonds wird wieder häufiger die Ansicht artikuliert, diese Form der indirekten Immobilienanlage sei wegen angeblich struktureller Probleme wie etwa der Fristentransformation überholt. Diese Meinung wurde jedoch in den vergangenen zehn Jahren schon zweimal vertreten und zweimal widerlegt. Im Jahr 2000 verzeichneten offene Immobilienfonds erstmals in ihrer Geschichte signifikante Mittelabflüsse, und zwar in Höhe von 2,8 Mrd. Euro. Der Grund war seinerzeit die allgemeine Aktieneuphorie. Der offene Immobilienfonds wurde zur Jahrtausendwende als “Auslaufmodell” bezeichnet, während Immobilienaktien in Deutschland eine große Zukunft vorhergesagt wurde. Zunächst einmal kam es jedoch ganz anders. In den Jahren 2002 und 2003 verzeichneten die eben noch totgesagten offenen Immobilienfonds die höchsten Mittelzuflüsse ihrer Geschichte, nämlich 14,9 bzw. 13,7 Mrd. Euro. Gleichzeitig begann eine Phase, in der sich Immobilienaktien schwertaten. Der offene Immobilienfonds schien stärker denn je, während die Marktkapitalisierung von Immobilienaktien von über 15 Mrd. Euro (1999) auf nur noch 6,5 Mrd. Euro (Anfang 2004) dramatisch zurückging.Diejenigen, die aufgrund dieser Entwicklung vorschnell Immobilienaktien für ein Auslaufmodell erklärten, sollten sich jedoch sehr irren, denn in den folgenden Jahren begann ihr Höhenflug. Die Marktkapitalisierung stieg Jahr für Jahr, und die Kurse entwickelten sich teilweise so stark, dass sich manche Beobachter an die Euphorie des Neuen Marktes erinnert fühlten. Eine wichtige Komponente dabei war die Erwartung der Einführung von Real Estate Investment Trusts (Reits). Da gleichzeitig die offenen Immobilienfonds Ende 2005 und Anfang 2006 ihre bis dahin schwerste Krise erlebten und Mittelabflüsse in Milliardenhöhe verzeichneten, erklärten viele Beobachter wiederum, der offene Immobilienfonds sei ein Auslaufmodell und die Zukunft gehöre allein dem Reit. Diese Meinung herrschte in den Jahren 2005 und 2006 allgemein vor. Inzwischen ist die Reit-Euphorie jedoch bekanntlich ebenfalls der Ernüchterung gewichen, und voreilig werden wiederum Immobilienaktien und Reits als unpassend für den deutschen Markt erklärt. Der offene Immobilienfonds hingegen hatte sich sehr viel schneller von der Krise erholt, als alle Kritiker vermutet hatten. Er hat in den vergangenen Jahren sogar ein eindrucksvolles Comeback erlebt, bevor er im Zuge der Irrationalität der Finanzmarktkrise erneut in ein schwierigeres Fahrwasser geriet. Wechselvolle DebatteÄhnlich wechselvoll verlief die Debatte mit Blick auf geschlossene Immobilienfonds, die Ende der neunziger Jahre – nach dem Auslaufen des Fördergebietsgesetzes und verschiedenen gesetzlichen Änderungen zur Begrenzung des Verlustausgleichs – ebenfalls als “Auslaufmodell” bezeichnet wurden. Manche Marktteilnehmer erklärten seinerzeit, der geschlossene Immobilienfonds sei tot. Er sollte seine Auferstehung in Form des geschlossenen Auslandsimmobilienfonds jedoch schon bald erleben und diejenigen, die das Ende des geschlossenen Fonds erklärt hatten, widerlegen. Es ist nützlich, sich heute die wechselvolle Geschichte der indirekten Immobilienanlage in Deutschland vor Augen zu führen. Denn sie lehrt vor allem, dass man sich nicht allzu sehr von Momentaufnahmen beeinflussen lassen sollte. Alle Formen der indirekten Immobilienanlage haben ihre Berechtigung. Sie erleben abwechselnd immer wieder Phasen der Schwäche und Phasen der Stärke.